Der Hamburger Handelskonzern leidet unter dem starken Euro. Probleme in Frankreich und in den USA. Zahl der Mitarbeiter in Hamburg steigt aber dennoch um fast 500.
Hamburg. Höher, weiter, Otto: Die Topmanager des Hamburger Handelskonzerns haben in den vergangenen Wochen kaum eine Gelegenheit ausgelassen, um auf die positive Entwicklung in ihren jeweiligen Geschäftsbereichen hinzuweisen. Erst lud E-Commerce-Vorstand Rainer Hillebrand in eine trendige Location im Karolinenviertel, um auf das beachtliche Umsatzplus von 7,6 Prozent im gesamten Onlinehandel und eine neue Initiative für Smartphones und Tablet-PCs aufmerksam zu machen.
Dann folgte sein Vorstandskollege Alexander Birken, der im 20. Stock des Atlantic-Hauses auf St. Pauli verkündete, der Konzern habe im deutschen Kerngeschäft mit der Marke Otto seine Wachstumsschwäche überwunden. Nach eher mageren Jahren geht es nun für den weltweit zweitgrößten Onlinehändler wieder kräftig aufwärts, lautete die Botschaft. Und, vielleicht noch wichtiger: Otto braucht sich vor Konkurrenten wie Amazon oder Zalando nicht zu verstecken, da man in der Lage ist, kräftige Zuwächse und Profite miteinander zu verbinden.
Doch ganz so schnell, wie die Otto-Manager Glauben machen wollten, geht es in der gesamten Gruppe dann doch nicht voran. Wie aus den am Mittwoch veröffentlichten Konzernzahlen hervorgeht, ist der weltweite Umsatz der Otto Group im abgelaufenen Geschäftsjahr gerade einmal um 1,8 Prozent auf rund zwölf Milliarden Euro gestiegen. Der Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) stagnierte auf hohem Niveau bei 388 Millionen Euro. Zum Vergleich: Im Vorjahr war den Hanseaten beim Ergebnis noch ein gewaltiger Sprung um 50 Prozent gelungen.
Offiziell zeigte sich Otto-Konzernvorstand Hans-Otto Schrader mit den jüngsten Zahlen zufrieden: „Wir haben unser Ziel, im abgelaufenen Geschäftsjahr ein werthaltiges Wachstum zu erzielen, gut erfüllt“, sagte er. Das vergleichsweise geringe Plus begründet der Konzern vor allem mit dem starken Euro. Ohne diesen Währungseffekt habe man einen Zuwachs von 3,3 Prozent erreichen können, hieß es.
Dies ist aber allenfalls ein Teil der Wahrheit. Tatsächlich lief es für die Hamburger in mehreren Auslandsmärkten auch operativ alles andere als rund. So musste die US-Tochtergesellschaft Crate and Barrel entgegen den ursprünglichen Planungen auch ohne Währungseffekte ein Umsatzminus hinnehmen, da Konkurrenten dem Einrichtungs- und Lifestylehaus einen harten Preiskampf lieferten. Noch schlechter lief es im Frankreichgeschäft, seit Jahren ein Sorgenkind der Otto Group. Hier gingen die Erlöse der Tochtergesellschaft 3SI um mehr als acht Prozent zurück. Die Franzosen haben lange an veralteten Geschäftsmodellen festgehalten und zu spät auf den Onlinehandel umgeschaltet. Seit Anfang des Jahres hat Otto die Tochtergesellschaft komplett übernommen und müht sich nun umzusteuern. Allerdings ist dieser Prozess auf insgesamt zwei Jahre angelegt und wird in dieser Zeit zu weiteren Umsatzrückgängen führen.
Kernmarke Otto legt in Deutschland zu, Tochter SportScheck verliert
In Deutschland liegen Licht und Schatten dicht beieinander. Während die alte Kernmarke Otto, die sich heute fast ausschließlich auf den Onlinehandel konzentriert, um fast sieben Prozent zulegte, gingen die Erlöse der Sporthandelskette SportScheck um gut fünf Prozent zurück. Der fast vollständig ausgefallene Winter verhagelte den Münchnern das Geschäft mit Skiern und warmer Kleidung. Insgesamt lag Otto in der Bundesrepublik auch dank der robusten Konjunktur 4,6 Prozent über dem Vorjahr. Eine sichere Bank bleiben für die Hamburger auch die Sparten Finanzdienstleistungen und Services (vor allem der Paketdienstleister Hermes), die jeweils im zweistelligen Prozentbereich zulegten und sich auch von den weltweiten Turbulenzen nur wenig beeindrucken ließen.
Bemerkenswert ist zudem die Mitarbeiterentwicklung in der Otto Group. Trotz des Sparprogramms „Fokus“, das vor allem die deutschen Versender Otto, Baur und Schwab traf, nahm die Zahl der deutschen Beschäftigten per Saldo um rund 650 auf fast 26.000 zu. In Hamburg beschäftigt Otto nun rund 8500 Mitarbeiter, fast 500 mehr als im Vorjahr. Der Aufbau fand unter anderem in neuen Konzerngesellschaften wie dem Projekt Collins statt. Unter Federführung von Benjamin Otto, Sohn des Aufsichtsratsvorsitzenden Michael Otto, arbeiten rund 100 Kräfte hier an mehreren Spezialshops für junge, modebegeisterte Frauen.