Die Umsetzung des 133,5 Millionen Euro teuren PC-Programms Jus-IT verzögert sich erneut. FDP und Linke üben Kritik am SPD-Senat. Sie befürchten, dass das Projekt zur „digitalen Elbphilharmonie“ werden könnte.

Hamburg. Das umstrittene Computerprogramm Jus-IT, mit der Jugendhilfe, Sozialhilfe und Wohngeld in Hamburg neu organisiert werden, sorgt erneut für Ärger: Bei der Umsetzung der kostspieligen Software kommt es abermals zu Verzögerungen. In der jüngsten Sitzung des Familienausschusses wies Sozialsenator Detlef Scheele (SPD) die Gremiumsmitglieder darauf hin, dass sie einem gerade drei Wochen alten Senatsantrag zum Dokumentationssystem Jus-IT nun doch nicht zuzustimmen müssten. In dem Papier geht um die Budgeterhöhung um 21,5 Millionen Euro zugunsten des Software-Projekts, das somit 133,5 Millionen Euro kosten wird.

„Das Vorgehen des Sozialsenators zeigt, dass der SPD-Senat das Durcheinander aus Kostensteigerungen und Zeitverzögerungen in Sachen IT immer noch nicht in den Griff bekommen hat“, kritisierte der FDP-Bürgerschaftsabgeordnete Finn Ole Ritter. Offenbar habe der Generalunternehmer IBM den Senat zuletzt am Freitag vor der Ausschusssitzung über eine mehrmonatige Verzögerung informiert. Mit einer Kleinen Anfrage an den Senat will Ritter nun klären, wieso die Kommunikation zwischen den Beteiligten bei einem derart „hochsensiblen Problemprojekt“ so schlecht ist. „Klar ist: Spätestens zu den Haushaltsberatungen muss der endgültige Zeit- und Kostenplan feststehen“, sagte der FDP-Politiker. „Eine digitale Elbphilharmonie darf es nicht geben.“

Auch Mehmet Yildiz, familienpolitischer Sprecher der Linken-Bürgerschaftsfraktion, befürchtet „ein Desaster wie bei der Elbphilharmonie“, sollte Jus-IT nicht überprüft werden. „Dieses Wahnsinnsprojekt muss endlich gestoppt werden, bevor es noch mehr Schaden anrichtet.“ In der offenen Kinder- und Jugendarbeit müsse jeder Cent umgedreht werden, aber für unsinnige Großprojekte wie Jus-IT werfe der Senat das Geld aus dem Fenster. Yildiz: „Ich glaube dem Senator kein Wort, wenn es um Jus-IT geht.“

Die Sozialbehörde sieht die aktuelle Situation anders. „Senator Scheele hat dem Familienausschuss die Zustimmung zum Senatsantrag freigestellt, da das zweite der drei Teilprojekte von Jus-IT noch nicht abgeschlossen ist und die zusätzlichen 21,5 Millionen jetzt noch nicht benötigt werden“, sagte Behördensprecher Marcel Schweitzer. Vor einer Woche sei die Sozialbehörde darüber informiert worden, dass der Hersteller IBM die Umsetzung von Jus-IT im Bereich der Jugendhilfe nicht wie geplant Ende Juli abgeschlossen haben wird. „Es geht um eine Verzögerung von voraussichtlich drei Monaten“, so Schweitzer. Erst wenn dieses Projekt abgeschlossen sei, unterschreibe der Sozialsenator den Vertrag für das dritte Teilprojekt, das den Bereich Sozialhilfe und Wohngeld betreffe.

In den vergangenen Wochen hatten Mitarbeiter des Allgemeinen Sozialen Dienstes immer wieder gegen Jus-IT protestiert und die Abschaffung des Computerprogramms gefordert. Es sei kompliziert, zeitraubend, fehlerbehaftet und diene zur Überwachung, kritisierten die Jugendamtsmitarbeiter.