Die Kita-Leiterin hat laut der Zeugin angegeben, dass es bis auf wenige Kratzer keine Besonderheiten bei Yagmur gegeben habe. Doch ihre Aussage steht im krassen Widerspruch zu Angaben der einzelnen Erzieherinnen.

Hamburg. Missverständnisse, verspätete Weitergabe von Informationen, fehlende schriftliche Notizen: Im Prozess gegen die Eltern der getöteten Yagmur, 3, hat eine Polizeibeamtin am Mittwoch vorm Landgericht von diversen Unstimmigkeiten berichtet, die den Kita-Besuch des Mädchens betreffen. „Die Kita wusste nicht vom ersten Tag an, dass sie ein besonderes Auge auf das Kind haben sollen“, sagte die 38-Jährige, die an den Ermittlungen zur Kita Kandinskyallee in Mümmelmannsberg beteiligt ist. Yagmur hatte die Einrichtung vom 5. bis 30. August 2013 besucht.

Die Polizeibeamtin vom Dezernat interne Ermittlungen wies explizit darauf hin, dass Yagmur die Kita bereits eine Woche lang besucht habe, bevor sich der Allgemeine Soziale Dienst (ASD) telefonisch bei der Leiterin gemeldet habe. Der ASD informierte die Kita darüber, dass Yagmur erst seit dem 1. August wieder bei ihren Eltern lebte und sie zuvor in einer Pflegefamilie und in Kinderschutzhaus war. Bei diesem Gespräch hat die Kita offenbar auch von ungeklärten Verletzungen erfahren, für die die Eltern oder die Pflegemutter verantwortlich sein könnten. Deshalb wies der ASD die Kita-Leiterin an, besonders auf das Kind zu achten.

Ein schriftlichen Vermerk zu dieser Anweisung ist in den Kita-Akten jedoch nicht zu finden. „Es wurde nur mündlich weitergegeben“, so die Zeugin. Den Erzieherinnen sei aber nicht bewusst gewesen, was wirklich dahinter stecke. Auch den speziellen Kita-Gutschein für Yagmur, der deutlich macht, dass der Kita-Besuch eine Kontrollfunktion hat und zwingend ist, konnte in den Unterlagen nicht gefunden werden. Das bestätigte die Polizeibeamtin, die bei der Durchsuchung der Kita am 11. April dabei war. „Wir haben Dienstpläne, Anwesenheitslisten und alle Akten, die Yagmur betreffen, sichergestellt“ Demnach war das Mädchen insgesamt an 17 Tagen in der Kita, an drei Tagen fehlte sie entschuldigt. „Die Erzieherinnen gaben an, dass sie ein sehr fröhliches Kind war, dem es nicht schwer fiel, sich in die Gruppe zu integrieren“, sagte die Polizistin. Ab September kam das Kind nicht mehr in die Kita. Der ASD akzeptierte letztlich die Begründung der Mutter, mehr Zeit mit ihrer Tochter verbringen zu wollen.

Nach Angaben der Zeugin hat ein ASD-Mitarbeiter einen Tag nach Yagmurs Tod die Kita-Leiterin nach besonderen Auffälligkeiten gefragt. Geantwortet habe diese, dass es bis auf wenige Kratzer keine Besonderheiten gegeben haben. Eine Aussage, die im krassen Widerspruch zu den Angaben der Erzieherinnen stehen. Diese hatten gegenüber der Kriminalbeamtin, die nur wenige Stunden nach Yagmurs Tod in der Kita war und bereits vor drei Wochen im Prozess ausgesagt hatte, von diversen Verletzungen gesprochen: ihnen waren häufig blaue Flecken, Kratzer und Beulen im Gesicht des Kindes aufgefallen.

Die Staatsanwaltschaft wirft der Mutter Mord aus Hass auf ihre Tochter vor. Ihr Ehemann soll tatenlos mit angesehen haben, wie seine Frau Yagmur über Monate immer wieder misshandelte.