Die Gewächshäuser in Planten un Blomen sind marode. Sie gehören zum Botanischen Garten, der derzeit von Berliner Gutachtern evaluiert wird. Die Bürgerschaft will sich über die Unterhaltskosten informieren.

Neustadt Der erste Blick fällt auf faszinierende exotische Pflanzen. Der zweite Blick offenbart den maroden Zustand der Tropengewächshäuser in Planten un Blomen. Die Fensterscheiben beschlagen von innen, an vielen Stellen sind Löcher und Sprünge mit schwarzem Klebeband abgedeckt. Zwischen Fundament und Glas haben sich Spalten gebildet, durch die die warme Luft nach draußen entweicht – für tropisches Klima nicht zuträglich.

Die Technik ist in einem katastrophalen Zustand, auch das Fundament ist bröckelig. Schon 2011 sollte es saniert werden, doch die Arbeiten verzögern sich. Um die 1963 von Grindelhochhaus- und Großmarkthallenarchitekt Bernhard Hermkes entworfenen Gebäude weiterhin als Schaugewächshäuser und wissenschaftliche Forschungsstätte nutzen zu können, müssten sie saniert werden. Die Kosten schätzen Insider auf einen zweistelligen Millionenbetrag.

Berliner Gutachter sollen nach Abendblatt-Informationen durch den Zustand der Glashäuser „sehr erschrocken“ gewesen sein. Die Gutachter nehmen seit September den gesamten Botanischen Garten unter die Lupe – die 24 Hektar in Klein Flottbek mit den Gewächshäusern dort (7000 Quadratmeter) und in Planten un Blomen (3000 Quadratmeter). Das Gutachten wird im Auftrag des Uni-Präsidiums erstellt, das damit einem Antrag der Bürgerschaft folgt. Die hatte Ende 2012 von der Uni ein Konzept für die Entwicklung des Botanischen Gartens gefordert, um sich ein Bild von den damit verbundenen Kosten machen zu können. Schließlich bekommt die Uni seit zehn Jahren jedes Jahr rund 3,25 Millionen Euro für den Unterhalt. Durch die Überprüfung sämtlicher Ausgaben – Kosten für Energie, Wasser, Personal – soll geprüft werden, ob der Betrag noch angemessen ist.

Elisabeth Kiausch, früher SPD-Finanzsenatorin und Bürgerschaftspräsidentin, heute Vorsitzende des Vereins „Gesellschaft der Freunde des Botanischen Gartens“, wartet gespannt auf das Ergebnis. „Das Gutachten ist dringend erforderlich für die Planungen des Botanischen Gartens“, sagt sie. „Die Vorbereitungen für den nächsten Doppelhaushalt beginnen in Kürze. Da sollten die Resultate möglichst schon einfließen.“ Dem Freundeskreis liegen die Gewächshäuser sehr am Herzen. Der Verein hat rund 900 Mitglieder und unterstützt den Botanischen Garten finanziell und mit viel ehrenamtlicher Arbeit. In den Tropengewächshäusern etwa werden regelmäßig Führungen angeboten. Botanik-Professor Karl Dörffling war 1979 Mitbegründer des Freundeskreises und ist dessen zweiter Vorsitzender. „Die Gewächshäuser sind ein wichtiger und einmaliger Kontakt der Universität zur Bevölkerung“, sagt er. „Wo sonst können Besucher in die Gefilde der Wissenschaftler vordringen?“

Außerdem sind die Schaugewächshäuser die Keimzelle der Botanik in Hamburg. Der Encephalartos altensteinii, ein hochstämmiger Palmfarn, steht hier schon seit dem 19. Jahrhundert. Gepflanzt wurde er von Johann Georg Christian Lehmann, Professor für Naturgeschichte, der 1821 an dieser Stelle der Wallanlagen einen Botanischen Garten errichtete. Dieser zog nicht nur Pflanzensammler und Wissenschaftler an, er war mit seinem Botanischen Museum und diversen Gewächshäusern auch bei den Hamburgern ein beliebtes Ausflugsziel. Noch heute sind die Tropengewächshäuser ein Publikumsmagnet: Jedes Jahr kommen mehr als 240.000 Besucher und fühlen sich zwischen den exotischen Pflanzen in eine ferne Welt versetzt.

„Es ist ein exotisches Refugium, das die Menschen wegen seiner Lage mitten in der Großstadt umso mehr überrascht“, sagt Elisabeth Kiausch. Tropenhaus, Palmfarnhaus und Subtropenhaus beherbergen teilweise sehr kostbare Pflanzen und eine kleine Teichanlage. Mitarbeiter und Freunde des Botanischen Garten hoffen, dass die Glashäuser instand gesetzt und gleichzeitig auch modernisiert werden können. Es fehlt etwa ein Computerprogramm für die Regulierung der Temperatur und eine Sprühnebelanlage; viele Pflanzen blühen nicht, weil die natürlichen klimatischen Bedingungen fehlen.

Die alten Schaugewächshäuser aufzugeben und neue in Klein Flottbek zu bauen, wie es 1980 schon einmal geplant war, wird bei den Botanikern kontrovers diskutiert. Der Standort in Planten un Blomen wird wegen seiner historischen Bedeutung und seiner zentralen Lage von den meisten Botanikern favorisiert. Schon vor zehn Jahren hatte es große Empörung gegeben, als die Gewächshäuser samt der Botanischen Institute von der Stadt an die „Zeit“-Stiftung verkauft wurden. Während in die historischen Gebäude an der Jungiusstraße die Bucerius Law School einzog, wurden die Gewächshäuser zu einem symbolischen Preis an die Uni, und damit an die Stadt, zurück vermietet. Der Mietvertrag läuft 2015 aus. Dass gerade jetzt ein Gutachten den Zustand der Gebäude prüft, soll aber nur Zufall sein.

Dessen Ergebnisse lassen noch auf sich warten. „Wir rechnen damit, dass uns das Gutachten im zweiten Quartal vorgestellt wird“, sagt Uni-Sprecherin Christiane Kuhrt. Für die Haushaltsberatungen sei das unwesentlich, da die Uni bis 2020 einen festgeschriebenen Haushalt habe. Darüber hinaus gelte für das Budget des Botanischen Gartens der Auflagenbeschluss des Parlaments.