Schülerwettbewerb und Plakate sollen der Verharmlosung der Droge entgegenwirken. Die führt nicht selten zu schulischen Problemen, Entwicklungsverzögerungen und sogar psychischen Erkrankungen.

Hamburg. Die Zahlen sind „besorgniserregend“, wie Hamburgs Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks findet: Fast jeder dritte Jugendliche in der Hansestadt hat schon einmal gekifft, sieben Prozent der 14- bis 17-Jährigen haben einen problematischen Cannabis-Konsum und sind abhängig – Tendenz steigend. Aus diesem Grund startet die SPD-Politikerin jetzt eine 100.000 Euro teure Kampagne, die die Jugendlichen über die Gefahren und Risiken der Droge aufklären soll. Motto der Kampagne: „Bleib stark! Bleibt Du selbst!“

Kern der Aktion ist ein Wettbewerb, bei dem Jugendliche über einen Zeitraum von zwölf Wochen eigene Beiträge – also Video-Clips, Plakate und Texte – im Internet unter www.bleib-stark.com hochladen und sich ernsthaft, kritisch und möglichst geistreich mit dem Thema auseinandersetzen können. Die Beiträge werden von Besuchern der Website bewertet, eine Fachjury kürt am Ende die Gewinner. Gesundheitssenatorin Prüfer-Storcks ist es wichtig, dass die Kampagne Jugendliche einbezieht, damit sie glaubwürdig ist. „Wir haben diese Form der Auseinandersetzung gewählt, weil wir glauben, dass dies mehr bringt als wenn die Gesundheitssenatorin mit erhobenem Zeigefinger warnt“, sagte sie bei der Vorstellung am Dienstagmittag. Daneben gibt es Informationsmaterial für Eltern und Fachkräfte, einen Info-Stand auf dem Rathausmarkt sowie einen Filmspot, der kostenlos von Hamburger Kinos gezeigt wird. Auch in ihm kommen Jugendliche zu Wort und setzen sich mit den Risiken des Kiffens auseinander.

Cannabis-Konsum bei Jugendlichen steigt

Die sind nach Überzeugung von Fachleuten nicht zu unterschätzen. Insbesondere bei Kindern und Jugendlichen kann Cannabis zu Entwicklungsverzögerungen führen, Aufmerksamkeit und Gedächtnisleistungen einschränken, schulische, berufliche und familiäre Probleme nach sich ziehen und sogar psychische Erkrankungen auslösen. Verharmlosungstendenzen will die Kampagne nach den Worten von Prüfer-Storcks entgegenwirken. Zu gewinnen gibt es bei dem Wettbewerb Klassenreisen, Digitalkameras und Tablett-Computer.

Die jüngste „Schulbus“-Studie („Schüler- und Lehrerbefragung zum Umgang mit Suchtmitteln“) hatte vor einem Jahr gezeigt, wie stark der Cannabis-Konsum unter Hamburgs Jugendlichen steigt. So ist der Anteil der 13- bis 17-Jährigen in Hamburg, die schon mal einen Joint geraucht haben, von 23 Prozent im Jahr 2007 auf 29 Prozent gestiegen. Auf die Frage, ob sie in den vergangenen 30 Tagen Haschisch konsumiert hatten, antworteten 17 Prozent der befragten Jugendlichen mit Ja. Bei der Erhebung 2007 waren es noch neun Prozent gewesen. In ländlichen Regionen spielt Cannabis der Studie zufolge eine geringere Rolle als in der Hansestadt; mit Alkohol verhält es sich umgekehrt. Während in Hamburg 25 Prozent der Kids regelmäßig Alkohol trinken, sind es auf dem Land 35 Prozent. Dafür hatten im ländlichen Bereich lediglich vier bis acht in den vorangegangenen 30 Tagen gekifft. Die Landesstelle für Suchtfragen hatte die „Schulbus“-Studie mit Unterstützung des Bundesministeriums für Gesundheit in Hamburg sowie in zwei weiteren Städten, zwei gemeinden und einem Landkreis durchgeführt, um Vergleichswerte zu bekommen.

Der Suchtforscher Professor Rainer Thomasius, Leiter des Deutschen Zentrums für Suchstfragen des Kindes- und Jugendalters am UKE, warnt seit Jahren vor den Gefahren des Cannabis-Konsums. Denn Studien zeigen, dass regelmäßiges Kiffen zu Veränderungen im Gehirn führen. Die Jugendlichen riskieren Gedächtnis-, Aufmerksamkeits- und Intelligenzdefizite sowie Entwicklungsrückständen. Zudem kann Cannabis Psychosen auslösen. Deshalb ist Thomasius besorgt: „Besonders Jugendliche rauchen immer häufiger Cannabis-Produkte – und früher“, hat er bereits vor Monaten gewarnt. Dennoch: „Cannabis ist in den vergangenen Jahren aus dem Fokus der Suchtprävention geraten.“ Das soll sich nun ändern.