Bei den Demos am 1. Mai wurden Polizisten direkt angegriffen. 20 Beamte wurden dabei verletzt. Das Ausmaß der Gewalt gegen Einsatzkräfte habe erneut zugenommen.

Von André Zand-Vakili

Hamburg. Massive Flaschen- und Steinwürfe, selbst hergestellte Pyrotechnik und Stangen als Schlagwerkzeuge: Das Arsenal der gewaltbereiten Demonstranten, die sich am 1. Mai am Pferdemarkt mit der Polizei heftige Auseinandersetzungen geliefert haben, hätte zu schweren Verletzungen führen können. „Das Ausmaß der Gewalt gegen Polizeibeamte hat zugenommen“, kommentiert Joachim Lenders, Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft, diese Entwicklung und ist dabei im Einklang mit Polizeisprecher Mirko Streiber. Gewalttätige Demonstrationen zum 1.Mai, das hat auch in Hamburg eine traurige und lange Tradition. Diesmal hätten viele Polizisten jedoch den Eindruck gehabt, dass Wurfgeschosse viel gezielter gegen einzelne Beamte eingesetzt wurden. „Polizeiketten wurden direkt angegriffen, das war neu für uns“, sagt Streiber.

20 verletzte Polizisten, vor allem Beamte der Bereitschaftspolizei aus Eutin, die sich am Neuen Pferdemarkt einem Hagel von Wurfgeschossen ausgesetzt sahen, sind die Bilanz der Auseinandersetzung. „Dass die Kollegen weiter dienstfähig sind, dürfte nur der guten Schutzausrüstung geschuldet sein, über die sie verfügen“, so Lenders. Auch aufseiten der Demonstranten gab es viele Verletzte, ein Sanitäter sprach von 50.

Lenders geht davon aus, dass es auch in Zukunft zu brutalen Zusammenstößen bei Demonstrationen kommen wird. „Hamburg und Berlin sind Städte, die damit leben müssen, weil es hier einfach ein entsprechendes Potenzial an gewaltbereiten Extremisten gibt. Man kann nur hoffen, dass ihnen Grenzen aufgezeigt und Gewalttaten konsequent verfolgt werden.“

Den Einsatz bewertet die Polizei aber generell als Erfolg. „Es hat zwar zwei massive Konfrontationen während der Demonstration gegeben“, sagt Streiber. „Die blieben aber kurz.“ Weitere Auseinandersetzungen nach der Demonstration konnten verhindert werden. Das sei laut dem Polizeisprecher eine positive Folge des „konsequenten Einschreitens“ und der starken Polizeipräsenz. Auch konnten im Zusammenhang mit der Demonstration 15 Gewalttäter ermittelt werden, denen Landfriedensbruch, Körperverletzung oder Sachbeschädigung vorgeworfen werden.

Vor allem die als „Antiimperialisten“ bezeichneten Linksextremen, die in Hamburg ihr Zentrum an der Brigittenstraße haben, gelten als besonders gewaltbereit. Sie orientieren sich auch an terroristischen und kommunistischen Gruppen im Ausland. Gewalt, durchaus auch tödliche, wird in Kauf genommen. So bezeichnete laut Verfassungsschutzbericht die Rote Szene Hamburg (RSH) einen Anschlag in Indien, bei dem Menschen getötet wurden, als „taktischen Angriff“. Zu den Getöteten hieß es lakonisch, man habe „kein Mitleid mit den herrschenden Imperialisten und ihren Lakaien“. In Hamburg wird der harte Kern der Szene mit 100 Personen beziffert. Neben der RSH, die auch bei der Mai-Demonstration als massiver Block präsent war, gehören die Sozialistische Linke (SoL), das Bündnis gegen imperialistische Aggression, (BgiA) oder die Gruppe ATES.H – angelehnt an die türkische Bezeichnung für Feuer – zu dem Spektrum. Für sie ist nach Erkenntnissen des Verfassungsschutzes „Gewalt ein notwendiger Bestandteil ihres Kampfes gegen das System“. Während Autonome zu spontaner Gewalt neigen würden, planten Antiimperialisten ihre Taten längerfristig und mit strategischem Kalkül. Dazu passt auch, dass ganz gezielt versucht wird, Jugendliche und junge Erwachsene für den „Kampf auf der Straße“ anzuwerben.

Die Demonstration am 1.Mai werden jene Antiimperialisten, vor allem im internen Vorherrschaftsgerangel im linken Spektrum Hamburgs, für sich als Punktgewinn verbuchen. Während die linksautonome Szene zu ihrer friedlich verlaufenden Demo am Abend des 30.April, die unter dem Motto „Freedom of movement now“ stand, lediglich 1400 Teilnehmer mobilisieren konnte, brachten die Antiimperialisten nach Schätzungen der Polizei 2200 Teilnehmer zu ihrem Aufzug, der unter dem Titel „Das Proletariat hat kein Vaterland“ lief, auf die Straße. „Wir hatten mit ebenfalls 1400 bis 1500 Demonstranten gerechnet“, sagt ein Polizist. „Offensichtlich ist es den Gruppierungen gelungen, auch überregional zu mobilisieren.“