Das sagen Hamburger Rechtsanwälte und machen dem Kreuzfahrt-Konzern Tui und den Behörden Vorwürfe. Anwohner dürften bei Helene-Fischer-Auftritt nicht gegängelt werden.
Hamburg.Hamburger Rechtsanwälte halten die für Donnerstag rund um den St. Pauli Fischmarkt geplanten Ausweiskontrollen von Anwohnern durch die Kreuzfahrtgesellschaft Tui Cruises für rechtswidrig. „Anwohner haben das Recht, über öffentliche Wege unkontrolliert zu ihrer Wohnung zu gelangen“, sagt Rechtsanwalt Marc Meyer vom Anwaltsbüro Schulterblatt 36. Die Kanzlei, bestehend aus sieben Anwälten, wird von der Hanseatischen Rechtsanwaltskammer Hamburg als Spezialist für unter anderem Verwaltungs- sowie Polizeirecht ausgewiesen. „Wenn man zum Passieren einen Ausweis benötigt, verletzt das das elementare Grundrecht der Handlungsfreiheit“, so Meyer.
Tui Cruises hatte zuvor angekündigt, aus Sicherheitsgründen anlässlich der Taufe von „Mein Schiff 3“ und dem damit verbundenen Konzert von Schlagerstar Helene Fischer im Zuge einer Personenzählung die Adressen der Anwohner des Fischmarkts und der Großen Elbstraße überprüfen zu wollen. Da die Straßenzüge für die Veranstaltung gesperrt werden sollen, dürften Anwohner demnach nur über einen Nachweis ihrer Wohnanschrift die separaten Zuwege zu ihren Wohnungen und Geschäften passieren. Zahlreiche Abendblatt-Leser hatten daraufhin die Frage aufgeworfen, ob das Vorgehen von Tui in dieser Form zulässig ist.
„Da eine Aussage ‚Ich wohne da, ich muss da rein’ nicht ausreicht, bitten wir alle Anwohner ihre Zugangsberechtigung mittels Personalausweis nachzuweisen“, so Tui-Sprecherin Godja Sönnichsen.
Anwalt Meyer und seine Kanzlei-Kollegen halten diese Maßnahme für höchst problematisch. „Nur öffentliche Stellen wie die Polizei sind befugt, von Personen einen Ausweis zu verlangen“, sagt Meyer. Die Anwälte sehen vor allem das Bezirksamt Altona in der Verantwortung. „Die Behörde hat nach unserem Eindruck eine Genehmigung für eine Veranstaltung erteilt, die in der Form nicht genehmigungsfähig ist“, meint Meyer.
Die Behörde habe zwar für die Sicherheit bei Großveranstaltungen zu sorgen, die Zuwege zu den Wohnungen müssten nach seiner Einschätzung aber öffentlich bleiben. Sie dürften nicht als Sondernutzungsfläche gelten, also nicht zur Veranstaltungsfläche dazu zählen.
Meyer und seine Kollegen gehen sogar noch einen Schritt weiter: „Was passiert, wenn ein Anwohner zum Beispiel Besuch erwartet oder gar eine Party mit zahlreichen Gästen feiert, was sein gutes Recht ist?“ Tui könne zwar eine Liste mit den Namen aller geladenen Gäste verlangen, das Recht dazu habe der Veranstalter aber nicht. „Veranstalter und Behörde müssen den Anwohnern garantieren, von der Veranstaltung fernbleiben zu können, wenn sie es wollen. Die Zuwege müssen frei betretbar für jedermann sein.“
Betroffen sind der Fischmarkt und die Große Elbstraße (zwischen De-Voß-Straße und Fischmarkt). Ab 30 Minuten vor Veranstaltungsbeginn am Donnerstag um 17.30 Uhr wird die Große Elbstraße zwischen Carsten-Rehder-Straße und dem Fischmarkt bis etwa 23 Uhr gesperrt. Die Buttstraße und die Carsten-Rehder-Straße sind für Anlieger geöffnet.
Das Bezirksamt Altona erklärt dazu, man habe bei der Genehmigung einer Großveranstaltung sowohl die Interessen der Stadt als auch die der Anwohner zu berücksichtigen, so Sprecherin Kerstin Godenschwege. "Das ist natürlich immer ein Spagat; der Veranstalter muss laut Versammlungsstättenverordnung sowohl die Sicherheit garantieren als auch den Anwohnern den Zugang zu ihren Wohnungen gewährleisten." Eine Kontrolle rund um die Veranstaltungsfläche sei daher erforderlich.