Erst wird der Harvestehuder Weg zu Einbahnstraße, dann wird die Straße voll gesperrt. Arbeiten am anderen Alsterufer sollen 2015 folgen.

Harvestehude. Der Traum aller Zweiradfans wird 1,2 Kilometer lang, bis zu 6,5 Meter breit und 1,5 Millionen Euro teuer: Am Montag beginnen die Bauarbeiten für die erste Fahrradstraße an der Alster. Auf dem Pilotabschnitt am Harvestehuder Weg erhalten Radler damit offiziell Vorfahrt, Autos spielen künftig nur eine untergeordnete Rolle. Im Dezember, so die Verkehrsbehörde, werde die Straße schon wiedereröffnet.

Damit erhalten die im Juli vorgestellten Senatspläne für zwei zentrale Fahrradachsen an der Außenalster erste Konturen. Nach und nach sollen insgesamt 60 Prozent der mehr als sieben Kilometer langen Uferstrecke zu Fahrradstraßen werden. Der Plan: Vorhandene Fahrbahnen werden – wie nun am Harvestehuder Weg – neu asphaltiert, umgewidmet und mit entsprechenden Markierungen und Schildern versehen.

Autos (und Stadtrundfahrtbusse) dürfen dort nur noch im Anliegerverkehr mit Tempo 30 fahren, Fuß- und Radwege werden räumlich getrennt. Ziel sind weniger Konflikte und dadurch weniger Unfälle. Derzeit nutzen jeden Tag 4400 Radfahrer und 3500 Autofahrer den Harvestehuder Weg.

Verkehrssenator Frank Horch (parteilos) sagt, ihm sei bewusst, dass die Arbeiten unter besonderer Beobachtung stehen, weil die Außenalster ein städtebaulich hoch sensibler Raum sei. „Die Wege rund um die Alster sind aber die am stärksten frequentierten Radverkehrsstrecken der Stadt“, sagte er dem Abendblatt.

Unter anderem erhält die komplette Straße eine neue Deckschicht

Viele Hamburger würden gerade dort zur Arbeit radeln. Gemessen daran seien die Wege zu schmal, woraus Komforteinbußen und Sicherheitsdefizite resultieren. Horch: „Es muss reagiert werden, um den Anforderungen gerecht zu werden und eine angemessene Qualität zu schaffen.“

Während der Bauarbeiten bedeutet das für den Harvestehuder Weg, dass zwischen Alte Rabenstraße und Anglo-German Club bis zum 19. November eine Einbahnstraßenregelung Richtung Norden gilt, danach wird bis zum 9. Dezember voll gesperrt. Unter anderem erhält die komplette Straße eine neue Deckschicht, wird am Anfang und am Ende mit Aufpflasterungen als Fahrradstraße kenntlich gemacht und immer wieder verengt, um den Autoverkehr zu bremsen. Zwei Ampeln fallen weg. Vorgesehen sind 53 Anliegerparkplätze auf einem zwei Meter breiten Streifen.

Tatsächlich nimmt der Radverkehr seit Jahren zu. Das zeigt die jüngste Anfrage der Grünen-Bürgerschaftsfraktion zum so genannten Fahrradpegel. An 38 Standorten wird einmal im Jahr zwischen April und September die Anzahl der Radfahrer gezählt. Demnach stieg die Zahl der Radler von 2005 bis 2014 von rund 46.000 auf 53.000 täglich – wobei für vier Stationen noch keine Ergebnisse vorlagen. Die Zahl für das aktuelle Jahr dürfte daher höher liegen. Der Anstieg erfolgte auch nicht überall gleich, die Messungen schwanken von Ort zu Ort teils deutlich. Zumal sie nur die jeweilige Situation an einem Tag abbilden. Der höchste Wert mit 9368 Radlern für 2014 wurde auf der Straße An der Alster im Bezirk Mitte gemessen – eine der geplanten Fahrradstraßen.

Täglich passieren zwischen 5000 und 8000 Radler die Messstation

Die Planungen für diesen teils fünfspurigen Straßenabschnitt haben ebenfalls begonnen. Am Montag sollen dem Verkehrsausschuss des Bezirks mehrere Umbauvarianten für die Straße An der Alster vorgestellt werden. In welcher Form der Radverkehr dort, wo sich auch der Autoverkehr ballt, vorrangig behandelt werden soll, sei noch völlig offen. Die bezirkseigene Fahrrad-Zählsäule, seit 10. Oktober in Betrieb, dokumentiert jedenfalls Handlungsbedarf. Denn dort herrscht trotz der schmalen Wege ein gleichbleibend hohes Radverkehrsaufkommen. Je nach Wetterlage passieren zwischen 5000 und 8000 Radler täglich die Messstation.

Bis die Fahrradachsen an der Alster komplettiert werden, dauert es aber wohl noch. Der Umbau der Straßen östlich der Alster – Bellevue, Fährhausstraße, Schöne Aussicht und Eduard-Rhein-Ufer – werde im Bezirk Nord erst 2015 beginnen, sagt Katja Glahn, Sprecherin des Bezirksamtes.

Nach Ansicht der Grünen-Bürgerschaftsfraktion komme der SPD-Senat den steigenden Radverkehrszahlen ohnehin nicht genügend nach. Till Steffen, verkehrspolitischer Sprecher der Bürgerschaftsfraktion: „Wir brauchen große Leitplanken, die den Radverkehr in ein neues Zeitalter führen und den Trend aufgreifen, hier tut der Senat nichts.“ Er fordert engagierte Zahlen: „Wir Grünen streben an, den Radverkehrsanteil auf der Straße bis 2025 auf 25 Prozent zu steigern. Das ist kein Selbstgänger und gelingt nur, wenn der Radverkehr Vorfahrt bekommt.“