In Wilhelmsburg heißt es auf Plakaten „Künftig schweben wir zum Dom“. Gondeln sind aber nur zwischen St. Pauli und Steinwerder geplant. Die SPD startet eine Aktion gegen das Projekt.

St. Pauli/Wilhelmsburg. Sollen die Bewohner von Hamburg-Mitte mit falschen Versprechungen dazu gebracht werden, beim Bürgerentscheid am 24. August für eine Seilbahn über die Elbe zu stimmen? In Wilhelmsburg sind Plakate aufgestellt worden, die eine solche Vermutung nahelegen. Über dem Bild einer Familie mit Migrationshintergrund prangt der Slogan: „Künftig schweben wir zum Dom“.

Das ärgert Anja Keuchel (SPD): „Die Initiative will die Wilhelmsburger ganz offensichtlich für dumm verkaufen“, sagt die Politikerin von der Elbinsel. „Die Seilbahn würde von Steinwerder abfahren. Das liegt vom Reiherstiegviertel aber drei Kilometer entfernt.“ Neben der versprochenen Zehn-Millionen-Spende und dem Verteilen von Seilbahn-Freikarten (wir berichteten) sei der Slogan eine weitere unlautere Methode, die Menschen im Bezirk zu beeinflussen. Auch Michael Osterburg, Fraktionsvorsitzender der Grünen im Bezirk Hamburg-Mitte, kritisiert das Vorgehen der Initiative: „Ein Bürgerbegehren ist immer eine sportliche Sache“, sagt er. „Wer die besseren Argumente hat, der überzeugt.“ Die Seilbahnbefürworter versuchten jedoch, die Menschen „mit Bestechung und falschen Versprechungen auf ihre Seite zu ziehen“. „Die Seilbahn ist kein Verkehrsmittel, sondern eine touristische Attraktion“, so Osterburg. „Die Bürger werden nicht ernst genommen, sondern veräppelt.“

Wolfgang Raike, der die Seilbahn-Pressearbeit macht, gibt zu: „Natürlich können die Wilhelmsburger nicht direkt zum Dom schweben.“ Aber sie könnten ja mit dem Bus nach Steinwerder fahren oder ihre Autos auf dem Parkplatz des Musicalkonzerns Stage Entertainment abstellen und dann in die Seilbahn steigen. Noch aber liege die Bushaltestelle knapp einen Kilometer von der geplanten Seilbahnstation entfernt, räumt er ein. Der HVV müsse also erst einmal nachbessern. Dennoch kann Raike die Aufregung nicht verstehen. „Kommunikation ist in der Werbung immer verkürzt.“ In ganz Hamburg-Mitte ständen Plakate mit verschiedenen Aussagen: „Ich will Hamburg von oben sehen“, heißt es da, „Wir fahren zum Festival“ oder „Unsere Radtour beginnt mit der Seilbahn“.

Wenn es nach den Initiatoren ginge, könnte die Seilbahn langfristig auch bis nach Wilhelmsburg verlängert werden, sagt Raike. Auch das stößt bei Anja Keuchel auf Kritik. „Den Menschen hier zu suggerieren, die Seilbahn sei ein neues Verkehrsmittel für sie, ist unlauter“, so Keuchel. „Sie würde über Hafengebiet führen, was verboten ist.“

Hintergrund für das Bestreben, eine Seilbahn zu bauen, sei vielmehr, dass das Musicalunternehmen Stage Entertainment ein eigenes Verkehrsmittel haben wolle. „Das Geld, das sie der Hadag zahlen müssen, weil die das Musicaltheater mit dem Schiff anfährt, wollen sie selber verdienen.“ Durch die Seilbahn und den Wegfall der Fahrgäste würde das städtische Unternehmen geschwächt – die Wilhelmsburger aber seien wegen der Fähranbindung ihres Stadtteils an einer starken Hadag interessiert. Unterdessen startet die SPD- Bezirksfraktion in Mitte eine eigene Kampagne unter dem Motto „Ein großes NEIN zur Seilbahn“: Auftakt ist an diesem Mittwoch um 18 Uhr auf dem Spielbudenplatz. Dort wollen dann Bezirksabgeordnete und Sabrina Hirche, Initiatorin der Initiative „Keine Seilbahn von St. Pauli über die Elbe“, die Aktion vorstellen.

Bis zur endgültigen Entscheidung am 24. August, wollen die Gegner an Infoständen im Bezirk Mitte für ihr Anliegen werben. Außerdem sollen Plakate aufgestellt und Flyer verteilt werden. Die Kosten für die Kampagne liegen laut SPD-Fraktionschef Falko Droßmann bei rund 2000 Euro und werden aus Fraktionsmitteln finanziert: „Wir haben uns zu dieser Kampagne entschlossen, weil wir uns klar gegen die Seilbahn zwischen St. Pauli und Steinwerder aussprechen. Wir benötigen diesen Musicalzubringer nicht.“ Außerdem brauche St. Pauli nicht eine weitere „Pseudoattraktion“, die noch mehr Touristen anlocke, so Droßmann weiter. Am 24. August sind mehr als 200.000 Wahlberechtigte im Bezirk Mitte aufgerufen, über die Seilbahn zu entscheiden.