Umweltministerin Barbara Hendricks, Michael Otto, Ottmar Edenhofer und Christian Thomsen von der Uni Berlin sowie Klimaexpertin Jennifer Morgan hatten in den Mozartsälen teils unterschiedliche Ansichten.
Hamburg. Ist die deutsche Energiewende ein Ausweg oder eher ein Irrweg aus der Klimakrise? Darüber diskutierte am Dienstagabend ein hochkarätiges Podium mit Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) in den Mozartsälen am Campus der Universität Hamburg. Eingeladen hatte Dr. Michael Otto. Seine Stiftung beendete mit der Veranstaltung eine achtjährige Stiftungsprofessur zum Thema „Ökonomie des Klimawandels“ an der Technischen Universität Berlin, besetzt vom Chefökonom des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, Dr. Ottmar Edenhofer.
Hendricks sieht Deutschland auf dem richtigen Weg, betonte jedoch auch, dass eine große Transformation, also ein Umbau der Energiewirtschaft nötig sei, um den Klimawandel auf ein beherrschbares Maß zu begrenzen. Mit Blick auf die deutschen Stromerzeuger hält sie „eine weitreichende Änderung der Investitionen von brauner – fossiler - Energie zur grünen Energie“ für nötig. Ottmar Edenhofer wurde deutlicher: „Wir erleben derzeit eine Renaissance der Kohle, die alle technischen Innovationen und sonstigen Klimaschutzanstrengungen mehr als kompensiert. Weltweit hatten wir im vergangenen Jahrzehnt den höchsten Anstieg an Treibhausgas-Emissionen überhaupt. Trotz Wirtschaftskrise und Klimaschutzmaßnahmen.“
Während Hendricks und Jennifer Morgan, Klimaexpertin des World Resources Institute in Washington, die deutsche Energiewende als globales Vorbild sehen, nennt Edenhofer die heutige Subventionierung der Erneuerbaren Energie für falsch, solange nicht gleichzeitig der Ausstoß von Kohlendioxid (CO2) aus fossilen Energieträgern mit Abgaben belegt wird. Edenhofer: „Der Ausstoß von CO2 muss etwas kosten. Derzeit lässt ein höherer Anteil der erneuerbaren Energien den Strompreis steigen, nicht jedoch die Verbrennung der Klima schädigenden Kohle, Öl und Gas. Wenn die Sonne nicht scheint oder der Wind nicht weht, wird auf den billigsten Energieträger zurückgegriffen, und das ist die Kohle.“
Kohle ist jedoch der Energieträger mit dem höchsten CO2-Ausstoß pro erzeugter Kilowattstunde Strom und konterkariert den Klimaschutz. Das marktwirtschaftliche Instrument des Emissionshandels, das dem Ausstoß von CO2 einen Preis zuordnet, hat bislang versagt – in Europa startete der Handel vor knapp zehn Jahren mit einem Preis von 20 Euro pro ausgestoßener Tonne CO2, heute liegt er bei drei Euro. Den Hauptgrund für den Preisverfall sieht Edenhofer nicht in der Wirtschaftskrise oder anderen Einflüssen, sondern im Vertrauensverlust der Wirtschaft in die EU-Klimapolitik. Niemand rechne mehr mit strengen Vorgaben in den nächsten Jahren, durch die die CO2-Emissionen verteuert würden.
Der renommierte Potsdamer Klimaökonom fordert deshalb eine Reform des Emissionshandels oder aber eine CO2-Steuer. Sie könnte zudem helfen, die Investitionen zu bewältigen, die eine in die Jahre gekommene Infrastruktur in Deutschland dringend bräuchte.