Fast ein Dutzend Züge wurden innerhalb von vier Tagen beschmiert. Die Reinigung der Waggons ist äußerst schwierig. Dabei schlagen die Täter offenbar nur auf bestimmten Strecken zu.
Osdorf. Wie feine Äderchen ziehen sich die schwarzen Striemen über das Dach, die Seitenwände und die Fenster des S-Bahn-Zuges, ergreifen Besitz von dem ehemals vollständig rot-weiß-lackierten Waggon. Auf mehr als zehn Metern ist der S-Bahn-Zug mit schwarzen Farbplacken, Klecksen und Farbfäden überzogen. Nur eine Spezialreinigung kann die festgebackenen Farb- und Teerreste wieder lösen.
Unbekannte haben in den vergangenen Tagen zahlreiche S-Bahn-Züge großflächig beschmiert, indem sie mit flüssigem Bitumen und Lackfarbe gefüllte Farbbeutel von Brücken auf vorbeifahrende S-Bahn-Züge warfen oder darüber gleich ganze Eimer voller schwarzer Farbe ausleerten. Wie das Abendblatt erfuhr, wurden seit Mittwoch vergangener Woche wohl fast ein Dutzend S-Bahnen großflächig verunreinigt, deren Reinigung sich als äußert schwierig gestaltet.
„Uns wurden von der Deutschen Bahn bislang zehn betroffene Züge gemeldet“, sagte der Sprecher der für Bahnanlagen zuständigen Bundespolizei, Rüdiger Carstens. Alle Taten seien innerhalb von nur vier Tagen passiert, zwischen Mittwoch und Sonnabend vergangener Woche, und in der Regel wurden bei den Anschlägen jeweils mehr als ein Waggon beschmiert.
Die Deutsche Bahn, der Mutterkonzern der Hamburger S-Bahn-Gesellschaft, wollte sich nicht zur Zahl der betroffenen Züge äußern. Das Unternehmen hat Angst vor Nachahmungstätern. Sprecher Egbert Meyer-Lovis bestätigte aber, dass es Vorfälle dieser Art gegeben hat und im S-Bahn-Werk in Osdorf Sonderschichten eingeführt und mehr Personal zur Reinigung der Züge eingesetzt hat, um Schmierereien so schnell wie möglich entfernen zu lassen.
Allerdings kommen die Reinigungskräfte, trotz ihrer Erfahrung bei der Entfernung von Graffitis, in diesen Fällen an ihre Grenzen. Wie das Abendblatt erfuhr, wurde eine Spezialfirma aus dem Umland beauftragt, die die schwarz beklecksten Züge ab Donnerstag mit einem Trockeneis-Reinigungsverfahren säubern soll. Dabei werden die zu säubernden Zugwände mit winzigen Pellets aus Trockeneis besprüht und gleichzeitig heruntergekühlt. Die Farb- und Lackschichten werden spröde und lassen sich mit dem Trockeneis-Strahl abtragen.
Bahn hat großes Problem mit Graffiti-Schmierereien
Die Bundespolizei ermittelt gegen Unbekannt wegen Sachbeschädigung. Im Blick haben die Ermittler dabei vor allem die Strecke der S1 zwischen Altona und Blankenese, sowie die der S21, die nach Bergedorf führt. Auf Brücken sollen die Verschmutzer teils mit vollen Zehn-Liter-Eimern Vermutet wird, dass die Verursacher der Schmierereien in der Graffiti-Szene zu suchen seien, auch wenn in diesen Fällen jeder künstlerische Aspekt abgestritten werden kann. Auffällig ist, dass die „Anschläge“ nach dem Unfalltod des bekannten Hamburger Sprayers Oz, mit bürgerlichem Namen Walter Josef Fischer, Ende September begannen.
Die Bahn hat aktuell ein großes Problem mit Graffiti-Schmierereien, insbesondere im Namen des verstorbenen Oz. Dessen Markenzeichen, das bekannte Kürzel, in der Szene Tag genannt, wurde in den Tagen nach seinem tragischen Tod, der 64-Jährige war in Hammerbrook von einer S-Bahn angefahren worden, tausendfach an Züge und Bahnhofswände gesprayt oder mit breiten Filzstiften gemalt und stellt die Bahn damit vor arge Probleme.
Von den 163 Triebzügen die die S-Bahn im Einsatz hat, die aus jeweils drei nicht trennbaren Waggons bestehen, die kleinste fahrbare Einheit darstellen und nach bedarf zu größeren Zügen zusammengekoppelt erden können, sind aktuell fast ein Drittel, genau 53, stark beschmiert, erfuhr das Abendblatt. Sieben sind sogar so massiv verschmutzt, unter anderem auch aufgrund der Bitumen- und Lackfarbenwürfe, dass sie vollständig aus dem Verkehr gezogen werden mussten. Sie warten auf einem Abstellgleis nahe dem Bahnhof Barmbek auf ihre Reinigung.
Bahn-Sprecher Meyer-Lovis betonte, dass es trotz der Vorfälle keine Einschränkungen im Bahnverkehr gebe. „Der Betrieb geht vor“, sagt er, auch wenn dies bedeute, dass beschmierte Triebwagen weiter im Dienst seien.