Vom 3. August an präsentiert das Hamburger St. Pauli Theater die skurrile Gralsuche des Königs Artus nach der Kino-Komödie von Monty Python.

Hamburg. Sandra Studer trägt Glitzer, alle anderen Kollegen sehen so aus, als hätten sie sich aus der Grabbelkiste für die Altkleidersammlung bedient. Sie singt mit wunderbar wandlungsfähiger, klarer Stimme „Das Lied, das jeder liebt“. Als Ohrwurm wirkt der Song noch tagelang nach, wenn man längst wieder zu Hause ist oder im Büro sitzt.

Studer hat das, was man Bühnenpräsenz nennt. Sie spielt in dem trashigen Bühnenspektakel „Spamalot“ eine „Fee aus dem See“ – frei nach Monty Pythons satirischer Kino-Komödie „Ritter der Kokosnuss“. Tatsächlich aber gibt sie eine frustrierte Bühnendiva, die sich stets in den unpassendsten Momenten vordrängt. Zu den Rittern der Artussage, die gewollt ziellos und schäbig gekleidet herumirren, passt ihre Rolle so viel oder so wenig, wie Kokosnüsse nach England, mit denen im Film und auf der Bühne das Getrappel der nicht vorhandenen Pferde imitiert wird.

„Spamalot“, die Musical-Komödie, die vom 3. August bis zum 14. September als Gastspiel aus Zürich im St. Pauli Theater zu sehen ist, wird zu Recht als schrägstes Musical der Welt bezeichnet – denn hier vermischt man alles, was nicht zusammengehört und macht sich auch noch über das eigene Genre lustig.

Entfesselter Irrsinn

Das Musical feierte vor knapp zehn Jahren am Broadway seine umjubelte Premiere. Regie führte Mike Nichols, jener Mann, der dem Publikum so wunderbare Filme wie „Wer hat Angst vor Virginia Woolf?“, „Die Reifeprüfung“ oder „Der Krieg des Charlie Wilson“ geschenkt hat und der mehr als nur ein Händchen für Komik besitzt.

Tim Curry, berühmt als Frank N. Furter aus der „Rocky Horror Picture Show“ spielte in den ersten Monaten den Artus. Dann übernahm Simon Russell Beale die Rolle, Englands berühmtester lebender Shakespeare-Darsteller. Beale scheint Interesse am entfesselten Irrsinn zu haben, auch wenn er ihn mal nicht in der Rolle des König Lear darstellen kann. Ja, die Briten wissen: Wenn man irgendwo Spaß haben kann, sollte man zusehen, dass man dabei ist. Das Musical feiert inzwischen auch andernorts auf der Welt Erfolge.

Sandra Studer, 45, bildet den Gegenpol zu den Chaos-Rittern, die im Musical, sehr frei nach der Artussage, den heiligen Gral suchen. Deshalb heißt es auch nicht Camelot, nach dem legendären Hof des Königs, sondern Spamalot, was man mit „eine Menge Müll“ übersetzen könnte. Die Schweizerin Studer überstrahlt das alles.

Hufgeklapper mit Kokosnüssen

Sie singt und spielt, als wäre sie auf der großen Showbühne. Denn daher kommt die Sängerin und Schauspielerin eigentlich. Sie studierte Germanistik und Musikwissenschaften an der Universität Zürich, hat eine Ballett- und Klavier-Ausbildung, nahm 1991 am Grand Prix d’Eurovision für die Schweiz mit einem italienischen Lied teil und war Background-Sängerin bei DJ Bobo.

Zudem spricht sie fünf Sprachen fließend neben dem Schwyzerdütsch, das sie zu Hause mit ihren vier Kindern spricht und das unsereins nicht versteht. Wenn sie nicht auf der Bühne steht, moderiert sie Fernsehshows im Schweizer Fernsehen. Ihre Musical-Rolle teilt sie sich mit Marlen Oberholzer, die ebenfalls eine fabelhafte Sängerin ist.

Die Handlung ist schnell erzählt: Artus, der König der Briten, macht sich auf die Suche nach dem heiligen Gral, muss aber erst noch die Ritter finden, die ihn begleiten. Auch ein Pferd haben er und sein Diener Patsy nicht. Patsy macht deshalb Hufgeklapper mit Kokosnüssen nach. Wenn er mit Artus über die Bühne geht, haben die beiden etwas von einen Zentaur: Vorn aufrecht der König, hinten gekrümmt der Diener.

Schließlich schafft Artus es, einige ganz besondere Männer zu verpflichten: Den recht kampfesmutigen Sir Lancelot, den nicht ganz so mutigen Sir Robin (der Tanz und Gesang dem Kampf deutlich vorzieht), den leicht schwülstigen Sir Bedevere und den gut aussehenden Dennis, aus dem Sir Galahad wird.

Artus ist nur ein König unter Clowns

Die erfrischend anarchische Truppe erinnert irgendwie an die Marx Brothers, die auch stets zu ausuferndem Blödsinn aufgelegt waren. Die Ansammlung dieser Freaks ist bunt ausgestattet, ihre Kostüme sehen aus, als hätte sie ein privater Fanclub mittelalterlicher Ritterspiele zusammengestellt. Sie geben eine skurrile Mischung aus Lumpensammlern und Las Vegas ab – Letzteres allerdings eher so wie man es sich im Festsaal irgendwo in der Provinz vorstellt: Bärte, Perücken, Federboas, Skianzüge, Pompoms, Flitterkleider, Helme mit Wikinger-Hörnern, Mönch und Nonne im wilden Tanz, ein riesiger Holzhase – hier wird zusammengewürfelt, was grell und schrill ist.

Scharen von Showgirls mischen die Truppe auf, die Tafelrunde tagt in einem glitzernden Casino und Ritter Lancelot ist leidenschaftlicher Copacabana-Tänzer.

Singen und tanzen können die elf Schauspieler in den mehr als 70 Rollen alle perfekt und mitreißend. Der Spaß an der Show liegt auch darin, dass sich auf einer bewusst als Low-Budget-Produktion definierten Bühne mit selbst gemachten Requisiten, das Ensemble mit großem Ernst dieser fabelhaften Geschichte der Ritter der Tafelrunde widmet. Artus ist eigentlich nur ein König unter Clowns.

„Always Look on the Bright Side of Life“ ist ein weiterer Monty-Python-Ohrwurm, der die Aufführung zu einem großen Vergnügen werden lässt. Die strahlende Seite des Lebens, das ist auf jeden Fall ein Abend wie dieser.