Aktivisten der Initiative „Lebensmittelretten.de“ holen abgeschriebene Waren von Betrieben ab und verteilen sie an bedürftige Einrichtungen. Freiwillige trafen sich am Wochenende beim 3. Foodsaver-Bundestreffen in Hamburg.

Jenfeld. Der Name der Initiative ist zugleich ihre Mission: „Lebensmittelretten.de“, heißt der Zusammenschluss von rund 2500 engagierten Bürgern in Deutschland, Österreich, Liechtenstein und der Schweiz. Am Wochenende trafen sich ihre Mitglieder in Jenfeld zum 3. „Foodsaver“-Kongress.

Weltweit, so schätzen Experten, landen jedes Jahr rund 1,3 Milliarden Tonnen Lebensmittel auf dem Müll. Um die 100 Freiwillige, darunter etliche Studenten, haben sich am Sonntag im Stadtteilzentrum Jenfeld-Haus versammelt, um sich zu dem Thema auszutauschen. Es ist Mittag: Gemeinsames Kochen, Projektarbeit und mehr liegt hinter ihnen, nun naht das Ende des Events. Auf einem Tisch im Vorraum sind Lebensmittel aufgereiht, natürlich solche, die zuvor „gerettet“ wurden.

Es geht um den Ausbau der Webseite, um nächste Aktivitäten, darum, wie man sich künftig noch besser vernetzen kann. Nico, 23, Foodsaver aus Berlin, meldet sich zu Wort: Eine Helferin aus Dresden habe gerade „2600 Flaschen Saft bekommen“, berichtet er. Der Bedarf dort sei gedeckt. „Wer könnte dort kurz vorbeifahren und etwas davon mitnehmen?“, fragt Nico – Einblicke in den Alltag der Foodsaver.

Das Prozedere ist stets gleich: Die ehrenamtlich tätigen Helfer der Initiative, die unbürokratisch helfen will, organisieren sich, um feste Kooperationen mit dem Lebensmittelhandel, der Gastronomie und mit Lebensmittelproduzenten aufbauen, damit noch genießbare Lebensmittel nicht einfach weggeworfen werden. Dabei holen die „Lebensmittelretter“ die von Betrieben abgeschriebenen Waren ab, sortieren und verteilen sie dann meist an Freunde und bedürftige Einrichtungen bzw. entsorgen sie gegebenenfalls.

Vor zwei Jahren im Umfeld von der Bewegung des foodsharing entstanden, sind bei „Lebensmittelretten.de“ allein in Hamburg derzeit 200 Bürger aktiv. „Wir wollen Menschen für das Thema sensibilisieren und konkret handeln“, sagt Bodhi Neiser, 26. Er betreibt hauptberuflich einen kleinen Versandhandel, sonst ist er Foodsaver bei „Lebensmittelretten.de" und ernährt sich seit zwei Jahren von gerettetem Essen. Er ist dort zugleich „Botschafter“ für den Bereich Hamburg.

„Wir haben in Hamburg etwa 40 Anlaufstellen, an denen wir die Waren abholen, vom großen Supermarkt bis zum kleinen Lebensmittelladen im Stadtteil und rund 20 feste bedürftige Einrichtungen in unserem Verteiler, zu denen wir einige der Waren bringen; zum Beispiel für soziale Hilfsprojekte der St. Pauli Kirche.“ Meist handelt es sich um Obst, Gemüse, Milchprodukte, bei denen etwa das Haltbarkeitsdatum abgelaufen ist, oder es geht mal um eine beschädigte Verpackung. Neiser: „Jeder, der bei uns mitmacht, entscheidet selbst, ob er die Waren für sich verwendet, an Freunde weitergibt. Er kann sie auch zu bedürftigen Einrichtungen seiner Wahl bringen.“

Studentin Anja Bischoff, 29, ist seit November 2013 in Hamburg mit dabei. Sie organisiert auch Koch-Events mit „geretteten“ Lebensmitteln. Drei- bis viermal in der Woche holt sie selbst solche Waren ab, verteilt sie. Die Resonanz: „Viele sind dankbar, ein gutes Gefühl.“ Auch Silvia Klein, extra aus Wien angereist, engagiert sich für die Initiative. Warum? „Ich helfe gern.“