Versorger wendet sich mit seinem Angebot an mittelständische Betriebe. Mietzahlungen werden fällig. Dafür fallen die Stromkosten geringer aus.
Hamburg. Rund 200 Quadratmeter ist sie groß, die neue Solaranlage auf dem Dach der Hamburger Tischler-Innung in Jenfeld. Falk Schütt, Geschäftsführer der Innung, ist der erste Kunde, dem der städtische Stromkonzern Hamburg Energie eine solche Anlage mit einer Leistung von 29,5 Kilowatt auf das Ausbildungszentrum für angehende Tischler und Meister gestellt hat. Das entspricht einem Jahresstromertrag von rund 24.300 Kilowattstunden (kWh). „Da wir den erzeugten Strom größtenteils selbst nutzen, kann ich gut ein Viertel unseres Bedarfs jetzt selbst erzeugen“, sagt Schütt. Das spart Geld.
Dagegen rechnet er die Jahresmiete für die Anlage in Höhe von 4500 Euro. Die Experten von Hamburg Energie sagen einen Eigenstrom-Anteil von durchschnittlich 18.750 Kilowattstunden durch das Solardach voraus. Die restlichen 51.250 kWh speist Hamburg Energie ein. Weil über die Wochenenden in der Innung nicht gearbeitet wird, erhält sie zusätzlich eine Vergütung von derzeit 13,3 Cent nach dem Erneuerbare Energien Gesetz (EEG), weil der am Sonnabend und Sonntag erzeugte Strom ins öffentliche Stromnetz eingespeist werden muss. Damit kostet Schütt die Kilowattstunde der selbst erzeugten Solarenergie unterm Strich knapp 21 Cent. Bei Hamburg Energie bezahlen derzeit Gewerbetreibende mit einem Verbrauch von bis zu 30.000 kWh im Jahr in der Spitze 23,55 Cent pro Kilowattstunde, beim Konkurrenten Vattenfall sind es im Tarif Newpower sogar 24,24 Cent.
„Ein bis drei Cent Ersparnis pro Kilowattstunde sind möglich“, sagt Carsten Roth, Sprecher von Hamburg Energie. Schütt kann bislang zwar nur eine geringe Rendite von rund fünf Prozent im Jahr erwirtschaften, aber für die Zukunft geht er von hohen Einsparungen aus. Denn die Kosten für die Eigenerzeugung bleiben für die neue Solaranlage auch bei steigenden Stromtarifen in den nächsten 20 Jahren konstant bei knapp 21 Cent. Für die Zukunft erhofft sich der Innungschef, dass er den zu viel erzeugten Wochenendstrom nicht mehr ins öffentliche Netz einspeisen muss, sondern für den Betrieb von Solarfahrzeugen nutzen kann.
„Von jeder künftigen Preiserhöhung sind bis zum Jahr 2035 nur drei Viertel unseres Stromverbrauchs betroffen“, sagt Schütt. Je länger die Anlage steht und je stärker der Strompreis steigt, umso mehr profitiert die Tischler-Innung finanziell von der Solaranlage auf ihrem Dach. Dass Strom teurer wird, steht außer Frage. Allein durch die politisch motivierte Subventionierung der erneuerbaren Energien werden für Gewerbebetriebe und Privathaushalte in Zukunft höhere Kosten anfallen.
Was für Schütt eine Möglichkeit zum Sparen bedeutet, ist für den Strom- und Gaskonzern Hamburg Energie ein ganz neues Geschäftsfeld. „Wir wollen künftig Tischlereien, Autohäusern, Recyclingbetrieben und anderen Gewerbebetrieben – mit passendem Dach – Solaranlagen anbieten“, sagt Thomas-Tim Sävecke, Leiter für Produktion und Contracting bei dem Versorger.
Rund 34.000 Euro investierte Hamburg Energie in die neuen Solarmodule auf dem Dach in Jenfeld. Die Mieten für die Anlage summieren sich bis zum Ende der 20-jährigen Laufzeit auf 90.000 Euro, die Hamburg Energie neben den Bau- und Finanzierungskosten zum Teil in den Service steckt. „Bis zum Jahresende wollen wir zehn Anlagen aufstellen“, so Sävecke. Allein bei den Tischlern erwartet er ein Potenzial von gut 75 der insgesamt rund 150 in der Innung eingetragenen Betriebe. Die Höhe der Pacht richtet sich nach der Quadratmeterzahl der installierten Solarleistung. Auch deshalb ist die Anlage der Tischlerinnung und deren Renditeerwartung nur ein Beispiel. Bei kleineren Flächen fängt die monatliche Gebühr, die an den städtischen Versorger überwiesen werden muss, bei 200 Euro an. In diesem Fall wird allerdings auch der Anteil an Strom, den die Solarmodule für den Eigenbedarf produzieren können, geringer ausfallen.
Nicht alle Gebäude eignen sich für Solaranlagen. „Das Dach darf nicht im Schatten anderer Gebäude liegen“, sagt Sävecke. Sonst lohne sich der Bau finanziell nicht. Zudem müsse die Fläche groß genug für eine vernünftige Bebauung sein. Wenn dann auch noch die Statik stimme, stehe einer neuen Dachanlage nichts im Wege.