Betreiber rechnen wegen Gebühren mit Rückgang um 15 Prozent. Dafür sind die umliegenden Straßen zugeparkt. In den kommenden drei Jahren sollen alle rund 9000 P+R-Stellplätze kostenpflichtig werden.
Hamburg. Klaus Eckert wartet auf Kunden. Der gelernte Busfahrer arbeitet derzeit als Aufsicht im Rahlstedter Park-and-Ride-Haus mit 353 Stellplätzen. Es vergeht am Montagvormittag eine Viertelstunde, aber kein Pendler fährt mit seinem Wagen den schmalen Weg am Entgelt-Automaten vorbei. Auf dem oberen Parkdeck herrscht gähnende Leere. Mehr als 40 freie Stellplätze. „Wir“, sagt Eckert, „sind derzeit nur zu 50 Prozent ausgelastet.“ Die HVV-Pendler würden ihren Wagen lieber in der Umgebung des Parkhauses abstellen, anstatt zwei Euro für den Tag zu bezahlen.
Seit dem 1. August müssen ÖPNV-Pendler für die Nutzung von P+R-Häusern eine Tagesgebühr von zwei Euro zahlen. Das Monatsticket kostet 20 Euro. Das neue System gilt bislang an zehn Standorten, darunter in Rahlstedt, Neugraben und Harburg. In den ersten Wochen ging die Frequenz der geparkten Fahrzeuge deutlich zurück. Und jetzt bringen offenbar auch das Ende der Sommerferien und der Start ins neue Schuljahr zunächst keine Trendwende.
Zwar ist es noch verfrüht, eine aussagekräftige Zwischenbilanz zu ziehen. Aber der Geschäftsführer der P+R-Betriebsgesellschaft, Heino Vahldieck, räumte am Montag ein: „Die von der Entgeltpflicht betroffenen P+R-Anlagen sind unmittelbar nach der Einführung der neuen Regelung spürbar leerer geworden.“ Auch in Zukunft rechnet er nicht mit komplett belegten Parkhäusern. „Wir gehen davon aus, dass die Anlagen auch dauerhaft nicht so gefüllt oder gar überfüllt sein werden, wie dies vor der Entgeltpflicht der Fall war.“ Die Betriebsgesellschaft prognostiziert, dass der sogenannte Füllungsgrad der Häuser um zehn bis 15 Prozent sinkt.
Was einige HVV-Pendler jedoch erfreut. Christine Simonsen, 40, zum Beispiel nutzt regelmäßig das Harburger Parkhaus, um von dort aus mit der Bahn in die City zu fahren. Oft war es schwierig, in Hamburgs größtem P+R-Haus mit seinen 900 Plätzen freie Kapazitäten zu finden. „Jetzt“, sagt Christine Simonsen, „ist es definitiv leerer. Sonst war das Parkhaus oft so voll, dass ich ausweichen musste.“ Unterdessen gibt es im Umfeld einiger Häuser Beschwerden darüber, dass die Pendler ihre Fahrzeuge nunmehr verstärkt auf der Straße abstellen. Jan Pastoors, Center Manager des Bildungs- und Gemeinschaftszentrums Süderelbe, weiß das aus eigener Erfahrung. Sein Büro befindet sich in der Nähe zum P+R-Haus Neugraben. „Viele Autofahrer“, sagt er, „weichen jetzt auf die Parkplätze unseres Zentrums aus, weil ihnen die Gebühren zu hoch sind.“ Auch im öffentlichen Verkehrsraum der näheren Umgebung würden jetzt viele Leute ihre Fahrzeuge abstellen.
Heino Vahldieck macht für den Rückgang der geparkten Autos weitere Gründe verantwortlich. Etliche Pendler verzichteten darauf, mit dem Auto zum P+R-Bahnhof zu fahren. „Sie legen ihren Weg zur Bahn jetzt mit Bus, Fahrrad oder zu Fuß zurück.“ Zudem meiden Fremdparker die P+R-Plätze. Denn wer kein HVV-Ticket hat, muss vier Euro pro Tag bezahlen. Da parkt man sein Auto lieber anderswo.
Derweil wartet Parkhaus-Aufsicht Klaus Eckert noch immer auf Kunden. Weil keiner kommt, macht er einen Rundgang und kontrolliert, ob die Autofahrer ihre Tickets gelöst haben. Eckert ist zufrieden: „Rund 99 Prozent machen das.“ Regelmäßig gehen Mitarbeiter der Hochbahn auf Streife und fordern säumige Nutzer dazu auf, der Entgeltpflicht nachzukommen. „Wir“, sagt Heino Vahldieck, „stellen insgesamt fest, dass die Entgeltpflicht weitgehend eingehalten wird. Die mehr als 30.000 verkauften Tages-, Monats- und Jahreskarten belegen das.“ Zudem würden Einfahrtskontrollen und Stichproben dafür sorgen, „dass es sich nicht rechnet, die Entgeltpflicht dauerhaft zu missachten“, betont Vahldieck.
Aber längst haben sich nicht alle Pendler damit abgefunden, dass sie für P+R blechen müssen. Der 19-jährige Lucca Lux nutzt zweimal in der Woche das Harburger Angebot, weil er zu seiner Ausbildungsstätte in die City fahren muss. „Die Gebühren sind übertrieben“, findet er. Auch Denise van den Brink kann der neuen Kostenpflicht nichts abgewinnen. „Ich habe mich sehr über die plötzlichen Gebühren geärgert“, sagt die 20-Jährige. Weil sie von Harburg in die City fahren müsse, sei sie aber auf einen Stellplatz angewiesen.
In den kommenden drei Jahren sollen alle rund 9000 P+R-Stellplätze kostenpflichtig werden. Die Einnahmen werden im Jahr 2015 auf rund 700.000 Euro geschätzt. Die Häuser bieten Mindeststandards wie Videoüberwachung, Lautsprecher und Notrufsäulen.