In manchen Kiez-Kneipen herrscht auch am Vormittag noch reger WM-Betrieb. Nach der großen Feier auf der Reeperbahn begannen dort derweil die Aufräumarbeiten.
Hamburg. In den vorbeifahrenden Autos gähnen müde Gesichter, ein Trupp der Stadtreinigung türmt auf dem Gehweg mit blendender Laune Plastikreste zusammen. Nach dem Rausch der Weltmeisternacht begann am Montagmorgen auf der Reeperbahn das Aufräumen - doch einige haben noch nicht genug gefeiert, dehnen die Fußball-Party bis zum Mittag aus.
„Ist das wahr? Ist das wahr? Ja, isses! Weltmeister!“, schallt ein Frauenruf aus dem „Goldenen Handschuh“ am Hamburger Berg. Der Rauch hängt wie schwerer Nebel im Kneipenraum, aus den Musikboxen tönt Elektro-Pop. Deutschland-Fan Steffen (34) bestellt noch einen weltmeisterlichen Absacker. „Lothar Matthäus!“, ruft seine Gruppe von zehn Deutschland-Fans zum Toast. Die Fußballhelden von Rio haben sie schon einzeln feierlich begossen, jetzt sind die Legenden dran.
Vor der Kneipe „Zum Rettungsring“ an der Silbersackstraße steht Jochen und umarmt einen guten Freund innig. „Ich hab‘s dir immer gesagt, immer gesagt“, brummt er, seine braungegerbte Haut zieht breite Lachfalten. Seit zehn Jahren wohnt der 46-Jährige auf St. Pauli, für ihn ist es „der schönste Tag meines Lebens, mindestens“.
Drinnen läuft das Finale auf einem Fernseher in Dauerschleife, ab und zu schielen die beiden stolz hinüber, ein bisschen so, als hätten sie Mario Götze höchstpersönlich letzte Anweisungen gegeben.
„Ich habe mich kurz hingelegt, aber hab‘s nicht lange im Bett ausgehalten“, sagt Jochen. Bis vier Uhr morgens zogen die Horden von glückseligen Fans vor seinem Fenster vorbei, immer wieder hörte er die „Hinsetzen!“-Rufe, wackelnde Autos, Glücksgefühle außer Rand und Band. „Wir feiern jetzt noch im kleinen Kreis, das haben die Jungs in Brasilien verdient“.
Um halb elf Uhr morgens treten auch einige hartgesottene Fans die Heimreise an. Aus der „Hans-Albert-Klause“ schleichen drei Frauen in den Trikots von Mats Hummels, das Morgenlicht schmerzt in ihren Augen.
„So, jetzt ist aber auch mal gut“, sagt ein Mann mit gemütlichem Bauch am Tresen. „Ich haue auch mal in den Sack und lege mich schlafen. Und wehe, mir sagt morgen einer, dass das alles nur ein Traum wahr.“