Zwei Sozialdemokratinnen und eine Grüne haben ihre Parteien in Harburg verlassen und bilden jetzt eine Fraktion der Neuen Liberalen in der Bezirksversammlung. Vor allem inhaltliche Gründe spielen eine Rolle.

Harburg. Politischer Paukenschlag in Harburg: Die Bezirksabgeordneten Anna-Lena Bahl und Barbara Lewy (beide SPD) und die Grüne Isabel Wiest haben ihren Parteiaustritt erklärt und ihre Fraktionen verlassen. Gemeinsam mit Kay Wolkau, der bereits vor Kurzem die Grünen verlassen hatte, wollen sie eine Fraktion der Neuen Liberalen bilden. Die linksliberale Partei hatte sich vor zwei Monaten als Abspaltung der FDP neu gegründet.

Für einen Fraktionsstatus in der Bezirksversammlung sind mindestens drei Abgeordnete notwendig. Auf die Verteilung der Posten haben sich die vier Politiker bereits geeinigt: Zum Fraktionschef wurde Rechtsanwalt Wolkau gewählt, seine Stellvertreterin ist die Studentin Anna-Lena Bahl. Wolkau sagte dem Abendblatt: „Ich freue mich, dass meinen Schritt weitere mutige Abgeordnete folgen und wir eine starke Fraktion bilden. Wir werden für eine Politik der Offenheit und Transparenz kämpfen.“ Vizefraktionschefin Bahl ergänzte: „Ziel der neuen Fraktion ist es, wieder mehr Bürgernähe und demokratische Kultur in die Harburger Bezirkspolitik hineinzutragen.“

In der Harburger Bezirksversammlung gibt es 51 Abgeordnete. Mit den Neuen Liberalen sind nunmehr sieben Parteien vertreten. Die SPD hat jetzt noch 18 Sitze, die CDU 14, Grüne und Linke je fünf, die AfD drei und die FDP zwei Sitze. Die Mehrheitsverhältnisse haben sich allerdings nicht entscheidend verändert, da SPD und CDU eine Große Koalition gebildet haben.

Bahl und Lewy geben vor allem inhaltliche Gründe für ihren Wechsel an und kritisieren die Arbeit der SPD-Fraktion. „Rechte der Opposition und sinnvolle Anträge zur Verbesserung der Bürgerbeteiligung wurden wiederholt von der Großen Koalition missachtet“, kritisieren Bahl und Lewy. Die Ex-Grüne Wiest hebt die Vorzüge ihrer neuen politischen Heimat hervor: „Bürgernähe wird bei uns Neuen Liberalen gelebt. Petitionen ermöglichen es beispielsweise allen Bürgern, die Themen der Partei mitzubestimmen.“

Mit den Austritten dürfte sich die Krisenstimmung bei Sozialdemokraten und Grünen verschärfen. Vor allem der SPD-Kreisverband ist tief gespalten. Zum einen gibt es das Lager um den Kreisvorsitzenden Frank Richter, als dessen Gegenspieler der Bundestagsabgeordnete Metin Hakverdi gilt. Bahl und Lewy galten als Anhänger Hakverdis. Vor allem Lewy waren Ambitionen auf den Fraktionsvorsitz nachgesagt worden. Nach langem Hin und Her war der alte Chef Jürgen Heimath aber wiedergewählt worden. Der Schritt von Lewy und Bahl hatte sich schon bei der jüngsten Bezirksversammlung angekündigt, als beide entgegen eines Fraktionsbeschlusses nicht gegen einen Antrag der FDP gestimmt hatten, der den beiden Freidemokraten den Gruppenstatus (also mehr Geld) bringen sollte.

Bei den Grünen hingegen rumort es schon länger wegen der sehr umstrittenen Fraktionschefin Britta Herrmann. Wolkau hatte im Abendblatt-Interview unter anderem einen „übertriebenen Feminismus“ und unsoziale Politik als Austrittsgrund genannt.

Die Neuen Liberalen haben in Hamburg rund 70 Mitglieder. Harburgs Fraktionschef Wolkau bezeichnet die Partei als „eine Sammlungsbewegung sozialliberaler Kräfte in Deutschland“. An diesem Sonntag stellen die Neuen Liberalen ihre Kandidaten für die Landesliste zur Bürgerschaftswahl 2015 auf. Dem ein oder anderen aus der Harburger Fraktion werden Ambitionen nachgesagt, für die Bürgerschaft kandidieren zu wollen.