Nach den Lokführern kamen die Piloten. Die Lufthansa musste alle Flüge von Hamburg nach Frankfurt und München streichen. Es kommt für Flugpassagiere im Norden aber noch dicker.
Hamburg. Am Dienstag sollen nach dem vorläufigen Notfall-Flugplan der Lufthansa im Internet nach 28 Abflüge ab Hamburg wegfallen sowie 29 Ankünfte. An diesen vorläufigen Planungen könne sich jedoch auch noch etwas ändern. Die Lufthansa bedient innerdeutsch ab Hamburg nur Frankfurt und München; die restlichen Ziele im Inland werden von der Konzerntochter Germanwings angeflogen.
Der Streik der Lufthansa-Piloten auf der Kurz- und Mittelstrecke ist von Montag, 13 Uhr, bis Dienstag, 24 Uhr, angekündigt. Zusätzlich sollen am Dienstag auch Langstrecken-Verbindungen bestreikt werden. Davon ist der Hamburger Flughafen nicht betroffen, weil ab Hamburg keine Langstreckenflüge der Lufthansa starten. In dem Tarifkonflikt geht es um die sogenannte Übergangsversorgung. Die Lufthansa will, dass ihre Piloten später als bisher in den bezahlten Vorruhestand gehen – die Gewerkschaft wehrt sich dagegen.
Der Streik der Lufthansa-Piloten hat am Montag am Hamburger Flughafen zu einigen Ausfällen geführt. 15 Lufthansa-Flüge nach Frankfurt und München und sowie 17 hereinkommende Maschinen wurden gestrichen, teilte ein Sprecher des Flughafens mit. Betroffen waren 1500 Passagiere. Für den Gesamtbetrieb des Flughafens waren die Auswirkungen begrenzt. Täglich starten rund 250 Maschinen in Hamburg-Fuhlsbüttel. Die betroffenen Passagiere wurden von der Lufthansa frühzeitig informiert und konnten sich nach Reisealternativen umsehen.
Das Abendblatt beantwortet hier die wichtigsten Fragen zum achten Pilotenstreik innerhalb eines knappen halben Jahres.
Warum streiken die Piloten?
Die Flugzeugführer kämpfen für die Beibehaltung der Frührentenregelung für die Piloten. Bislang konnten die Piloten frühestens mit 55 Jahren das Steuer aus der Hand legen – durchschnittlich starten sie mit 59 Jahren in die Rente. Die Lufthansa möchte jedoch, dass die 5400 Kapitäne und Kopiloten von Lufthansa, Lufthansa Cargo und Germanwings später als bisher in den vom Unternehmen bezahlten Vorruhestand gehen und möchte das durchschnittliche Alter für den Ausstieg auf 61 Jahre erhöhen.
Vorstandschef Carsten Spohr will die Lufthansa wegen des immer härteren Wettbewerbs umbauen und verlangt auch von anderen Berufsgruppen wie Flugbegleitern Zugeständnisse. Da dürfte es schwierig werden, die Übergangsrente der Piloten – in der Regel 124.000 Euro im Jahr – unverändert zu lassen. Daneben kämpft die Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) gegen Pläne der Konzernleitung für eine neue Billigfluglinie.
Was bedeutet der Streik für Passagiere?
Die Piloten haben den Streikbeginn auf einen Tag gelegt, an dem in sieben Bundesländern die Herbstferien anfangen. Wegen des Ausstands bietet die Lufthansa ihren Kunden derzeit eine kostenfreie Umbuchung auf andere Lufthansa-Flüge an. Einen wegen Streiks gestrichenen Flug kann der Kunde auch stornieren, er bekommt dann sein Geld zurück. Wer auf die Bahn umsteigen möchte, kann sein Ticket auf der Internetseite der Lufthansa ohne Aufpreis in ein Zugticket umwandeln, sich den Preis dafür aber auch nachträglich erstatten lassen. Passagiere, die streikbedingt an einem Flughafen auf ihren Ab- oder Weiterflug warten müssen, haben Anspruch auf Essen und Getränke.
Verschiebt sich der Flug auf den nächsten Tag, muss die Airline oder der Veranstalter die Übernachtung in einem Hotel bezahlen. Außerdem müssen die Verantwortlichen so schnell wie möglich eine Ersatzbeförderung organisieren.
Gibt es eine Entschädigung?
Eine Entschädigung bekommen Kunden nach derzeitiger Rechtssprechung nicht, wenn Flüge durch höhere Gewalt ausfallen oder sich verspäten. Das ist laut dem Bundesgerichtshof bei Streiks der Fall. Ein Arbeitskampf der eigenen Piloten sei für eine Fluggesellschaft in der Regel ein „unabwendbares Ereignis“, das keine Zahlungspflicht auslöse.
Wie stark betroffen ist die Lufthansa?
Die Streikwelle nagt an den Nerven der Passagiere und könnte Experten zufolge die Prognose des Konzerns für dieses Jahr zunichte machen. Entnervte Passagiere könnten sich künftig zweimal überlegen, ob sie die Airline noch buchen,. Der direkte Schaden aus den bisherigen Streiks dürfte sich auf 70 Millionen Euro belaufen, dazu kämen noch 30 Millionen Euro für die Ausstände am Montag und Dienstag, sagte Analyst Jochen Rothenbacher von der Equinet Bank. „Vor dem Hintergrund könnte der Ausblick 2014 von einer Milliarde Euro operativen Konzerngewinns in Gefahr sein.“ DZ-Bank-Analyst Dirk Schlamp geht davon aus, dass der Gesamtschaden aller Streiks seit April auf der Ebene des Betriebsgewinns rund 80 bis 90 Millionen Euro betragen dürfte.
Seit Jahresbeginn hat die Aktie von Europas größtem Luftfahrtkonzern um 24 Prozent an Wert eingebüßt, während der Deutsche Aktienindex im gleichen Zeitraum auf ein Minus von gut sieben Prozent kam. Zu Handelsbeginn am Montag brach die Lufthansa-Aktie um 2,5 Prozent ein, erholte sich später aber.