BUND spricht von einem Negativtrend und fordert ein Umdenken beim Baumschutz: weniger fällen, mehr nachpflanzen. In Hamburg gibt es aber noch einen geschätzten Gesamt-Baumbestand von rund 1,83 Millionen Stück.

St.Georg. Am Freitag endete die „Baumfäll-Saison“ in der Hansestadt. Für den Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) ein perfekter Termin für die Veröffentlichung einer Statistik, die belegen soll, dass Hamburg Gefahr läuft, den Ruf als „Grüne Stadt“ zu verlieren. Dazu verglich die Organisation die aktuellen „Fällzahlen“ der Saison 2013/2014 mit den Zahlen der gefällten Straßen-, Park- und privaten Gartenbäume der vergangenen zehn Jahre, wobei die Zahl der Nachpflanzungen wie auch die (geschätzten) Zahlen der fehlenden Ersatzpflanzungen auf Privatgrund ebenfalls berücksichtigt wurden.

Der BUND-Landesgeschäftsführer Manfred Braasch nannte das Ergebnis „verheerend“, denn: „Selbst bei einer konservativen Schätzung müssen wir von einem jährlichen Substanzverlust von mindestens 6000 Bäumen pro Jahr in Hamburg ausgehen.“ Beim Baumschutz müsse daher grundsätzlich umgesteuert werden. „Es darf in der Stadt kein Baum mehr gefällt werden, der nicht mindestens eins zu eins ersetzt wird.“

Allerdings musste Manfred Braasch einräumen, dass Hamburg mit einem geschätzten Gesamt-Baumbestand von rund 1,83 Millionen Stück noch weit davon entfernt ist, zu veröden und dass die Zahl der genehmigten Fällungen in der am Freitag abgelaufenen Saison mit 1500 (Straßen- und Parkbäumen) einen neuen Tiefstand erreicht habe. „Andererseits wurden beispielsweise im Rahmen der IBA und der IGS rund 5000 Bäume gefällt. Wir warten jedoch bis heute auf eine verlässliche, offizielle Angabe über die Anzahl der Nachpflanzungen.“ Darüber hinaus reiche ein rechnerischer Eins-zu-Eins-Ausgleich nicht aus, um Baumverluste zu kompensieren: „Eine 100-jährige Buche hat ein um das 2000-fache erhöhtes Kronenvolumen als ein frisch gepflanzter Baum, was sich auf die Sauerstoffproduktion und die Filterung von Luftschadstoffen auswirkt“, sagte Braasch.

In diesem Zusammenhang sorgt auch die Hamburger Baumschutzverordnung bei vielen Gartenbesitzern schon seit Längerem für Unmut. Der meistgenannte Vorwurf an die Bezirke lautet, dass die strengen und häufig auch kostspieligen Maßstäbe oft nicht für die Stadt selber gelten. Ein Beispiel hierfür sei die Umgestaltung des Lohmühlenparks in St.Georg, als 50 zum Teil wertvolle Bäume gefällt, aber nur 30 als Ausgleich an anderer Stelle nachgepflanzt wurden.

Ein weiterer Kritikpunkt ist die unterschiedliche Fäll-Genehmigungspraxis der einzelnen Bezirke: „Während etwa in Bergedorf 14 Prozent der Anträge abgelehnt werden, sind es in Eimsbüttel gerade mal nur zwei Prozent.“ Auch würden in Hamburg für die Baumpflege verwaltungsintern lediglich zehn Euro pro Baum pro Jahr veranschlagt, während beispielsweise Bremen 34 oder die Berliner Bezirke Charlottenburg und Wilmersdorf 56 Euro pro Baum pro Jahr ansetzten. Die Behörde für Stadtentwicklung und Umweltschutz (BSU) beziffere sogar selbst das Defizit für sogenannte „verkehrssicherheitsrelevante Straßenbaumpflegemaßnahmen“ mit 70 Prozent. Um vor allem die alten Bäume zu schützen, will der BUND mit dem Entwurf einer besonderen Verordnung an die BSU herantreten, die sich am Naturschutzgesetz orientiert und einen alten Baum als Naturdenkmal betrachtet.