Die Ermittler im Fall der getöteten Dreijährigen sollen Zugang zu den Infos des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses (PUA) erhalten. Die Aussage eines Jugendamtsleiters interessiert besonders.
Hamburg. Die Hamburger Staatsanwaltschaft hat ihre Ermittlungen im Zusammenhang mit dem gewaltsamen Tod der dreieinhalbjährigen Yagmur ausgeweitet. Wie jetzt bekannt wurde, haben die Ermittler beim Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA), der sich mit der politischen Aufarbeitung des Falles beschäftigt, um Akteneinsicht gebeten. Dieser Bitte will der PUA nun nachkommen. „Wir wollen der strafrechtlichen Aufklärung nicht im Wege stehen und unterstützen diese“, sagte der PUA-Vorsitzende André Trepoll (CDU) auf Nachfrage. In der kommenden Woche soll der Untersuchungsausschuss einen entsprechenden Beschluss fassen.
Allerdings bekommen die Beamten der Strafverfolgungsbehörde nicht uneingeschränkten Zugang zu den Informationen. Sie dürfen die Akten nur einsehen und nicht mitnehmen. Und Kopien dürfen die Beamten nur machen, wenn der Untersuchungsausschuss dies ausdrücklich erlaubt.
Die Staatsanwaltschaft will darüber hinaus eine Reihe von Vernehmungsprotokollen des Untersuchungsausschusses einsehen. Interessiert ist sie vor allem an der Aussage von Peter Marquard, dem Jugendamtsleiter im Bezirk Mitte. Sie verspricht sich davon Informationen über die Arbeitssituation und die Belastung der Jugendamtsmitarbeiterinnen. Marquard hatte ausgesagt, dass es eine hohe Fluktuation der Mitarbeiter und „Schwierigkeiten im Arbeitsalltag“ gebe.
Wie berichtet, ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen Mitarbeiterinnen der Jugendämter Eimsbüttel und Mitte. Im Raum steht der Vorwurf der fahrlässigen Tötung durch Unterlassen. Die Ermittler wollen herausfinden, ob die Jugendamtsmitarbeiterinnen eine Mitschuld haben, dass Yagmur mutmaßlich durch die Schläge ihrer Mutter umgebracht worden ist. Aus diesem Grund hatte die Behörde vor zwei Wochen Razzien in den Bezirksämtern Eimsbüttel und Mitte durchgeführt. Bei den Durchsuchungen wurden unter anderem die Personalakten der Mitarbeiterinnen sichergestellt.
Die Razzien sind das Ergebnis eines Vorermittlungsverfahrens, zu dessen Beginn auch das Verhalten der damals zuständigen Staatsanwältin und Familienrichterin geprüft wurde. „Es hat keinen Anfangsverdacht gegeben“, sagte Nana Frombach, Sprecherin der Staatsanwaltschaft. Die beiden mit dem Fall Yagmur betrauten Juristinnen waren öffentlich in die Kritik geraten, da sie nach Meinung der Beobachter zu wenig nachgehakt hätten. Zumindest die Familienrichterin hatte dies auch in Teilen vor dem PUA eingeräumt. Während die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen gegen die Staatsanwältin und die Familienrichterin nicht weiter verfolgten, weitete sie die Ermittlungen gegen die Jugendamtsmitarbeiterinnen aus.
Diese Verfahren werden unabhängig von dem gegen die Eltern Yagmurs geführt. Die Mutter ist wegen Mordes angeklagt, dem Vater wird Körperverletzung mit Todesfolge durch Unterlassen vorgeworfen.