Verwandter belastet die Mutter des getöteten Mädchens. Die Staatsanwaltschaft wirft der 27-jährigen Frau vor, ihre Tochter „aus Hass und ohne jedes Mitgefühl“ angegriffen zu haben.
Hamburg. Der Vater, der die kleine Yagmur „über alles geliebt“ habe – und die Mutter, die ihre Tochter „gehasst“ haben soll: Im Prozess um den gewaltsamen Tod der Dreijährigen hat ein Zeuge klar Stellung bezogen, wie die Eltern aus seiner Sicht zu ihrer Tochter standen. Die Mutter Melek Y. schilderte der Zeuge als schwierige Persönlichkeit, die nach seiner Kenntnis ihr Kind geschlagen habe. Der Vater Hüseyin Y. habe sich indes um das Mädchen gesorgt und sich verantwortungsvoll um sie gekümmert. „Er ist ein herzensguter Mensch“, sagte der 22-Jährige, ein Cousin des angeklagten Vaters der kleinen Yagmur. Das Kind war am 18. Dezember vergangenen Jahres in der Obhut der Eltern an inneren Blutungen gestorben.
In dem Prozess vor dem Landgericht muss sich die Mutter von Yagmur, Melek Y., wegen Mordes verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft der 27-Jährigen vor, ihre Tochter „aus Hass und ohne jedes Mitgefühl“ angegriffen zu haben. Der Vater Hüseyin Y., 25, soll von den Misshandlungen gewusst und sich für den Tod des Kindes mitverantwortlich gemacht haben. Das kleine Mädchen hatte etliche schwerwiegende Verletzungen und laut dem Gutachten eines Rechtsmediziners schon lange vor ihrem Tod „sehr, sehr gelitten“.
Der Cousin berichtete von häufigen Streits zwischen den Eheleuten
Schweigend und mit unbewegten Mienen verfolgten die Angeklagten an diesem Dienstag die Aussage des Zeugen, der Vater das Gesicht starr geradeaus gerichtet, die Mutter wie so oft in diesem Verfahren ebenfalls überwiegend regungslos, den Kopf in eine Hand gestützt. Nur einmal durchdrangen die Schilderungen des Zeugen sichtlich ihre Starre: Als die Rede auf eine frühere Vernehmung des Mannes bei der Polizei kam. Dort hatte der 22-Jährige angegeben, Hüseyin Y. habe ihm über Melek Y. und ihre Tochter gesagt: „Ich vermute, sie schlägt sie.“ In diesem Moment schüttelte die Angeklagte Melek Y. energisch den Kopf, um dann sofort wieder in ihre gewohnte Haltung zurückzusinken, das Gesicht eine undurchdringliche Maske.
Hüseyin Y. habe ihm berichtet, dass er und Yagmurs Mutter sich häufig streiten, erzählte der Zeuge weiter dem Gericht. Melek Y. habe demnach einen anderen Mann kennengelernt und wohl versucht, ihren Mann „eifersüchtig zu machen. Aber er hatte komplett einen Schlussstrich gezogen. Er sagte: ‚Mach, was du willst und mit wem du willst.‘ Die Beziehung war total gescheitert. Da war nichts mehr zu retten“, sagte der 22-Jährige. Hüseyin Y. habe auch die Scheidung angestrebt. „Er hat auch geguckt, wo er hinziehen kann. Und er wollte auf jeden Fall das Sorgerecht für das Kind.“
Der Angeklagte habe sich „immer wegen der Kleinen gefreut“, so der Zeuge
Er habe seinen Cousin einmal zum Einkaufen begleitet, als Yagmur und ihre Mutter ihnen entgegenkamen, erzählte der Zeuge weiter. „Ich hatte den Eindruck, dass er sich nach seiner Tochter gesehnt hatte. Er war ziemlich glücklich, seine Tochter zu sehen, und nicht so froh, seine Frau zu sehen.“ Auch Yagmur sei offensichtlich fröhlich auf ihren Vater zugelaufen. Ferner habe sein Cousin berichtet, dass Yagmur „immer so blaue Flecken am Körper gehabt“ habe, so der Zeuge weiter. Laut Schilderung der Mutter sei das Mädchen „irgendwo runtergefallen“. Die 27-Jährige habe auch nach Darstellung ihres Mannes versucht, die blauen Flecken bei ihrer Tochter mit Schminke zu kaschieren. „Er hat mir oft gesagt, dass Melek das Kind hasse.“
Hüseyin Y. habe sich indes „immer wegen der Kleinen gefreut“. Er wisse, dass sein Cousin seine Tochter „über alles geliebt hat. Er war für seine Familie da“. Er habe deshalb auch sehr fleißig gearbeitet und war „sehr familienbezogen“.
Ob er sich vorstellen kann, dass Hüseyin Y. „bei Misshandlungen seiner Tochter zugesehen hat?“, wollte Hüseyin Y.’s Verteidiger vom Zeugen wissen. „Ich glaube nicht, dass er nicht eingeschritten wäre“, sagte der 22-Jährige und schüttelte den Kopf. Und ob der Vater geahnt habe, dass Yagmur durch Misshandlungen in Lebensgefahr gewesen sei? „Das glaube ich nicht.“ Der Prozess am Landgericht wird am Donnerstag fortgesetzt.