Insgesamt sechs Standorte will die angeschlagene Warenhauskette Karstadt nach Abendblatt-Informationen schließen, darunter sollen zwei Filialen im Norden sein. 2000 Stellen werden gestrichen.

Essen/Stuttgart. Der angeschlagene Warenhauskonzern Karstadt will sechs Häuser schließen. Neben zwei klassischen Kaufhäusern in Hamburg-Billstedt und Stuttgart sollen nach Abendblatt-Informationen auch die auf junge Mode spezialisierten Karstadt-Ableger „K-Town“ in Göttingen und Köln sowie Schnäppchenmärkte des Konzerns in Paderborn und Frankfurt/Oder betroffen sein. Damit übereinstimmend meldet auch die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf einen Insider, dass es sich um sechs Filialen handeln soll. Das Warenhaus in Billstedt soll nach Abendblatt-Informationen Mitte 2015 schließen. Darüber hinaus gebe es 20 Filialen, in denen Verluste entstünden, die auf Dauer nicht hinnehmbar seien.

Nach Angaben von Arbeitnehmervertretern werden bei Karstadt nun rund 2000 Stellen gestrichen. Der Wegfall dieser Arbeitsplätze und Beschlüsse zur Schließung von sechs Filialen bedeuteten einen „dunklen Tag für die Beschäftigten“, sagte Gesamtbetriebsratschef Hellmut Patzelt nach einer Sitzung des Karstadt-Aufsichtsrats in Essen. „Dies sind bittere Entscheidungen“, betonte er.

Die Arbeitnehmervertreter wollten nun aber versuchen, in Verhandlungen mit dem Karstadt-Management die Zahl der bedrohten Stellen zu verringern. Verdi-Vorstand Stefanie Nutzenberger kritisierte, dem Karstadt-Management gehe es nur um Kostensenkungen, statt nach Wegen zu suchen, den Umsatz anzukurbeln. In Zukunft drohten zudem weitere Schließungen von Warenhäusern, beklagte sie.

Fanderl wird neuer Karstadt-Chef


Patzelt zufolge sind in den sechs Standorten, die geschlossen werden sollen, rund 200 bis 240 Mitarbeiter beschäftigt. Es sei offen, wo genau die 2000 Stellen abgebaut werden sollten. Ein Karstadt-Sprecher wollte sich zu den Zahlen nicht äußern.

Bei den Beratungen des Aufsichtsrates zur Zukunft des Konzerns beriet das Gremium am Abend neben den Kürzungsplänen auch über den Chefposten der defizitären Warenhauskette. Der bisherige Karstadt-Aufsichtsratsvorsitzende Stephan Fanderl übernimmt den derzeit wohl schwierigsten Job im deutschen Einzelhandel.

Der Aufsichtsrat habe den 51-jährigen Manager auf seiner Sitzung in Essen zum Nachfolger der im Sommer überraschend ausgeschiedenen Eva-Lotta Sjöstedt berufen, teilte das Unternehmen in Essen mit. Zum neuen Aufsichtsratsvorsitzenden wurde Wolfram Keil gewählt, der als Vertrauter des Karstadt-Eigentümers René Benko gilt und auch Geschäftsführer der für das Handelsgeschäft zuständigen Benko-Firma Signa Retail GmbH ist.

Will Karstadt-Mann Benko auch Kaufhof übernehmen?


Die Gewerkschaft Verdi hatte bereits vor der Sitzung Klarheit über die Besetzung der Spitzenposition und die künftige Strategie gefordert. „Wir wollen wissen, wo der Kurs des Unternehmens hingehen soll“, sagte Arno Peukes, der für Verdi im Aufsichtsrat sitzt, dem Berliner „Tagesspiegel“. „Bei dem bisherigen Sanierungskonzept fehlt uns die Zukunftsperspektive.“

Karstadt-Eigentümer René Benko signalisierte unterdessen einem Medienbericht zufolge erneut Interesse an einer Übernahme der Warenhauskette Kaufhof. Der Kaufpreis solle bei 2,5 Milliarden Euro bis 2,7 Milliarden Euro liegen, schrieb die „Lebensmittel Zeitung“ am Donnerstag unter Berufung auf Insider. Konkrete Verhandlungen über einen Verkauf der Metro-Tochter hätten jedoch noch nicht begonnen.

Ein Sprecher des österreichischen Benko-Unternehmens Signa wies die Meldung allerdings zurück. „Der Bericht entbehrt jeder Grundlage. Die Signa konzentriert sich zusammen mit dem Management von Karstadt voll und ganz auf das Sanierungs- und Zukunftsprogramm für die Karstadt Warenhaus GmbH“, erklärte Signa-Sprecher Robert Leingruber.

Die auf Immobiliengeschäfte spezialisierte Finanzgruppe Signa hatte in der Vergangenheit schon einmal Interesse an einer Übernahme des Karstadt-Konkurrenten Kaufhof bekundet. Der Kaufhof-Mutterkonzern Metro lehnte eine Stellungnahme zu „Marktgerüchten und Spekulationen“ ab. Metro sei mit Galeria Kaufhof „sehr zufrieden“. „Wir haben immer betont, dass die Bedingungen für einen möglichen Erwerb des Kaufhofs neben einem angemessenen Preis und einer soliden Finanzierung auch eine langfristige Zukunftsstrategie sein muss“, hieß es in der Stellungnahme.

Bereits bei seiner vorigen Sitzung im September hatte der Karstadt-Aufsichtsrat die Weichen für einen harten Sanierungskurs gestellt. Auch die Schließung verlustreicher Filialen wurde dabei nicht ausgeschlossen. Konkrete Beschlüsse gab es damals nicht.