Bei der Mai-Demonstration eines linken Bündnisses ist es am Donnerstagabend zu schweren Ausschreitungen gekommen. Immer wieder flogen Böller und Flaschen. Die Polizei verkürzte die Route.
St. Pauli. Nach den Ausschreitungen bei der „Revolutionären 1. Mai“-Demonstration im Hamburger Schanzenviertel hat es in der Nacht zum Freitag keine weiteren Zwischenfälle gegeben. Die traditionellen Krawalle der linken Szene seien in diesem Jahr ungewöhnlich aggressiv ausgefallen, sagte ein Polizeisprecher. Demnach wurden 50 Demonstranten und 20 Polizeibeamte verletzt.
Am Donnerstagabend war es bei der Mai-Demonstration eines linken Bündnisses unter dem Aufruf „Hamburg sieht rot“ zu schweren Ausschreitungen gekommen. Der Aufzug war von Anfang an von aggressiver Stimmung der rund 2200 Teilnehmer geprägt. Immer wieder flogen Böller und Flaschen. Viele Demonstranten vermummten sich. Die Polizei bezifferte den harten Kern der gewaltbereiten Teilnehmer auf 500 Menschen und verkürzte die Route, die nicht mehr wie geplant über die Reeperbahn verlief. Das, sagte Polizeisprecher Mirko Streiber, wäre zu gefährlich für unbeteiligte Passanten gewesen.
Schließlich löste der Einsatzführer den Aufzug auf. Anschließend kam es am Neuen Pferdemarkt und auf dem Neuen Kamp zu schweren Zusammenstößen, bei denen die Polizei auch Wasserwerfer einsetzte. Es gab Verletzte auf beiden Seiten. Ein Sanitäter sprach zunächst von 50 Verletzten. Acht Krawallmacher wurden festgenommen, zwei weitere kamen vorübergehend in Polizeigewahrsam. Die Polizei setzte rund 1800 Beamte ein, darunter 300 Bereitschaftspolizisten aus Schleswig-Holstein und Beamte der Bundespolizei.
Auf der Budapester Straße war es zum ersten Zwischenfall gekommen, als Demonstranten Bengalisches Feuer zündeten. Am Millerntorplatz stoppte die Polizei um kurz nach 19 Uhr den Zug, kurz nachdem die Einsatzleitung die Route geändert hatte. Autonome warfen Gegenstände auf die Beamten. „Lassen Sie die Steine liegen, sonst setzen wir Wasserwerfer ein. Vermummen Sie sich nicht, das ist eine Straftat. Es ist ja nicht kalt. Das ist die letzte Warnung“, verkündete die Polizei um 19.17 Uhr durch Megafone. Für kurze Zeit eskalierte die Situation. Die Polizei setzte einen Wasserwerfer als Warnung ein.
Danach entspannte sich die Lage, und die Demonstration ging zunächst weiter, allerdings auf der verkürzten Route. Der Aufzug führte nun über die Glacischaussee – anstelle der Reeperbahn – und zurück zum U-Bahnhof Feldstraße. Das sei mit den Veranstaltern so abgesprochen, teilte die Polizei mit. Bevor der Demonstrationszug gegen 18.45 Uhr gestartet war, hatten sich Unterstützer der Lampedusa-Gruppe zu einer „Vollversammlung“ getroffen. Sie hatten die seit einem Jahr leer stehende Grundschule an der Laeiszstraße12 kurzerhand besetzt, zum „Welcome-Center“ für Flüchtlinge erklärt und Toilettenpapier meterlang aus den Fenstern gerollt. Rund 150 Teilnehmer, darunter einige Lampedusa-Flüchtlinge, forderten Bleiberecht und Arbeitserlaubnis für Flüchtlinge.
An der Glacischaussee brennen zwei Autos des Carsharing-Anbieters Car2go
Die Lampedusa-Unterstützer räumten die besetzte Schule am Abend freiwillig. Danach meldete Rote-Flora-Sprecher Andreas Blechschmidt eine Spontan-Demonstration an, und 830Teilnehmer zogen noch am späten Abend durch die engen Straßen des Karoviertels. Beobachter nahmen wieder eine „aggressive Grundstimmung“ wahr. Etwa zur gleichen Zeit brannten an der Glacischaussee zwei Smarts des Carsharing-Anbieters Car2go, ein drittes Auto wurde durch die Flammen beschädigt. Auch an der Budapester Straße brannte es gegenüber der Fankneipe Jolly Roger. Unbekannte warfen zudem die Fensterscheiben eines SPD-Büros an der Clemens-Schultz-Straße ein.
Mit Plakaten, Graffiti und einem „Mobvideo“ im Internet hatte das linke Bündnis zur Demonstration am 1. Mai aufgerufen. Mit Parolen wie „Hamburg dreht durch. Heraus zum 1. Mai“ und „1. Mai – Straße frei, nieder mit der Polizei“ rüsteten die Akteure bereits Tage vor der „revolutionären“ Aktion verbal auf. Der Protest der Roten Szene Hamburg (RSH) richtet sich gegen das „kapitalistische System“. Kritisiert wurden niedrige Löhne, steigende Mieten und die Flüchtlingspolitik des Senats. Auf Kritik stieß auch der Verfall der Esso-Häuser. Immer wieder riefen die Demonstranten Parolen wie „Ganz Hamburg hasst die Polizei“ und „Hoch die Internationale Solidarität“. Es wehten rote Fahnen der „Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend“ von Spartakisten und anderen linken Gruppen. Am Bunker Feldstraße entrollten sie das Banner „Gegen jeden Antisemitismus – Arbeiterklasse unterstützt Israel“.