Hamburg ist eine der grünsten Großstädte der Welt. Jetzt im Sommer sind die vielen Parks besonders schön. Ein Streifzug durch den Botanischen Garten, Planten un Blomen und den Inselpark Wilhelmsburg.

Hamburg. Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute ... na Sie wissen schon. Zum Beispiel reife Wassermelonen, die pfundig auf dem Erdreich ruhen, Menschenfresser-Tomaten und Sonnenblumenwäldchen in Klein Flottbek. Rosenboulevards und ein verwunschener Teich in Wilhelmsburg. Oder ein japanischer Garten mit exotischen Pflanzen, Felsen, fließenden Gewässern und einem Teehaus direkt am Dammtor. Planten un Blomen – der Name ist Programm.

Gerade jetzt, Mitte August, präsentiert sich Hamburg in blühender Hochform. Drei ganz besondere Oasen bescheren paradiesische Zustände abseits weiterer beliebter Parks und Waldgegenden. Kultivierter Charakter, kostenlos und zum Greifen nah: Planten un Blomen in der Innenstadt, der nach Loki Schmidt benannte Botanische Garten im Westen sowie der neu angelegte Inselpark südlich der Elbe. Internationale Gartenschauen schufen die Voraussetzungen für Grüngenuss, von denen Bürger wie Gäste dauerhaft profitieren. Lustwandeln geht, aber auch noch viel mehr.

Im Gegensatz zu den Anlagen in der City und in Wilhelmsburg ist der Botanische Garten in Klein Flottbek nur indirekt mit einer großen Gartenschau verwurzelt: Wegen gestiegener Studentenzahlen und begrenzter Flächen in der Innenstadt wurden die Lehrgärten und Institute 1979 in die Elbvororte verlegt. 35 Jahre später ist die Saat aufgegangen: Traumhafte Verhältnisse locken zum Flirt mit einer bunten, enorm vielfältigen Pflanzenwelt. Es ist ein Geschenk, im wahrsten Sinn des Wortes; denn der Eintritt ist frei. Parkplätze gibt es jede Menge, auch wegen der Park-and-ride-Anlage nebenan. Bequemer fährt man mit der S-Bahn, die vis-à-vis Station macht.

Loki-Schmidt-Garten - Ruheoase mit Palmencafé

Kurz hinter dem Eingangstor, das in diesem Monat täglich von 9 bis 20 Uhr geöffnet ist, grüßt eine Büste Loki Schmidts, die seit 2012 Namenspatin ist. Ein bisschen freundlicher hätte sie der Künstler allerdings ruhig darstellen können.

Erstes Ziel sind die Nutzpflanzen, für Großstädter ja nicht unbedingt allgegenwärtig. Auf kleinen Feldern ist angebaut, was die Natur zu bieten hat. Und das ist sehr viel. Wassermelonen liegen wie Fußbälle auf dem sandigen Boden. Ein paar Meter weiter wachsen alle möglichen Rübensorten, diverse Kohlarten, Zucchini, Mangold und Hirse. Alles ist hervorragend beschildert, was übrigens für den gesamten Loki-Schmidt-Garten gilt. Der staunende Besucher erfährt anschaulich, wie Pastinaken namens „Dicke Dirn“ oder „White King“ aussehen. Auch Küchenzwiebeln wie „Braunschweiger Dunkelblutrote“ oder „Zittauer Gelbe“ beeindrucken.

Vorbei an den Giftpflanzen, Wüsten-, Rosen- und Gesteinsgärten führt der Weg nach Südamerika, nach Japan, in die Steppe. In Klein Flottbek, das ist rasch klar, waren Profis mit Herzblut am Werke. Am Teich blühen Kugeldisteln. Eine Rundbank an einer Sumpfzypresse lädt zur Siesta ein.

Nach einem Abstecher in den Duft- und Tastgarten geht’s am Bibelgarten vorbei ins Café Palme, das diesen Namen zu Recht trägt. Unter Palmen schmecken Würstchen mit Kartoffelsalat und ein krönendes Stückchen Erdbeerkuchen vortrefflich.

Planten un Blomen - Idylle mit japanischem Flair

Zufriedenstellend gestärkt, wird Planten un Blomen angesteuert. Wo anfangen und wo aufhören, ist die Mutter aller Fragen. Die Antwort gibt eine zuvor im Internet beschaffte Information: Am 6. November 1821 pflanzte Johann Lehmann, der Gründer und Direktor des Parks, eine Platane. Dieser erste Baum der Grünanlage am heutigen Eingang Dammtor ist nach wie vor erhalten.

Erstaunlich schnell lässt man den wuseligen Verkehr im Umkreis des Bahnhofs hinter sich und taucht ein in die Idylle von Planten un Blomen. Der japanische Landschaftsgarten betört mit fantasievoller Pflanzenwelt, Felsen, Wasserläufen und einem harmonisch eingebetteten Teich. Überall gibt es kleine Plätze der Stille. Wer mag, kann hier sinnieren oder einfach das rhythmische Plätschern genießen.

Auch wenn es an diesem sommerlichen Mittag in der Ferienzeit nicht leer ist, verläuft sich die Schar der Müßiggänger, Naturfreunde und Touristen. Innerlich kehrt Ruhe ein. Via Mittelmeerterrassen und einem pfiffig gestalteten Spielplatz wird der direkt neben dem CCH gelegene Rosengarten angesteuert. Gut und gerne 300 verschiedene Rosenarten wachsen auf einer Fläche von 5000 Quadratmetern. Das Areal ist sehr liebevoll arrangiert und hervorragend gepflegt. Das Ganze kostet sehr viel Mühe – aber keinen Cent Eintritt.

Dieser exzellente Zustand gilt gleichfalls für das Schachgärtchen, den See, die Wasserkaskaden und den verspielten Apothekergarten ein paar Schritte weiter. Dazwischen ist ein weiterer japanischer Garten mitsamt Teehaus zu sehen. Bis zur Tiergartenstraße sind es nur wenige Meter. Sie verweist auf die Vergangenheit des Grundstücks: Zwischen 1863 und 1930 war hier Hamburgs Zoologischer Garten zu Hause. 1935 wurde die Parkanlage für die Niederdeutsche Gartenschau genutzt. Fortan war „Planten un Blomen“ in aller Munde.

Diese Information stammt von einer älteren Dame, die es sich im Café am Tropengarten gut gehen lässt. Wer hier dem Müßiggang frönt, kommt mit anderen Gästen prima ins Gespräch. Die betagte, indes fidele Hanseatin weiß mehr. Sie erzählt von einer Blumenschau in den Großen Wallanlagen anno 1897. Die Internationalen Gartenschauen in den Nachkriegsjahren 1953, 1963 und 1973 machten Planten un Blomen zu einer der bekanntesten Grünanlagen Deutschlands.

Inselpark Wilhelmsburg - ein Rosen-Paradies

Das Stichwort Gartenschau erinnert an Etappenziel drei des heutigen Parktages. Auf zum Sprung über die Elbe, auf nach Wilhelmsburg. Der Verdruss über eine miserable Ausschilderung und Wegführung sowie über versperrte Tore zwischen dem öffentlichen Parkplatz und dem Inselpark weicht im Nu Begeisterung. Famos, was hier in den letzten Jahren geschaffen wurde. Nach Ausklang der igs Mitte Oktober vergangenen Jahres sind die Umbauarbeiten noch in vollem Gange. Daher wäre es unfair, den Inselpark jetzt schon mit den zuvor besuchten Gärten zu vergleichen.

85 Prozent der insgesamt 100 Hektar – etwa so viel wie 140 Fußballfelder – stehen aktuell zur Verfügung. Der Rest wird Ende dieses Monats freigegeben. Breite Asphaltwege, bestens ausgebaut, führen vom Haupteingang durch das Gelände. Anfangs säumen diverse Spielanlagen, ein Skatepark, ein Hochseilgarten und eine Kletterarena den drei Kilometer langen Rundweg, danach wird es richtig grün. Kleine Kanäle und Teiche werden von im Moment kräftig blühenden Blumen und Sträuchern gesäumt. Natürlich sieht alles noch frisch angelegt und ein bisschen künstlich aus, doch wird sich das im Laufe der Zeit geben.

Besucher des Inselparks kommen dennoch auf ihre Kosten – bei Bedarf 18 Stunden am Tag. Anders als im Botanischen Garten dürfen Hunde mitgebracht werden. Der Inselpark, das wird mit jedem Fußschritt klar, unterscheidet sich erheblich von den zuvor besuchten Grünoasen. Keiner ist besser, jeder ist anders. Auch in Wilhelmsburg gehören idyllische Uferböschungen und ein gepflegter Rosen-Boulevard mit rund 200 Sorten zum Angebot. Zudem überrascht die Idee, den Mitgliedern von fünf örtlichen Kleingartenvereinen mitten auf dem Areal Schrebergärten angeboten zu haben. Alle Parzellen sind gut ein- und ansehbar und vorbildlich gepflegt. Für die Besucher gibt es so eine Menge zu gucken. Ob das auch für die Besitzer ein Vergnügen ist?

Nach zwei Stunden Rundkurs im familienfreundlichen Park dominiert die Gewissheit, dass Hamburg um eine Attraktion reicher ist. Bis zur ersten Liga indes ist es noch ein weiter Weg. Beim Neustart können etablierte, seit Jahrzehnten gewachsene Parks wie der Botanische Garten oder Planten un Blomen keine Konkurrenten sein. Hier wie dort kann man tagelang Zeit verbringen. Jede dieser drei Gratis-Grünoasen beweist, wie gut das Nahe liegt.