Das (unmoralische) Angebot des Seilbahnbauers Doppelmayr und des Musicalunternehmens Stage Entertainment hat in dieser Woche für große Aufregung gesorgt.
So eine Offerte hat es in Hamburg bislang noch nicht gegeben. Da bietet ein Investor zehn Millionen Euro für soziale Einrichtungen, wenn im Gegenzug seine Seilbahn über die Elbe gespannt wird. Das (unmoralische) Angebot des Seilbahnbauers Doppelmayr und des Musicalunternehmens Stage Entertainment hat in dieser Woche für große Aufregung gesorgt. Darf man so etwas anbieten? Und: Darf das Bezirksamt Mitte das Geld annehmen? Die Antwort auf diese Fragen sind von so großer Bedeutung, dass eine Institution allein sie nicht beantworten kann. Und so sandte die Senatskanzlei in dieser Woche Prüfaufträge an mehrere Behörden, unter anderem Justiz und Finanzen sowie das Bezirksamt selbst.
Eigentlich wollte die Finanzbehörde bereits am Freitag eine Stellungnahme mit den gesammelten rechtlichen Einschätzungen zu den Fragen liefern. Aber man will auf Nummer sicher gehen und prüft noch bis zum Dienstag. Dennoch sind sich die Juristen darüber einig, dass eine unrechtmäßige Wahlbeeinflussung des am 24. August anstehenden Bürgerentscheids zum Bau der Seilbahn sowie eine Bestechung nicht vorliegen. Und zwar deshalb, weil die Entscheidung über den Bau nicht von einer einzelnen Person getroffen wird, ja nicht einmal von den 200.000 Wahlberechtigten im Bezirk Mitte. Am Ende entscheiden nämlich auch die Mitglieder in der Bezirksversammlung und Mitarbeiter des Bezirksamts im Rahmen eines Planfeststellungsverfahrens. Alles hoch kompliziert also.
Es ist bekannt, dass Mitte-Bezirksamtsleiter Andy Grote (SPD) kein Freund der Seilbahn ist. Und so war die Erleichterung darüber, dass sein Bezirksamt nun ein Schlupfloch aus der Zehn-Millionen-Euro-Umarmung gefunden zu haben scheint, deutlich spürbar. Eine Rahmenrichtlinie aus dem vergangenen November verbietet nämlich die Annahme von Spenden, wenn es den Anschein gibt, das Handeln der Verwaltung könnte durch die Spende beeinflusst werden. Schließlich hätte das Bezirksamt das Spendengeld an Einrichtungen verteilen sollen. „Sollen die Seilbahnbauer das Geld doch selbst an Einrichtungen spenden“, sagt ein Bezirksamtsmitarbeiter. „Bin mal gespannt, ob die das machen werden.“
Unterdessen hat auch ein anderer Vorgang diese Woche in Mitte für Aufregung gesorgt. Der Umzug des Bezirksamts mit seinen rund 1000 Mitarbeitern vom Klosterwall in das Gebäude von Axel Springer an der Caffamacherreihe. Im September des vergangenen Jahres kam es zum ersten Kontakt. Zunächst liefen die Gespräche nicht direkt zwischen dem Medienunternehmen und der Stadt, sondern wurden über das Immobilienunternehmen Grossmann & Berger mit dem städtischen Landesbetrieb Immobilienmanagement und Grundvermögen (LIG) geführt.
Die Verhandlungen führte die Stadt über ihren Landesbetrieb anschließend ohne die Makler und damit direkt mit Springer. Im Verlauf hat sich nämlich die Kaufvariante, die in der Finanzbehörde erdacht worden ist, günstiger erwiesen als die Mietvariante. Wichtig war dabei Vertraulichkeit. Nicht noch einmal sollten Indiskretionen den Umzug aus den ungeliebten City-Hochhäusern am Klosterwall gefährden. „Wir haben eben kein Altonaer Rathaus, sondern diese alten Hochhäuser, aus denen wir unbedingt ausziehen wollen. Immer wieder wurden Neubaupläne oder der Umzug in die HafenCity öffentlich zerredet. Deshalb haben wir auch bis zuletzt gezittert und gebetet, dass alle dichthalten“, heißt es im Bezirk. Und so waren es am Ende nur etwa ein Dutzend Eingeweihte im Bezirksamt, der Finanzbehörde und der Senatskanzlei, die von den konkreten Verhandlungen wussten. Dementsprechend verschnupft reagierten dann auch die Mitglieder der Bezirksversammlung Mitte, als sie von der Unterzeichnung der Vereinbarung zwischen der Stadt und Springer erfahren haben.
Auch wenn über Preise, Konditionen oder technische Ausstattung des Deals die Arbeitsebene, also der Landesbetrieb, verhandelte, so ließen sich Finanzsenator Peter Tschentscher (SPD) und Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) über den jeweiligen Stand auf dem Laufenden halten. Am Ende verhandelte sogar Scholz selbst noch einen Punkt in den Vorvertrag: „Springer ordnet seine hier ansässigen Verlagsteile neu und bekennt sich zu Hamburg als wichtigem Standort des Verlagshauses“, lautet die Passage.
„Scholz wollte mit dem Immobilien-Deal am Ende nicht als der Steigbügelhalter für eine Standortaufgabe von Springer dastehen“, heißt es im Rathaus. Aus diesem Grund habe er auf das Bekenntnis zum Standort in der Präambel des Vorvertrags gedrungen. Hintergrund dieser Maßnahme ist, dass Springer sich bereits zu großen Teilen aus Hamburg zurückgezogen hat – zuletzt mit dem Verkauf unter anderem des Abendblatts und der „Hörzu“.
Allerdings wollte sich die Stadt bei den Verhandlungen nicht allein auf Springer verlassen, zumal lange nicht klar war, dass es einen positiven Abschluss geben würde. Parallel wurde auch der Neubau am Schultzweg weiterverfolgt – aber dann aufgegeben.
Mit dem Kauf der Springer-Immobilie verfolgt dieser Senat nun eine gänzlich andere Strategie als die Vorgängersenate. Diese hatten sich einst von ihren Immobilien getrennt und diese dann zurückgemietet. „Wenn die Mietverträge irgendwann auslaufen und neu verhandelt werden müssen, werden sich noch einige Leute umschauen, wie teuer das dann wird“, sagt ein Behördenmitarbeiter. Das könne mit dem neuen Bezirksamt an der Caffamacherreihe nicht passieren.