Jürgen Büllesbach, Chef der Bayerischen Hausbau, will den umstrittenen Anteil der Sozialwohnungen erhöhen. Eine Zwischennutzung lehnt er aber ab
Hamburg/München. Wie geht es weiter mit dem Esso-Häuser-Grundstück am Spielbudenplatz? Der Abriss der maroden Gebäude ist in vollem Gange. Bezirk und Eigentümer streiten über den Anteil der Sozialwohnungen in einem Neubau. Das Areal gehört seit 2009 der Bayerischen Hausbau. Das Abendblatt sprach mit Jürgen Büllesbach, 46, dem Vorsitzenden der Geschäftsführung. Er bietet erstmals einen Kompromiss an, spricht über sein Verhältnis zu der Initiative Esso-Häuser, den Zeitplan sowie eine Zwischennutzung und Fehler der Vergangenheit.
Hamburger Abendblatt:
Die Bayerische Hausbau hat das Grundstück vor fünf Jahren erworben. Seitdem gibt es kontroverse Diskussionen über die Pläne für die Esso-Häuser, die nun abgerissen werden. Hatten Sie mit diesen Schwierigkeiten gerechnet?
Jürgen Büllesbach:
Wir wussten um die besondere Lage mitten auf dem Kiez und um die Sensibilität des Projekts. Allerdings hat uns die Intensität der Diskussionen überrascht.
Hat die Bayerische Hausbau Fehler gemacht?
Büllesbach:
Ja. Dass wir zunächst exklusive Gespräche mit der Initiative über die Zukunft der Esso-Häuser geführt haben, war ein Fehler. Denn die Initiative spiegelt weder die Meinung aller Mieter noch die des Stadtteils wider. Außerdem hätten wir beim Bezirk intensiver auf den unvermeidlichen Abriss drängen müssen. So hätten wir unseren Mietern die Unannehmlichkeiten ersparen können, die ihnen durch die Zwangsräumung infolge der Einsturzgefahr entstanden sind, und uns all den Aufwand und die zusätzlichen Kosten.
Was halten Sie von der Initiative Esso-Häuser?
Büllesbach:
Ich habe Respekt, wenn sich Menschen engagieren. Und in der Betreuung der Mieter hat die Initiative gerade nach der Räumung der Häuser Großartiges geleistet. Allerdings muss man ihr in manchen Fällen auch Realitätsverweigerung bescheinigen. So zum Beispiel, als sie die Zwangsläufigkeit eines Abrisses nicht akzeptieren wollte, obwohl der katastrophale Zustand der Häuser durch mehrere Expertisen hoch renommierter Hamburger Sachverständigenbüros bereits 2011 festgestellt worden war.
Wie würden Sie das Verhältnis der Bayerischen Hausbau zu Politik und Verwaltung im Bezirk Mitte beschreiben?
Büllesbach:
Wir führen konstruktive Gespräche mit Politik und Verwaltung.
Die Anzahl der öffentlich geförderten Wohnungen in dem geplanten Neubau sind ein Streitpunkt. Wie soll es jetzt weitergehen?
Büllesbach:
Wir sind zu Kompromissen bereit. Auch wenn es um die geforderten 50 Prozent öffentlich geförderter Wohnungen geht. Es gibt praktikable Möglichkeiten, das Delta zwischen der Forderung des Bezirks und dem von uns angebotenen Drittel zu füllen, etwa durch Baugemeinschaften, Studenten- oder Seniorenwohnungen, die auch öffentlich gefördert werden können. Dass wir Wohnraum im Umfang der bisherigen Wohnbebauung im ersten Förderweg errichten wollen, steht ohnehin außer Frage.
Wie viel Zugeständnisse sind Sie bereit zu machen?
Büllesbach:
Eines steht fest. Dieses Bauvorhaben muss sich für uns wirtschaftlich lohnen. Am Ende müssen wir damit auch Geld verdienen. Wenn das wegen eines zu hohen Anteils öffentlich geförderter Wohnungen nicht mehr möglich ist, dann sind wir nicht in der Lage, es zu realisieren. Aber das will natürlich keiner. Denn: Die Menschen auf St. Pauli erwarten zu Recht, dass Bewegung in die Angelegenheit kommt. Dieser Verantwortung müssen alle vor Ort Handelnden jetzt gerecht werden.
Wie geht es mit dem Bauvorhaben jetzt weiter?
Büllesbach:
Wir wollen nun gemeinsam mit der Stadt einen Architektenwettbewerb ausloben und hoffen, dass das bis Ende des Jahres klappt. Aber dafür muss zunächst geklärt werden, was genau gebaut werden darf.
Wie stehen Sie zur Bürgerbeteiligung?
Büllesbach:
Die Beteiligung der Bürger im Zusammenhang mit dem Neubau ist unheimlich wichtig. Die Menschen vor Ort müssen so früh wie möglich eingebunden werden. Dadurch gibt es auch für uns als Investor wertvolle Anregungen. Dieser Beteiligungsprozess kann aber nicht von uns und auch nicht von der Initiative, sondern muss durch den Bezirk gesteuert werden. Dem kann auch niemand ernstlich Parteilichkeit vorwerfen.
Wie ist Ihr Zeitplan?
Büllesbach:
Das Bebauungsplanverfahren im Anschluss an den Architektenwettbewerb erfordert seine Zeit. Ich gehe von einem Baubeginn nicht vor Ende 2016 und einer Fertigstellung im Jahre 2018 aus.
Soll die Fläche bis dahin zwischengenutzt werden? Ein Beach-Club war im Gespräch oder auch Container mit Aussichtsplattform.
Büllesbach:
Ich kenne diese Ideen. Aber es wird keine solche oder andere Nutzung dieser Fläche geben, allein schon aus statischen und aus Sicherheitsgründen.
Planen Sie weitere Projekte in Hamburg?
Büllesbach:
Natürlich. Wir haben vor Kurzem 141 Wohnungen in Lokstedt gebaut. Unsere Mitarbeiter sind auf der Suche nach neuen Standorten in der Hansestadt.
Haben Sie im Zusammenhang mit den nicht enden wollenden Diskussionen über die Esso-Häuser schon mal an den Verkauf des Grundstücks gedacht?
Büllesbach:
Nein. Wir sind es gewohnt, dass innerstädtische Projekte ihre Zeit brauchen und dass es Widerstände gibt. Am Ende zählt das Ergebnis, und das wird auch bei den Esso-Häusern ein Neubau sein, der ein Gewinn für den Standort ist. Wichtig ist für mich: Wir sind nicht der böse Investor aus München, sondern wir sind ein verlässlicher und halten uns an Absprachen. Immer. Man kann uns vertrauen.