CDU-Fraktionschef Dietrich Wersich warf dem Senat vor, im Alleingang „in einer Nacht-und-Nebel-Aktion“ das Polizeirecht eingesetzt zu haben. Senator Scheele weist die Vorwürfe zurück.

Hamburg. „Herausforderung Flüchtlingsunterbringung: Gemeinsam schaffen wir das“: Allein dieser optimistisch klingende Titel, unter dem die SPD das Thema am Mittwoch für die Bürgerschaft angemeldet hatte, sorgte für heftige Kritik bei der Opposition – und eine emotionale Diskussion. CDU-Fraktionschef Dietrich Wersich warf dem Senat vor, im Alleingang „in einer Nacht-und-Nebel-Aktion“ das Polizeirecht eingesetzt zu haben. „Der Senat ist hilflos und hat jetzt die Keule des Polizeirechts hervorgeholt“, sagte er.

Wersich formulierte fünf Bedingungen an die Unterbringung von Flüchtlingen, auch damit die Stimmung der Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung nicht kippe. Die Zuflucht suchenden Menschen müssten gerecht auf die Stadtteile verteilt werden, eine kluge Belegungspolitik müsse Konflikten vorbeugen, die Anwohner seien zu informieren und einzubeziehen, der Personalschlüssel in den Einrichtungen müsse verbessert und die Sicherheit im Umfeld der Flüchtlingsunterkünfte durch Sicherheitsdienste gewährleistet werden.

Auch die Grünen-Abgeordnete Katharina Fegebank forderte, die Nachbarn bei der Einrichtung von Unterkünften zu beteiligen. Das Eilverfahren dürfe zudem nicht dazu führen, dass nicht nach besseren Unterbringungslösungen gesucht werde, sagte Fegebank. „Der Senat muss jetzt offenlegen, welche Flächen geprüft werden und wurden. Nur dann lässt sich beurteilen, ob vorgeschlagene Standorte zu recht verworfen wurden.“

Die FDP-Fraktionschefin Katja Suding verlor kein gutes Wort über die Flüchtlingspolitik des SPD-Senats. „Von einem gemeinsamen Weg ist wenig zu spüren“, sagte die liberale Politikerin. Es sei zu spät zu wenig passiert. „Die Suche nach geeigneten Gebäuden verlief schleppend, eine breite Beteiligung der Bezirke sowie der Anwohner von möglichen neuen Unterkünften blieb aus.“ Stattdessen werde jetzt per Polizeirecht von oben herab dekretiert, wo neue Flüchtlingsunterkünfte entstehen sollten. „So wird Widerstand provoziert“, warnte Suding.

„Ich frage mich wirklich, welche Zusammenarbeit die SPD meinen könnte“, sagte auch die Linken-Abgeordnete Cansu Özdemir. „Wir haben immer wieder Vorschläge gemacht und Anträge gestellt.“ Aber die SPD habe alles abgelehnt.

Die Vorwürfe wies Sozialsenator Detlef Scheele (SPD) vehement zurück und verwies darauf, dass Hamburg auch bei den neuen Unterkünften die normalen Standards einhalten werde. Die verkürzten Verfahren führten keineswegs dazu, dass Bürger nicht mehr miteinbezogen würden. „Auch das ehrenamtliche Engagement wird nicht beschädigt“, sagte Scheele. „Das brauchen wir, und wir wertschätzen es.“ Immer mehr Menschen böten ihre Hilfe für Flüchtlinge an. Der Senator räumte jedoch ein, dass es noch einiges zu tun gebe. „Wir müssen über eine Verteilung von minderjährigen unbegleiteten Flüchtlingen reden“, sagte er. Dass in Thüringen 2013 ein Einziger zu versorgen war und Hamburg 487 minderjährige Flüchtlinge aufgenommen hat, könne so nicht bleiben, so der Sozialsenator.