Manchmal ist es eine Tugend, manchmal eine Weisheit, manchmal ein praktischer Tipp mit nachhaltiger Wirkung: 41 Hamburger erzählen, was man ihnen Entscheidendes mit auf den Weg gab.
1 Michael Stich, Wimbledon-Sieger: Der beste Rat für meine Karriere kam von Mark Lewis, meinem Coach. Er gab mir seinerzeit den Rat, nicht darauf zu achten, dass ich am Tag sechs Stunden trainiere, sondern dass die Intensität des Trainings entscheidend ist. Das hat meine Einstellung zum Sport und zu meiner eigenen Wahrnehmung meines Berufs beigetragen. Deswegen bin ich ein besserer Tennisspieler geworden.
2 Eugen Block, Unternehmer: Als junger Mann – bodenständig und heimatverbunden (in der Nähe von Oldenburg; d. Red.) – machte ich mir nach meiner Ausbildung zum Hotelkaufmann Gedanken, wo ich denn nun mein Glück in der Welt suchen sollte. Dass ich mich selbstständig machen wollte, war mein Antrieb. Meine Mutter gab mir den Rat, der dann auch meinen Lebensweg prägte: „Junge, geh nach Hamburg, das ist eine Stadt mit vielen weltoffenen und toleranten Menschen.“ Und das hat sich bestätigt. Die Hamburger haben meine Restaurant-Idee Block House angenommen, und ich kann heute zurückblicken auf 45 Jahre mehr als erfolgreiche Unternehmensgeschichte weit über die Grenzen unserer schönen Stadt hinaus.“
3 Aydan Özoguz (SPD), Staatsministerin im Kanzleramt für Migration, Flüchtlinge und Integration: „Du bist nicht abhängig von dem, was andere mit Vorurteilen über dich sagen. Du hast deine beiden Kulturen und Sprachen. Lebe sie und erhalte sie dir – als Deutsche.“ Das war der Rat meiner Mutter, wenn ich mal wieder frustriert und traurig aus der Schule nach Hause kam, weil über Türken schlecht gesprochen wurde.
4 Jenny Elvers-Elbertzhagen, Schauspielerin: Den besten und wichtigsten Ratschlag meines Lebens bekam ich von meinem Vater, als ich vor knapp zwei Jahren in einer Situation feststeckte, in der ich gar nichts mehr wollte. Weder etwas sehen, etwas hören noch etwas fühlen. Doch mein Vater sagte zu mir: „Los, aufstehen, Krönchen richten und weitermachen! Hinfallen, Jenny, kann nämlich jeder, aber das Aufstehen ist das Wichtigste – das zählt.“ Ich habe seinen Rat befolgt, bin aufgestanden und habe hart dafür gearbeitet, um heute sagen zu können: Ja, es geht mir wieder richtig gut und in allen Lebensbereichen aufwärts.
5 Udo Lindenberg, Rocksänger: Nie Gesangsunterricht nehmen, auch nicht nur eine Sekunde! Der Rat kam von Ede Wolff in der Ritze, Kultkneipe, Reeperbahn.
6 Ulrike Riedel, Personalvorstand Hamburger Hochbahn: Ich habe in meinem Leben viele gute Ratschläge bekommen, da ich häufig das Privileg hatte, gefördert zu werden. Der wichtigste Rat war aber eine Frage, die ich mir in allen Lebenslagen stelle, wenn es heikel wird: Was ist die Wahrheit der Situation? Damit ist gemeint, dass man sich bei schwierigen Entscheidungen nicht verbeißen darf, sondern besser einen Schritt zurück macht und genau überlegt: Was ist eigentlich mein Ziel? Daraus lassen sich dann Handlungsoptionen ableiten. Dieser Ratschlag hat mir in Phasen der Veränderung geholfen. Ich habe ihn von einem Coach bekommen, mit dem ich lange zusammengearbeitet habe.
7 Peter Schmidt, Designer: Als ich sehr jung war, also noch zur Schule gegangen bin, war ich da sehr ungern. Ich wurde von mehreren Schulen entfernt, weil ich alles besser wusste und sehr vorlaut war. Ein Onkel von mir meinte dann: „Du bist zu blöd für die Schule. Das Abitur zu versuchen macht keinen Sinn, mach eine Lehre.“ Den Rat habe ich befolgt und eine Lithografie-Lehre absolviert. Dabei habe ich Disziplin und das Handwerk gelernt. Es war eine harte Lehre, aber sonst wäre ich doof geblieben. Nur weil ich diese Lehre abschloss, konnte ich später studieren. Dort hatte ich gegenüber den gebildeten Studenten einen Vorteil: Die mussten erst einmal das Handwerk erlernen.
8 Olaf Scholz, Erster Bürgermeister: Meine Frau hat mir vor gut 15 Jahren geraten: „Versuch’s noch mal mit Sport.“ Ich fing an zu laufen. Als ich mich über die ersten Runden mühte, ahnte ich noch nicht, wie wertvoll dieser Rat sein sollte. Heute ist meine Kondition ganz ordentlich, und auf das regelmäßige Laufen will ich mittlerweile nicht mehr verzichten. Laufen entspannt. Und es gehört zu meinem Leben...
9 Karin Beier, inszenierende Intendantin Deutsches Schauspielhaus: Der beste Ratschlag meines Lebens bezieht sich aufs Berufliche und ist mir im Laufe meiner Inszenierungserfahrungen eher zugeflogen, als dass es einen ursprünglichen Ratgeber gegeben hätte: „Langsam, langsam. Wir haben keine Zeit.“ (Will sagen, dass es unter größtem Zeitdruck hilfreich sein kann, extrem und bewusst langsam zu werden.)
10 Ian Karan, Unternehmer und ehemaliger Wirtschaftssenator: In einer meiner schlimmsten Lebensphasen, ich hatte gerade meinen Konzern an eine angloamerikanische Firma verkauft und musste gegen diese gerichtlich vorgehen, da saß ich mit meinem guten Freund Jürgen Wünsche zusammen. Er nahm mich in den Arm, nannte mich bei meinem zweiten Namen Kiru und sagte: „Du hast einmal Großartiges geschafft und eine namhafte Firma aufgebaut. Das schaffst du wieder. Du musst an dich glauben. Jetzt jammere nicht, steh auf und lauf weiter.“ Das hat richtig gutgetan, dass dieser erfolgreiche Kaufmann an mich geglaubt hat. Sein Ratschlag hat mir geholfen, eine Firma aufzubauen, die innerhalb von acht Jahren die Nummer eins in Europa und Nummer sieben weltweit wurde.
11 Mirko Slomka, HSV-Trainer: Den besten Rat habe ich von meinem Vater Karl-Heinz bekommen. „Wenn du glücklich bist“, hat er mir gesagt, „dann sei zufrieden damit und probiere nicht, noch glücklicher zu werden.“ Sein Motto hilft mir dabei, durchs Leben zu gehen.
12 Anna Depenbusch, Sängerin:„Flüstere, wenn es zu laut zum Schreien ist.“ Ich war in der Schule ein schüchternes, stilles Mädchen und hatte oft das Gefühl, von meinem Umfeld nicht wahrgenommen zu werden. Meine Oma hat mir dann diesen Ratschlag gegeben, und es funktioniert. Wenn du in einer lauten, unaufmerksamen Runde etwas sagen willst, das dir am Herzen liegt, solltest du geheimnisvoll flüstern, und alle werden dir zuhören. Dieser Rat hat mich enorm erleichtert und versöhnt mit meiner eigenen introvertierten Art.
13 Ted Linow, Inhaber der Hamburger Modelagentur Mega Model Agency: Vor einigen Jahren habe ich die Show von Karl Lagerfeld bei „Light & Stars“ (Charity-Dinner-Show) gemacht. Bei der Musikauswahl wählte ich ein Stück aus. Aber irgendjemand wollte doch wieder ein anderes. Karl Lagerfeld sagte dann zu mir: „Eine Entscheidung, die man einmal gemacht hat, sollte man nicht zu oft überdenken.“ Über den Ratschlag denke ich oft nach, gerade wenn ich die Veranstaltungen für „Light & Stars“ plane. In dem Bereich ist das Bauchgefühl häufig richtig. Man sollte über gewisse Dinge einfach nicht zu lange nachdenken. Modedesigner tun das häufig. Dann ist hier noch ein Knopf und da. Die haben sich dann einfach eine Sekunde zu lange den Kopf darüber zerbrochen. Lieber einfach so hinschütteln, das ist meistens das bessere Ergebnis.
14 Lucius Bunk und Alexander Tebbe, Gründer und Geschäftsführer der Reederei Auerbach Schifffahrt: Diesen „einen“ guten Ratschlag haben wir eigentlich nie bekommen. Vielmehr haben wir ihn erlebt: Wir haben erlebt, was es heißt, sich einen „hanseatischen Handschlag“ zu geben. Wir haben erlebt, dass uns erfahrene Hamburger Unternehmer sehr große Geldbeträge anvertraut haben, ohne dass es einen Gesellschaftsvertrag oder sonstige rechtliche Unterlagen gegeben hat. Einfach nur auf der Basis eines Handschlags, verbunden mit den Worten: „Das Geld habt ihr morgen auf eurem Konto, das mit dem Papier machen wir dann später.“ So war es dann auch, und wir konnten nur 178 Tage nach Gründung von Auerbach Schifffahrt unser erstes Schiff kaufen. Dieses Erlebnis hat uns damals im wahren Leben gezeigt, dass ein Wort ein Wort ist und ein Handschlag mehr zählt als alle Verträge zusammen. Mit Vertrauen kann man mehr kaufen als mit Geld, insbesondere in der Hansestadt Hamburg.
15 Kirsten Fehrs, Bischöfin: 2006 wurde ich Hauptpastorin von St. Jacobi. Voller Elan ging ich an die neue Aufgabe heran. Auch mit dem Ehrgeiz, mich als Predigerin zu profilieren. Jeden zweiten Sonntag stand ich auf der Kanzel und wollte der Gemeinde tiefgründige, moderne und sprachlich anspruchsvolle Predigten bieten. Dafür feilte ich stundenlang an meinem Manuskript, baute kunstvolle Gedankenketten auf und flocht detailreiche Beispiele und Beschreibungen ein. Doch je umfangreicher meine Predigten wurden, desto mehr wuchs meine Unzufriedenheit. Drang ich wirklich zu den Leuten durch? Ein Freund brachte mich schließlich auf die richtige Spur. Er hatte sich mehrere Predigten angehört. Eines Tages nahm er mich nach dem Gottesdienst zur Seite und sagte: „Man erkennt die Idee, aber es ist schwere Kost. Versuch’s doch mal mit weniger Worten, mach die Predigten kürzer. Erzähl nicht in zehn Minuten drei Geschichten, sondern schärfe lieber ein gutes Beispiel.“ Kürzer – schärfer – weniger: An diesen Ratschlag versuche ich mich bis heute zu halten.
16 Pieter Wasmuth, Vattenfall-Generalbevollmächtigter Hamburg/Norddeutschland: „Ein Nein hat man sicher, ein Ja kann man kriegen!“ Diesen gab mir mein Großvater (Dr. Lutz F. Wasmuth) mit auf den Weg, um mich in jungen Jahren zu ermutigen, mich argumentativ durchzusetzen. Das hat mich immer wieder ermutigt, für meine Überzeugung einzutreten!
17 Barbara Kisseler, Kultursenatorin: „Sei glücklich!“, hat mir mein Vater immer geraten – ein Rat, den ich gerne angenommen habe und der mir immer wieder hilft, mich auf das Wesentliche zu konzentrieren.
18 Christian Kuhnt, Intendant Schleswig-Holstein Musik Festival: Es war keine gütige Großmutter, auch kein strenger Vater, der mir den besten Rat gab. Nein, mich prägte nachhaltig eine kleine Metalltafel, deren eingravierte Buchstaben mir Leitfaden fürs Leben werden sollten. Regelmäßig sah ich diese von Ernst und Fürsorge geprägte Aufforderung als Grundschüler, wenn ich mit der Buslinie 17 den Rhein bei Mainz überquerte, um meinen besten Freund zu besuchen. Während der 20-minütigen Fahrt zogen mich die Worte „Suche beim Stehen festen Halt“ magisch an. Viel später erst begriff ich, dass die meisten Menschen die Botschaft des Schildes als schlichten Sicherheitshinweis interpretierten. Doch für mich war und ist dieser Rat – diese in schnörkellose Poesie gegossene Weisheit – ein treuer Begleiter in allen Lebenslagen.
19 Gilla Cremer, Schauspielerin: Der Ratschlag eines Schauspiellehrers, der mir im Leben, privat und beruflich, am meisten geholfen hat: „Verabschiede deine Ängste – es sind bloß Gedanken!“
20 Uwe Koch-Gromus, Dekan der medizinischen Fakultät und UKE-Vorstand: „Lass dich nicht mit Parteien ein, wenn du deine Unabhängigkeit bewahren möchtest.“ Das hat mein Vater mir geraten, als er aus dem Zweiten Weltkrieg wiederkam. Daran habe ich mich gehalten.
21 Rainer Moritz, Leiter des Literaturhauses: Mitte der 1970er-Jahre war das, als ich 17-jährig den tollkühnen Entschluss fasste, meine Prüfung als Fußballschiedsrichter zu absolvieren. Wenig später stand ich auf schwäbischen Dorfplätzen und hatte mit alten Haudegen zu tun, die mit meinen Entscheidungen natürlich selten einverstanden waren. Da riet mir ein erfahrener Schiedsrichterlehrwart, jedes Spiel mit einem sehr kräftigen Pfiff zu beginnen, der im ganzen Dorf bis hin zum Marktplatz vernehmbar sein musste. Das sei gut, um sich Respekt zu verschaffen. Diesen Rat befolge ich bis heute – wenn auch nur noch selten mithilfe einer Trillerpfeife.
22 Katja Suding, FDP-Fraktionsvorsitzende: Ich bin meiner Mutter für ihren Ratschlag dankbar, das Kinderkriegen nicht zu lange hinauszuschieben. Heute bin ich froh, dass ich mir viel Zeit für sie nehmen konnte, als meine Söhne noch Kleinkinder waren, und dass ich es jetzt gut organisieren kann, viel Energie in meine politische Arbeit zu stecken. Ich genieße aber auch jede Minute, die ich zusammen mit meinen Jungs verbringen kann.
23 Joachim Weinlig-Hagenbeck, Tierparkchef: Als Kind bin ich immer gerannt, geklettert und gesprungen. Natürlich ging das nicht ohne Verletzungen ab. Obwohl meine Mutter schon fast professionell mit Pflaster und Mullbinden umging, platzte ihr eines Tages doch der Kragen, als ich mit einem stark schmerzenden und blutenden Loch im Knie herumwimmerte. „Erst schauen, dann springen. So tust du dir nicht weh“, schalt sie mich. Ich habe den Rat damals beherzigt und tue es heute noch. Es stimmt!
24 Pascal Funke, Konzertveranstalter: Der beste Rat kam natürlich von meinem Vater: „Augen auf bei der Partnerwahl und vor der Hochzeit die Schwiegermutter anschauen.“ Beides habe ich beherzigt, und es hat mich zu einem überglücklichen Ehemann gemacht.
25 Judith Rakers, Fernsehjournalistin: Die besten Ratschläge kommen immer von meinem Vater, der die Dinge in seiner unnachahmlich pragmatischen Art auf den Punkt bringt. Mit dem Rat „Am besten fängst du erst gar nicht an zu rauchen, dann brauchst du dich später nicht dein ganzes Leben lang zu quälen, damit wieder aufzuhören“ schaffte er es, mich ohne Verbote vom Rauchen abzuhalten. Aber auch Sätze wie „Sei gut, fair und liebevoll zum Leben, dann ist das Leben auch gut, fair und liebevoll zu dir“ haben mich begleitet.
26 Lloyd Riggins, Ballettmeister: Es waren die vielen kontinuierlichen Lektionen meiner Mutter, die mich prägten und auf die ich immer wieder zurückführe, wo und wer ich heute bin. Meine Mutter war Gründerin, künstlerische Leiterin und Choreografin ihrer eigenen Ballettcompagnie, und sie blieb immer bescheiden, nannte sich selbst eine ewige Schülerin des Lebens. Sie brachte mir bei, das Leben zu studieren, und gab mir die wichtigsten Lektionen mit auf den Weg. Dazu zählten so allgemeine Ratschläge wie die Augen und Ohren offen zu halten, erst einmal zuzuhören, zu reflektieren und dann – ganz ohne Furcht und Schüchternheit – Fragen zu stellen. Sie brachte mir bei, immer gründlich alles zu lesen, offen für Neues zu sein und vor allem nicht vor Fehlern zurückzuschrecken. Am Wichtigsten aber war die Lektion, das Lernen lieben zu lernen. Für all das bin ich ihr noch heute dankbar und werde es ewig sein.
27 Bernd-Georg Spies, Vizepräsident des FC St. Pauli und Headhunter: „Den wichtigsten Rat verdanke ich meinem Deutschlehrer auf der Realschule in Köln-Deutz. Ich war damals 13, eher verträumt und wollte vor allem Sport machen. Der Lehrer hat uns klargemacht, wie wichtig Lernen ist. Er hat uns vertraut gemacht mit Heinrich Böll und anderen großen deutschen Literaten. Vor allem aber hat er uns immer gesagt: „Lest Zeitung, nehmt teil am politischen Leben. Und mischt euch ein.“
28 Isabella Vértes-Schütter, Intendantin Ernst Deutsch Theater: Der beste Rat, den ich bekommen habe, kam von Gerda Gmelin, als ich die Intendanz des EDT 1995 nach Friedrich Schütters Tod übernommen habe. Sie hat gesagt, dass ganz viele Menschen mir sagen werden, was ich tun soll, meine einzige Chance aber sei, dass ich aus meiner eigenen Überzeugung heraus handle und künstlerische Entscheidungen treffe. „Das macht einen manchmal sehr einsam“, hat sie gesagt, „ist aber der einzig mögliche Weg.“
29 Michael Göring, Vorsitzender „Zeit“-Stiftung: Berthold Beitz, damals 79, gab mir, damals 36, den Rat: „Entscheiden Sie! Lieber einmal eine falsche Entscheidung als keine Entscheidung!“
30 Michael Batz, Lichtkünstler: Den nach wie vor besten Rat habe ich vor vielen Jahren von meinem Vater bekommen: „Vergiss nie die drei Stützen des Lebens: die Hoffnung, den Schlaf und das Lachen.“
31 Katharina Fegebank, Hamburger Grünen-Chefin: „Folge deinem Herzen und gehe deinen Weg.“ Diesen Rat haben meine Eltern mir schon in meiner Jugend gegeben. Ich habe ihn schon oft befolgt und bin damit ganz gut gefahren. Bei wichtigen Schritten in meinem Leben – privat, zu Auslandsaufenthalten, Studium, Beruf, aber auch im Umgang mit Menschen – hat mein Herz oft den letzten Ausschlag für eine gute Entscheidung gegeben. Immer wieder haben Freunde und Bekannte mir geraten: „Lass die Finger von der Politik.“ Hier habe ich wieder auf mein Herz vertraut und den Rat ausdrücklich nicht befolgt – und das fühlt sich goldrichtig so an.
32 Andras Siebold, künstlerischer Leiter Internationales Sommerfestival: Bob Wilson, global aktiver Theaterdinosaurier, ist ein Mann der Tat. Seinen Assistenten (wie mir vor 15 Jahren) hat er in bestem US-Kriegsführungs-Stil beizubringen versucht, wie man effektiv über die roten Ampeln des Lebens schreitet: „Don’t think, just do it“, lautete Wilsons Mantra, mit dem schon die Firma Nike und ihr erster großer Werbeträger, der schimpfende Tennisspieler John McEnroe, zu Weltmarken geworden waren. Der Spruch kann furchtbare Folgen haben (und ist oft besser in der umgekehrten Version: „Just think, don’t do it“). Aber er stimmt immer dann, wenn in der Kunst die üblichen Bedenkenträger auftauchen und neue Ideen mit alten Argumenten bekämpfen.
33 Johannes B. Kerner, Fernsehmoderator: Der beste Rat meines Lebens war, mit dem Rauchen aufzuhören. Freunde und Kollegen hatten mir immer gesagt: „Lass es sein!“ Vor einer Redaktionssitzung mit „ran“ im Studio Hamburg, es war am 30. Oktober 1995, war ich so stark erkältet, dass ich erst mal für einen Tag aufs Rauchen verzichtet habe. Dabei ist es geblieben, seit jetzt fast 20 Jahren, bis heute. Ich fühle mich seitdem viel besser. Und ich bin froh, dass ich es bis hierher geschafft habe. Vor allem aber hätte ich als Raucher wahrscheinlich kaum Chancen bei einer Hockey-Sportlerin namens Britta Becker gehabt...
34 Marlies Head, Inhaberin The Madison Hamburg: Als junges Mädchen hat meine Mutter mir gesagt: „Sei großzügig in deinem Leben – du bekommst alles zurück, was du gibst.“ Ich habe zum Beispiel immer umfangreich in mein Madison Hotel investiert, in Qualität und Neues. Und das honorieren die Gäste jetzt schon seit 20 Jahren.
35 Ulrich Waller, künstlerischer Leiter des St. Pauli Theaters: „Das schönste Theater ist ein volles Theater“, hat mir Jürgen Flimm einmal mit auf den Weg gegeben, als ich in Hamburg meine erste Intendanz übernahm. Ausgerechnet mir, der ich aus der verkopften „Frankfurter Schule“ kam, der Zuschauer vollkommen egal waren!
36 Gunnar Uldall, ehemaliger CDU-Wirtschaftssenator, heute Unternehmensberater: Am Anfang meiner beruflichen Laufbahn, also unmittelbar nach meinem Examen, hat mir ein guter Freund anlässlich einer Feier einen guten Rat gegeben. Er kam aus einer Branche, mit der ich nichts zu tun habe, nämlich aus der Mode. Aber er war ein absoluter Star im Verkaufen. Der Freund sagte zu mir: „Wenn du etwas verkaufen willst, musst du zum Kunden gehen!“ Das klang banal, aber ich habe es mir zu Herzen genommen und sowohl in meiner beruflichen wie auch in meiner politischen Laufbahn immer darauf gedrängt, eine persönliche Kommunikation herzustellen. In der Politik bin ich offen auf die Leute zugegangen, um ihnen meine politischen Vorstellungen zu verkaufen. Als Unternehmensberater waren es Ratschläge und Ideen zur besseren Unternehmensführung. Die Suche des persönlichen Kontakts hat mir immer geholfen.
37 Rhea Harder, Schauspielerin: „Alles zu seiner Zeit!“ Das ist der beste Rat, den mir meine Mama kurz vor meiner Einschulung gegeben hat. Es macht keinen Sinn, Dinge zu forcieren, wenn ihre Zeit nicht gekommen ist. Dann macht man sich und sein Umfeld verrückt und allen inklusive sich selbst das Leben schwer. Man kann die Dinge, die geschehen, beeinflussen, und man kann Weichen stellen, wohin sich Dinge entwickeln sollen. Ist es aber nicht der richtige Zeitpunkt, wird es nicht passen. Man muss Vertrauen haben in sich und die Zeit! Seitdem ich das weiß, gehe ich gelassener durchs Leben!
38 Günter Ploß, Präsident des Hamburger Sportbundes (HSB): Dass man bis ins hohe Alter regelmäßig Sport treiben soll. Das habe ich trotz zweier Hüftoperationen bis heute beherzigt, weshalb ich mich immer noch fit fühle und voller Tatendrang bin. 39 Reinhold Beckmann, Talkmaster: Der beste Rat seit Langem, den ich vor sechs Jahren erhalten habe, war ein unsanfter, aber herzlich gemeinter Tritt in den Hintern. Und zwar vom Schlagzeuger Helge Zumdieck, der in mir eine alte Leidenschaft wach geküsst hat. Ihm verdanke ich es, dass ich seit drei Jahren mit meiner Band unterwegs bin. Ein Abenteuer, das ich sehr genieße. Eigentlich habe ich schon immer Musik gemacht, aber halt nicht öffentlich bis auf ein paar gelegentliche Gastauftritte etwa mit Texas Lightning oder mit Barbara Schöneberger. Dann kam jener für mich denkwürdige Abend, als ich in der ersten Sendung von „Inas Nacht“ zu Gast war. Gemeinsam mit Ina Müller haben wir einen Bossa Nova von Antônio Carlos Jobim gesungen. Anschließend meinte Helge zu mir: „Mann, du bist doch eigentlich Musiker, schreib Songs, mach was draus!“ Ich hab mich dann tatsächlich hingesetzt und wieder wie früher jeden Tag Gitarre gespielt. Bis ich sogar Lust bekam, Songs und eigene Texte zu schreiben. Heute gehört Helge zu unserer fünfköpfigen Band, und ich weiß, was Besseres, als Musik zu machen, konnte mir kaum passieren.
40 Lutz Marmor, NDR-Intendant: Wenn es hart auf hart kommt, egal ob beruflich oder privat, hat mir schon von klein auf „et rheinisch Jrundjesetz“ (das Rheinische Grundgesetz) noch immer die besten Ratschläge erteilt. Insbesondere die auch als Wohlstandsgesetz bekannte Redensart: „Mer muss och jünne könne.“ Wichtig auch außerhalb der fünften Jahreszeit: „Jeder Jeck ist anders.“ Neid und Missgunst helfen einem nie weiter, das gilt in der nordischen Tiefebene genauso wie im Rheinland. Und wer sich ab und zu daran erinnert, dass Menschen unterschiedlich sind, hat es leichter.
41 Irene Schulte-Hillen, Vorsitzende Stiftung Musikleben: Im „Notizbuch“ des großen Publizisten Johannes Gross las ich vor vielen Jahren: „An meinem 40sten Geburtstag habe ich beschlossen, keine Angst mehr zu haben“. Damals sah ich den Autor gelegentlich und fragte ihn, ob es für ihn funktioniert hätte, was er bejahte. Er meinte freundlich, ich solle es ihm einfach nachmachen. Ich weiß nicht, ob es an Johannes Gross lag, den ich immens bewunderte, oder einfach daran, dass ich inzwischen schon lange die 40 überschritten habe: Johannes Gross’ Maxime ist heute mein Mantra, mit dem ich mich in brisanten, Furcht einflößenden Momenten wappne. Es hilft tatsächlich und erinnert mich immer wieder an diesen kleinen großen Mann.