Mit versteinerter Miene nahm die Fraktionschefin der Linken das Votum der Landesvertreterversammlung zur Spitzenkandidatur für die Bürgerschaftswahl auf. Sie erhielt nur 55 Prozent der Stimmen.

Farmsen-Berne. Die Enttäuschung stand Dora Heyenn ins Gesicht geschrieben. Mit versteinerter Miene nahm die Fraktionschefin der Linken das Votum der Landesvertreterversammlung zur Spitzenkandidatur für die Bürgerschaftswahl am 15. Februar auf. Sie erhielt nur 55 Prozent der Stimmen.

Das wenig überzeugende Ergebnis wollte sie nicht sofort annehmen. „Wir haben einen schweren Wahlkampf vor uns. Ich brauche Beratungszeit“, sagte Heyenn tief getroffen und mit zitternder Stimme am Sonntagvormittag im Saal des Berufsförderungswerks in Farmsen-Berne.

Eine gute Viertelstunde besprach sich die Fraktionschefin mit den Spitzen von Fraktion und Partei in einem Nebenraum, darunter die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Christiane Schneider und der Bundestagsabgeordnete Jan van Aken. Anschließend gab sie, dann schon wieder gefasst, bekannt, dass sie die Linken im Wahlkampf anführen wolle.

„Ich bin überzeugt worden, dass ich eine große Verantwortung für die Partei habe und nehme die Wahl deshalb an.“ Vorausgegangen waren langwierige und kontroverse Diskussionen bereits am Sonnabend über das Wahlprogramm. Beschlossen haben die Linken schließlich keines. Nun soll es dafür einen Sonderparteitag geben. Wann, ist noch unklar. „Wir sind eine anstrengende Partei“, sagte Norbert Hackbusch, der auf den Listenplatz zwei gewählt wurde.

Niemand wusste, wer dann antreten sollte

„Mein Ergebnis ist eine Enttäuschung“, sagte Heyenn anschließend. „Spontan habe ich mir gedacht: Nun ist Schluss, jetzt habe ich Freizeit.“ Ihr sei zwar vorher klar gewesen, dass sie nicht mehr als 80 Prozent erhalten werde, wie vor vier Jahren. „Meine Schmerzgrenze waren 70 Prozent.“ In dem Nebenzimmer-Gespräch sei sie aber davon abgehalten worden, die Brocken hinzuschmeißen.

„Es gab die Angst, dass dann Chaos ausbricht. Niemand wusste, wer dann antreten sollte“, so Heyenn. Sie hat vor, den Fraktionsvorsitz spätestens nach zwei Jahren abzugeben. „Ich denke nicht, dass ich in fünf Jahren noch Fraktionschefin bin. Da muss man einen Generationswechsel hinbekommen“, hatte Heyenn noch in ihrer Bewerbungsrede gesagt. Den soll Sabine Boeddingshaus, ehemalige SPD-Bürgerschaftsabgeordnete und derzeit Fraktionsvorsitzende der Linken in Harburg, einleiten. Sie ist die Hoffnungsträgerin der „gespaltenen Partei“ (Heyenn).

Boeddinghaus wurde mit 76 Prozent auf den dritten Listenplatz gewählt. Für Boeddinghaus hat Christiane Schneider auf ihre Kandidatur verzichtet. Sie tritt im Wahlkreis 1 (Mitte) an. Auf Platz vier kam Mehmet Yildiz. Und beim fünften Platz setzte sich Heike Sudmann gegen Kersten Artus durch.