Vom 1. August an wird die fünfstündige Betreuung in der Kita und der Tagespflege für alle Kinder von der Geburt bis zur Einschulung kostenlos sein – inklusive des Mittagessens.
Hamburg. Schüchtern haucht der Junge in dem Deutschland-Trikot Olaf Scholz ein „Hallo“ zu und überreicht dem Bürgermeister eine Bananenmilch. Der SPD-Politiker ist zu Besuch in der Kita Rübenkamp. Es ist einer der letzten Termine des Bürgermeisters vor dessen Sommerurlaub. Es geht darum, noch einmal Positives zu verbreiten: In knapp drei Wochen fällt auch die letzte Beitragshürde in der Kinderbetreuung. Vom 1. August an wird die fünfstündige Betreuung in der Kita und der Tagespflege für alle Kinder von der Geburt bis zur Einschulung kostenlos sein – inklusive des Mittagessens.
„Das ist genauso schön wie der WM-Sieg“, sagte Sozialsenator Detlef Scheele (SPD), der ebenfalls gekommen war. „Nur kommt die Beitragsfreiheit nicht so unverhofft.“ Gemeint ist: Der Senat ist dabei, ein Wahlversprechen zu erfüllen. Ab August erwartet Familien, die ihre Kinder betreuen lassen, eine große finanzielle Entlastung – und zwar in so einer Höhe, dass sich davon die Ferienreise finanzieren ließe, so Scheele. Danach zahlt eine Familie mit einem monatlichen Nettoeinkommen von rund 2750 Euro bei einem Krippenkind 2304 Euro weniger pro Jahr. Diese Beispielrechnung gilt für ein Krippenkind, das acht Stunden pro Tag betreut wird. Der Anteil, den die Eltern in diesem Fall zahlen, sinkt von monatlich 300 auf 108 Euro. Bei Familien mit zwei Kindern, die jeweils Krippe und Kita für acht Stunden am Tag besuchen, sinkt der jährliche Beitrag für Familien sogar um 3072 Euro.
Auf die Stadt kommen dagegen erhebliche Kosten zu: für 2014 gut 30 Millionen Euro zusätzlich, für 2015 etwa 75Millionen Euro. Im kommenden Jahr gibt Hamburg dann 662,6 Millionen Euro für den gesamten Kita-Bereich aus – für zusammen rund 59.000 Kinder. Es gibt allerdings nicht nur Zustimmung zum Kita-Ausbau. So fordert etwa der Landeselternausschuss (LEA) seit geraumer Zeit, das Geld nicht in Gebührensenkungen, sondern in einen besseren Betreuungsschlüssel und die Qualität der Kinderbetreuung zu stecken. Zudem solle etwa der Betreuungsschlüssel in Krippen (derzeit kommt ein Betreuer auf durchschnittlich 5,2 Kinder) auf eins zu vier zu gesenkt werden. Hamburg weist laut einer Studie der Bertelsmann-Stiftung mit diesem Wert das schlechteste Ergebnis in Westdeutschland auf. Ideal sei laut Stiftung ein Verhältnis von eins zu drei.
Für Olaf Scholz zählt das Ergebnis. Im Gegensatz zu anderen Bundesländern mit einem besseren Betreuungsschlüssel könne Hamburg vermelden, dass es noch freie Kita-Plätze gebe. „Es war eine große Kraftanstrengung, aus dem Haushalt heraus und in kurzer Zeit ein flächendeckendes Angebot zu schaffen.“ Hoffnung, dass es absehbar günstigere Betreuungsschlüssel geben könnte, macht Scholz daher nicht, er spricht von einem Zeitraum in den „nächsten Jahrzehnten“.
Unterdessen ist die Zurückhaltung der Kita-Kinder am Rübenkamp verschwunden. Wo er denn das WM-Finale gesehen habe, will ein Junge wissen. „Zu Hause“, antwortet Olaf Scholz, „mit meiner Frau.“