Business Clubs haben in der Hansestadt Tradition. Auch in Zeiten der Digitalisierung und Karriere-Netzwerken wie Xing zählt hier vor allem eines: das persönliche Gespräch.

Die Sonne senkt sich, es ist früher Abend. Noch wenige Minuten, dann hat die Dunkelheit die Hafenkulisse auf der anderen Elbseite verschluckt. Der hohe Empfangsraum in der Villa im Heine-Park an der Elbchaussee, in der der Business Club Hamburg (BCH) residiert, füllt sich. Gläser klingen, gedämpftes Lachen. Der Blick durch die Panorama-Fenster auf Fluss und Hafen ist beeindruckend. Geschäftsführer Peter Richard Stoffel, 51, weiß das und lässt Zeit zum Staunen. „Unsere Mitglieder bringen häufig Kollegen und Gäste mit und zeigen ihnen dieses Hafenambiente“, sagt er. Im Sommer drängeln sich die Gäste auf der Terrasse, wenn Küchenchef Nils-Kim Porru Grillspezialitäten serviert.

An diesem Abend steht ein Vortrag zum Thema Digitalisierung auf dem Programm. Wie passend. Sind Business Clubs mit regelmäßigen Treffen und Dinner Talks in Zeiten von Internet-Karrierenetzwerken wie Xing und LinkedIn überhaupt noch zeitgemäß? „Geschäfte werden zwischen Menschen gemacht. Und wir bringen Menschen zusammen“, sagt Stoffel und erklärt seine Philosophie genauer: „Ich will wissen, mit wem ich Geschäfte mache, muss Vertrauen aufbauen. Entscheidend ist letztlich der menschliche Faktor. Auch bei Xing verbinde ich mich nur mit Menschen, die ich persönlich kenne.“ Der Abend scheint ihm Recht zu geben, die Veranstaltung ist gut besucht. „Unsere Mitglieder kommen aus vielen verschiedenen Branchen. Da ist es nicht leicht, Themen zu finden, die alle interessieren.“

Gebühren und Beiträge sind bei allen ähnlich

Business Clubs haben in der Hansestadt Tradition. Insgesamt fünf gehören derzeit zu den gefragtesten Einrichtungen. Aufnahmegebühren und Monatsbeiträge sind bei allen ähnlich. Unterschiede gibt es vor allem bei den Aufnahmebedingungen, dem Mitglieder- und Branchenmix, den Veranstaltungsschwerpunkten und in der Ausrichtung der Clubs. Bei einigen steht das Geschäftliche im Vordergrund, bei anderen Veranstaltungen und Gespräch. Das Durchschnittsalter der Mitglieder liegt häufig zwischen 50 und 60 Jahren, einigen Clubmanagern ist das zu hoch. Das hohe Alter liegt vor allem daran, dass es verhältnismäßig wenig Austritte gibt und die Mitgliederzahl begrenzt ist. Neumitglieder dürfen daher vor allem eines gern sein: jung. Deshalb ändern sich traditionelle Business- und Gesellschaftsclubs mittlerweile. Sie werden moderner und offener. Mit Kinderfesten, Digital-Clubs und Mitgliedern aus neuen, jungen Branchen rüsten sie sich für die Zukunft.

Beim Business Club Hamburg sind etwa 80 Prozent der Mitglieder Unternehmer, Geschäftsführer, Vorstände, rund 15 Prozent angestellte Führungskräfte, fünf Prozent Freiberufler wie Ärzte, Rechtsanwälte, Journalisten. Manager von Montblanc, Carlsberg, IBM oder auch Kaffeekönig Albert Darboven gehören dazu. 860 Mitglieder sind es derzeit, bis zu 1000 dürfen es maximal werden. Das Durchschnittsalter liegt bei 46 Jahren. „Damit gehören wir eher zu den jüngeren Clubs in der Stadt“, sagt Stoffel. Nur 17 Prozent sind Frauen. Diese Menge bilde den Anteil der Frauen ab, die in der Hamburger Wirtschaft in Führungspositionen sind, erklärt der Geschäftsführer. Es kämen aber immer mehr Frauen als Gäste in den Club.

Nicht zu viele Mitglieder aus der gleichen Branche

Mitglieder zahlen hier eine Aufnahmegebühr von 2200 Euro und zusätzlich einen Jahresbeitrag von 1200 Euro pro Jahr. Bewerben kann sich im Prinzip jeder. Wichtig ist, dass er oder sie unternehmerisch tätig ist und menschlich zum Netzwerk passt. Auch sollten nicht zu viele Mitglieder aus der gleichen Branche kommen. Ein Ausschuss berät dann über die Aufnahme. „Bei uns geht es um Geschäfte“, sagt Stoffel. „Deshalb schauen wir, wer passt zu wem, wer benötigt vielleicht gerade etwas, das ein anderes Clubmitglied anbieten kann. Dann stellen wir die Kontakte her.“

Eine andere Struktur hat der Hafen-Klub Hamburg, prominent an den Landungsbrücken gelegen. Er wurde 1965 gegründet, damit Unternehmer sich dort mit ihren Geschäftsfreunden aus Übersee treffen können. Noch bis vor einigen Jahren war er der Hafenwirtschaft vorbehalten. „Inzwischen haben wir uns etwas geöffnet. Auch Dienstleister wie Versicherungen, Banken oder IT-Firmen gehören heute dazu“, sagt Geschäftsführerin Renate Maack. Mitglied wird das Unternehmen selbst, das dann Repräsentanten entsendet. 2000 Euro Aufnahmegebühr für den ersten Vertreter, 1000 Euro sind es für den zweiten bis vierten. Dazu kommt ein jährlicher Mitgliedsbeitrag bis zu 550 Euro. 750 Mitglieder hat der Klub derzeit, davon etwa 40 sehr aktive Junioren, doch man sei offen für weitere Mitglieder. Denn die Zeiten haben sich geändert. „Noch vor zehn Jahren wurden Geschäfte in Verbindung mit der Gastronomie gemacht. Man hat gegessen, getrunken und lange gesessen. Dafür hat heute kaum noch jemand Zeit“, sagt die Geschäftsführerin. Die Meetings werden kürzer; einfach nur mal so komme heute kaum noch jemand in den Klub.

„Es geht um den intellektuellen Austausch“

„Wir sehen uns nicht als Business-Club, sondern als Vortragsclub“, betont hingegen Burghard von Cramm, Geschäftsführer vom Überseeclub am Neuen Jungfernstieg. „Wir haben 40 bis 50 hochkarätig besetzte Veranstaltungen jährlich.“ Um Geschäfte gehe es nicht, sondern um intellektuellen Austausch bei Themen aus Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und Kultur. Partnerclubs gibt es in Belgien, Finnland, Frankreich, aber auch in Kanada, USA und Mexiko – 95 Clubs sind es weltweit. Für den Besuch eines Partnerclubs benötigt man lediglich einen „Letter of Introduction“, ein Empfehlungsschreiben der Geschäftsstelle. Das Durchschnittsalter der rund 2300 Mitglieder liegt derzeit bei um die 60 Jahre. „Natürlich wollen wir uns verjüngen. Der Fokus liegt bei Neumitgliedern zwischen 30 und 50 Jahren“, sagt von Cramm.

Auch im Anglo-German Club steht das Geschäftemachen offiziell nicht im Vordergrund. „Die Verlegung eines wichtigen Meetings an einen atmosphärisch inspirierenden Ort fernab des gewohnten Büros führt manchmal zu äußerst fruchtbaren Ergebnissen“, heißt es auf der Internetseite. Zweifellos ist die stilvolle Villa am Harvestehuder Weg mit Alsterblick ein solcher Ort. Gegründet wurde der Club 1948 zur Förderung der deutsch-britischen Beziehungen. „Erfreulich“ sei die Entwicklung bei der Rekrutierung des Nachwuchses. „Wir haben einen sehr aktiven Juniorenkreis von zurzeit 70 Mitgliedern“, sagt der Vorstandsvorsitzende und Britische Honorarkonsul in Hamburg, Claus-Günther Budelmann. Allerdings habe man sich auch etwas geöffnet. „Heute sind auch viele Nicht-Kaufleute unter den Mitgliedern, wie Ärzte, Rechtsanwälte, Künstler.“ Auch eine direkte Beziehung zu Großbritannien sei heute keine Bedingung für eine Aufnahme mehr. Zu den Veranstaltungen in der Villa am Harvestehuder Weg gehört vor allem die jährliche traditionelle Garden-Party im Juni zum Geburtstag der Queen. Reine Herrenessen gebe es dort schon seit Längerem nicht mehr, „alle Veranstaltungen sind mit Damen“.

Mindestens einmal im Jahr ist Kindertag

Mindestens einmal im Jahr verwandelt sich die Hanse Lounge oberhalb der Alsterarkaden mit Blick auf Rathausmarkt und Binnenalster in ein buntes Kinderparadies. Rund 200 Kinder toben dann durch das schwere, edle Mobiliar des Business Clubs. Die Mitglieder dürfen an diesem Tag Kinder, Nichten oder Enkel mitbringen. „Durch die Charity-Veranstaltung wollen wir einerseits helfen. Der Eintritt und die Erlöse aus der Tombola gehen an die Aktion „Hörer helfen Kindern“ von Radio Hamburg. Andererseits wollen wir, dass auch die Kinder einen Bezug zum Club ihres Vaters oder Angehörigen bekommen“, sagt Marketing-Direktorin Tatiana von Keller. Die 45-Jährige ist früher selbst mit ihren Eltern in deren Golfclub gegangen. Auch dieses Jahr ist es am 5. April wieder so weit, dann steigt das 10. Kinderfest. Im vergangenen Jahr seien immerhin 26.500 Euro zusammengekommen.

Die Brücke zur Jugend schlägt die Hanse Lounge eher mit einer 70 Meter langen Carrera-Bahn auf der überdachten Terrasse als über Facebook oder Twitter. „Wir sind da nicht aktiv“, sagt von Keller. Dabei gehe es ihr vor allem um den Datenschutz ihrer Mitglieder. „Dennoch sage ich immer ‚Augen auf, nicht ausruhen, wir dürfen nicht verstauben‘.“ Zwar schätzten die Mitglieder die Ruhe-Bereiche des Clubs, doch wer will, kann durch die mobilen Aufladestationen für Smartphones und Tablets auch in der Hanse Lounge „always on“ sein.

„Frauen networken anders“

900 Mitglieder hat die Hanse Lounge derzeit. Erst wenn jemand austritt, kann ein anderer auf Empfehlung nachrücken. Wer aufgenommen werden will, muss durch zwei Mitglieder vorgeschlagen werden, die jeweils mindestens seit einem Jahr Clubmitglied sind. Auch in der Hanse Lounge sind nur 15 Prozent Frauen. Ob man den Anteil erhöhen wolle? „Wir haben hier keine Not“, sagt von Keller. Geschäftsanbahnung beim Business-Lunch sei vielleicht auch nicht so die Sache von Managerinnen. Das dauere vielen zu lange, das ließe die familiäre Situation oft auch nicht zu. „Frauen networken anders“, sagt sie. Auf jeden Fall sei der persönliche Kontakt immens wichtig. „Das macht auch das Internet nicht kaputt.“

Auf Anfrage führt BCH-Geschäftsführer Stoffel durch die Räume der repräsentativen 1200 Quadratmeter-Villa. In der oberen Etage können Mitglieder einen der zehn Tagungsräume buchen. Am Wochenende ist das Haus mit der Gastronomie auch für Nichtmitglieder geöffnet, das sei ihm ganz wichtig. „Gern wird hier am Sonntag gefrühstückt. Auch Hochzeiten werden hier gefeiert“, sagt der Clubchef. Und so geht in seinem Club Multimedia-Networking 2.0: Im Foyer befinden sich 100 kleine Fächer aus edlem Holz. Jedes mit einem Firmen-Logo versehen. Dahinter: Visitenkarten. Vertreter von Porsche, Hapag Lloyd Kreuzfahrten oder Deutsche Telekom haben hier ihre Kärtchen hinterlegt. Es gibt ein Clubmagazin, eine Club-App und den „Club digital“. In dem Internet-Bereich können Mitglieder buchen, ihre Termine verwalten und sich mit anderen koordinieren. Am Ende aber reize vor allem Hafenblick und Live-Talk. Stoffels Analyse: „Digitales Networking hilft. Analoge Beziehungen entscheiden.“