Nach dem Verkauf seines Tourismusunternehmens Öger Tours an Thomas will der Hamburger Unternehmer Vural Öger nochmals richtig durchstarten. Er hat sich ein weiteres Touristikunternehmen aufgebaut.
Hamburg. Elbchaussee 112 in einem Jugendstilhaus, das als Bürogebäude genutzt wird. Vural Öger sitzt am Schreibtisch und schaut seinen neuen Reisekatalog an. Der Mann kann es nicht lassen. Gut drei Jahre nach dem Verkauf seines Touristikunternehmens Öger Tours an den Wettbewerber Thomas Cook für 30 Millionen Euro will der deutsch-türkische Unternehmer nochmals richtig durchstarten. In Hamburg, wo auch Öger Tours entstand, hat er jetzt die Tourismusbranche mit der Gründung seiner neuen Firma V.Ö. Travel – Vural Öger Touristik überrascht. Mit Beginn der Sommersaison bietet V.Ö. Pauschalreisen in verschiedene Regionen der Türkei an. „Ab dem 10. April kann man mit uns fliegen“, sagt Öger. „Wir werden an jedem deutschen Flughafen präsent sein und auch zahlreiche Ziele in der Türkei anfliegen.“ Unter anderem können Touristen mit V.Ö. Travel – Vural Öger an die türkische Rivera reisen, nach Istanbul, aber auch nach Anatolien. Denn der rührige Türke mit deutschem Pass besitzt auch die Fluglinie Öger Türk Tur, die fast jeden Flughafen in der Türkei anfliegt.
„Ich brauche den Kick“, sagt der agile Unternehmer, der im Februar seinen 72. Geburtstag feiern wird. Einfach nur den Ruhestand zu genießen, gelingt dem Unternehmer, der in Hamburg und in der Türkei lebt, nicht. Nach dem Verkauf von Öger Tours habe ihn die Branche „weiterhin fasziniert“. Nun wolle er „vom Spielfeldrand wieder auf den Platz zurückkehren“, sagt er.
Unter anderem sollen ihn auch türkische Hoteliers zum Neuanfang gedrängt haben. Denn die deutschen Gäste, die gerne an die türkische Riviera reisen, sind dort sehr beliebt. Mit einigen Hundert Herbergen in dem Land hat er bereits Verträge abgeschlossen. Doch das ist nur der Anfang, weitere werden hinzukommen. Seine Kataloge mit fast 300 Seiten kommen noch im Januar in die Reisebüros. „Inzwischen haben wir bereits 1000 Reisebüros, die mit uns arbeiten werden“, sagt Öger. Am Ende sollen es 10.000 sein. Langfristig will der Unternehmer auch Ziele wie Spanien, Ägypten und die Vereinigten Arabischen Emirate ins Portfolio aufnehmen.
Öger kennt sich aus in der deutschen und türkischen Tourismusbranche. Bereits 1969 stieg er ins Reisegeschäft ein – nach einem unangenehmen Erlebnis. Am Hamburger Rathausmarkt setzte der frischgebackene Diplom-Ingenieur sein Auto versehentlich in Brand. Papiere, Geld, alles war weg. Hilfe suchte sich der junge Mann, der bereits im Jahr 1960 nach Deutschland einreiste, in einem türkischen Restaurant. Dort hing eine Werbung für Flüge von Düsseldorf in die Türkei. Öger übernahm die Idee für Hamburg. Er gründet in Hamburg das Reisebüro Istanbul. Die Geschäftsidee bestand darin, als erstes Unternehmen in Deutschland, Direktflüge von Hamburg in die Türkei durchzuführen. 20.000 Mark hat der aus Ankara stammende Einser-Abiturient und Diplom-Ingenieur in die Anmietung eines Flugzeugs investiert und die Tickets für 395 Mark pro Stück verkauft. Das Geschäft brummte, denn viele der damaligen „Gastarbeiter“ nutzten Ögers Service, um nach Hause zu fliegen. Geholfen hat vermutlich zudem, dass die Konkurrenz ihn zu Beginn unterschätzte und gewähren ließ. Rund um die Fluglinie erweiterte Öger sukzessive das Geschäft zu einem Pauschalreiseveranstalter, der 1982 den Namen Öger Tours bekam.
Auch in der Türkei ist der agile Mann geschätzt, nicht nur bei seinen Tourismuspartnern, sondern auch als Experte für beide Länder. Öger ist zwar ein Geschäftsmann, aber er kümmert sich auch um gesellschaftliche Themen wie die Einwanderungspolitik. Er gehörte 1998 zu den Mitbegründern der Deutsch-Türkischen Stiftung (DTS). Unter anderem hat er auch das Buch „Mein Deutschland, meine Türkei“ geschrieben, in dem er sich für die Verständigung zwischen Türken und Deutschen einsetzt. Als Abgeordneter des Europäischen Parlaments 2004 bis 2009 war er unter anderem im Ausschuss EU-Türkei.
In seinem neuen Unternehmen setzt der Chef darauf, wenige Kosten zu haben. Für die Verhandlungen mit den Hotels ist seine Tochter Nina zuständig, die in der Türkei lebt. Sie ist die älteste von Ögers drei Kindern und betreut auch die acht familieneigenen Hotels. Die beiden anderen studieren noch. In der Türkei betreibt er auch ein Callcenter mit türkischen Mitarbeitern, die Deutsch sprechen. In Hamburg beschäftigt er bislang 14 Mitarbeiter. „Wir werden ein Mittelständler in der Branche sein, der flexibler als die großen Konzerne ist“, sagt Öger, der durch Schnelligkeit die großen Konzerne abhängen will. „Wir haben auch kürzere Entscheidungswege.“ Zudem hilft dem jungen Unternehmen, dass Öger bereits seit Jahren in der Türkei eine Firma betreibt, die die Reisenden am Flughafen empfängt und betreut. In diesem Jahr will Öger etwa 100.000 Pauschalreisen vermitteln. „Aber danach werden es mehr“, sagt der Mann, der in seinen besten Zeiten mit seinem Unternehmen Öger Tours Umsätze im dreistelligen Millionenbereich erwirtschaftet hat.
Doch es scheint nicht der Wunsch nach mehr Geld, der den Unternehmer antreibt, sondern eher der Drang, etwas zu erschaffen. Denn Nichtstun liegt Öger, der nach dem Studium in Deutschland sein Leben lang gearbeitet hat, nicht.