Das Hamburger Abendblatt traf sich mit dem neuen Chef des UKE, Professor Burkhard Göke. Im Interview spricht der 58-Jährige über Bürgersinn und Pflege, harte Zweikämpfe und seine acht Kinder.
Hamburg. Der neue Chef der Universitätsklinik Eppendorf (UKE) kommt aus München. Professor Burkhard Göke, 58, wird Nachfolger des im vergangenen November verstorbenen Professor Martin Zeitz. Göke wird seinen Posten als Ärztlicher Direktor im Januar 2015 antreten.
Hamburger Abendblatt:
Herr Professor Göke, auf was für einen Chef dürfen sich die 9400 Mitarbeiter des UKE freuen?
Professor Burkhard Göke:
Auf einen Teamplayer, dem Kommunikation sehr wichtig ist. Als Vater von acht Kindern bin ich sehr geduldig, höre gern zu und bin bereit, mich auch auf Neues einzulassen. Ich gestalte gern.
Worauf freuen Sie sich am meisten?
Göke: Auf die Mitarbeiter, die dieses Klinikum in den letzten Jahren so eindrucksvoll vorangebracht haben. Am UKE arbeiten wir mit und für Menschen. Da muss eine tägliche Kultur des Miteinanders gelebt werden. Diese Kultur mitzuprägen, darin sehe ich eine Aufgabe des Ärztlichen Direktors. Zum Beispiel freue ich mich auch auf ein ganz konkretes Projekt: auf die neue Kinderklinik mit Frau Professorin Ania Muntau an der Spitze, die ich aus München gut kenne und schätze. Dieses Neubauprojekt hat mir bereits aus der Ferne Einblick gegeben, welchen beeindruckenden Bürgersinn es in Hamburg gibt. Hier entsteht mit Unterstützung schon heute von sehr vielen ein Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin, das beispielhaft für unser Land sein kann und auf Augenhöhe mit den fortschrittlichsten Zentren in den USA ist.
Sie waren fünf Jahre lang Ärztlicher Direktor der Ludwig-Maximilians-Universitätsklinik in München, warum zieht es Sie von der Isar an die Elbe – der Fußball kann kein Grund sein?
Göke: Hamburg ist eine tolle Stadt, das UKE ein Top-Uniklinikum. Als ich gefragt wurde, ob ich mir vorstellen könnte, nach Hamburg zu kommen, spielte der Fußball keine Rolle. Klar drücke ich dem HSV und St. Pauli die Daumen. Aber ich habe mir gedacht, dass es Freude und Herausforderung sein könnte, in diesem dynamischen UKE etwas Neues zu starten und hier mitzugestalten.
Was sind die Schwerpunkte Ihrer bisherigen Arbeit?
Göke: Ich bin Internist und habe mich als Mediziner mit Verdauungs- und Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes beschäftigt. Hier konnte ich für neue Therapien wichtige Forschungsarbeit leisten. Der Weg von der Forschung in die Anwendung hat mich immer interessiert. In München habe ich die Modernisierung der Uniklinik und die bauliche Erneuerung fördern können.
Was sind Ihre vorrangigen Ziele?
Göke: Die Weiterentwicklung der Angebote für die Patienten durch Stärkung der Zusammenarbeit zwischen den Spezialisten und Vernetzung mit anderen Kliniken und den niedergelassenen Kollegen ist mir wichtig. Ein wirtschaftlich gesundes UKE wird mit Blick auf Qualität und Profilierung überaus erfolgreich arbeiten. Ich habe das Gefühl, dass am UKE eine Aufbruchstimmung herrscht. Es muss allerdings weiter in Infrastruktur und bauliche Erneuerung investiert werden.
Das UKE verzeichnet steigende Patientenzahlen. 2013 wurden 360.000 Patienten behandelt, 275.000 davon ambulant – ist das eine gesunde Entwicklung?
Göke: Die bauliche Erneuerung, die Optimierung von Qualität und wichtigen Abläufen bei der Versorgung kommt direkt den Patienten zugute. Es geht nicht darum, immer mehr Patienten zu behandeln. Es geht darum, die aktuell besten Behandlungen dem Einzelnen anzubieten. Von gut definierten Standardbehandlungen bis zu ganz neuen Therapieansätzen. So können wir Menschen mit komplexen oder seltenen Erkrankungen schon heute am UKE helfen. Hier darf man nicht nachlassen. Dann entwickelt sich das UKE gesund weiter.
Werden Sie mehr Mittel in die Forschung und Lehre stecken?
Göke: Ganz klar: Forschung lohnt sich. Die UKE-Forscher haben im Vergleich zu den Vorjahren deutlich mehr Geld für Forschung eingeworben. Die Fakultät zeichnet aber auch verantwortlich für ein erfolgreiches neues Lehrkonzept für das Medizinstudium, das bereits Nachahmer findet. Über Ausbildung und Lehre wollen wir uns in der Pflege um den Nachwuchs kümmern. Die Pflege muss man durch möglichst gute Aus- und Fortbildung stärken.
2013 erwirtschaftete das UKE einen Gewinn von 6,8 Millionen Euro. Wie kann das UKE gegen den Trend in Deutschland weiter schwarze Zahlen schreiben?
Göke: Die Stärkung der Eigenverantwortung von Leistungsbereichen war hilfreich. Mehrleistungen, Prozessoptimierungen und eine bessere Vernetzung nach innen und außen haben bei der Konsolidierung geholfen. Dieser Weg ist richtig. Zudem gilt es dafür zu werben, dass komplexe Behandlungen, Notfallmedizin und andere wichtige Angebote auch angemessen vergütet werden. Die Uniklinika in Deutschland sitzen hier in einem Boot.
Die Stadt unterstützt das UKE pro Jahr mit 127 Millionen Euro – reicht das?
Göke: Man kann immer mehr gut gebrauchen, und es gibt auch eine Unterfinanzierung der Unikliniken in Deutschland. Das ist ein Thema, das die Politik sehr ernst nehmen muss. Es ist aber schon gut, dass in Hamburg eine stabile Finanzierungszusage vom Senat ans UKE bis 2020 gemacht wurde. In anderen Bundesländern müssen Unikliniken kontinuierlich deutliche Absenkungen der Zuweisungen für Forschung und Lehre hinnehmen. Wir müssen uns auch auf Neues einlassen, was mit Risiken verbunden ist. So droht bei der sich weiter entwickelnden Behandlung von komplexen oder seltenen Erkrankungen eine Unterfinanzierung. Diese Behandlungen müssen angemessen honoriert werden. Dafür werden wir werben.
Was sagt Ihre Frau zu dem Umzug?
Göke: Wir kommen ja aus dem Norden. Wir haben uns in Wolfsburg schon in der Schule kennengelernt und haben zusammen in Göttingen, Marburg, in Michigan oder in München gelebt. Wir haben Freunde und Verwandte in Hamburg. Als ich in der Jugend beim VfL Wolfsburg Fußball gespielt habe, sind wir auch öfter in Hamburg angetreten.
Auf welcher Position haben Sie gespielt?
Göke: Ich war rechter Läufer. Nicht so schnell, aber mit einem guten Schuss und einer gewisse Härte im Zweikampf. Ich konnte ganz gut austeilen, und mich hat so leicht keiner umgehauen.
Und was haben Ihre acht Kinder gesagt?
Göke: Die Älteren sind schon beruflich oder zur Ausbildung unterwegs, die beiden Jüngsten sind mit ihren 14 und 16 Jahren dabei. Sie haben mir gesagt, dass sie sich auf Hamburg freuen.