Christiane Schneider, Die Linke, spricht im Abendblatt-Interview zu den Übergriffen auf Polizisten in Hamburg. „Ich sehe es als Aufgabe der Politik, diese Eskalation zu durchbrechen.“

Hamburg Christiane Schneider, Innenpolitikerin der Linksfraktion, spricht im Abendblatt-Interview über die Rolle der Linken im Zusammenhang mit den jüngsten Ausschreitungen.

Hamburger Abendblatt: Was ist vor dem Hintergrund der massiven Krawalle im Schanzenviertel vor gut einer Woche und den lebensgefährlichen Attacken auf Polizisten am Wochenende los in der Stadt? Sind linke Gruppen dabei, sich so zu radikalisieren, wie wir es lange nicht erlebt haben?

Christiane Schneider: Wir erleben eine Dynamik der Gewalt, die ich erschreckend finde. Ich sehe es als Aufgabe der Politik, diese Eskalation zu durchbrechen.

Man hat aber den Eindruck, dass Sie diese Eskalation lediglich aufseiten der Polizei sehen.

Schneider: Nein, das tue ich nicht, deshalb spreche ich auch von der Dynamik der Gewalt. Ich sehe aber meine Aufgabe als Teil der Legislative darin, die Exekutive, also die Polizei, zu kontrollieren. Das spiegelt sich in meinen Aussagen nach Demonstrationen auch so wider. Das wird fälschlicherweise so interpretiert, dass ich die Gewalt auf der anderen Seite gutheiße.

Sie kritisieren nicht, dass es Gruppen gibt, die mit Steinen und Feuerwerkskörpern auf Demonstrationen gehen.

Schneider: Meine Kritik richtet den Fokus auf die Polizei. Aber ich habe auch deutlich geschrieben, dass die Gewalteskalation aufseiten von Demonstranten nicht gerechtfertigt ist. Ich finde es erschreckend, dass durch Steinewerfen Gesundheit oder gar Leben von Polizeibeamten und Demonstranten gefährdet wird. Dafür gibt es keine Rechtfertigung. Gewalt steht aber selten am Anfang des Konfliktes. Es ist notwendig, den politischen Konflikt, um den es geht, zu lösen. Der Konflikt etwa um die Rote Flora.

Am Wochenende haben 50 Randalierer Polizisten angegriffen. Meinen Sie nicht, dass auch Bürgerschaftsabgeordnete zur Deeskalation beitragen sollten?

Schneider: Zunächst einmal war das ein arglistiger Angriff, den ich verurteile. Deeskalation sehe ich als wichtige Aufgabe, auch von mir. Dazu gehört auch, dass man sich überlegt, woher die Gewalt kommt und wie man die Menschen argumentativ erreicht, die Gewalt für ein Mittel der Auseinandersetzung halten. Es besteht eine Scheu in der linken Bewegung, sich zu distanzieren. Aber die Debatte muss geführt werden.

Aber wo haben Sie denn während der Demonstration deeskaliert? Davor hat Ihre Fraktion mit allen anderen Bürgerschaftsfraktionen sich gegen Gewalt ausgesprochen und danach nur von Polizeigewalt gesprochen.

Schneider: Ich habe etwa durch Gespräche mit Polizeiführern versucht zu erreichen, dass der völlig friedliche, über Stunden eingeschlossene „Bunte Block“ in einem Demonstrationszug abziehen kann. Ich wurde jedoch mehrfach Zeugin, wie dieser „Bunte Block“ ohne Anlass von Polizisten mit Pfefferspray angegriffen wurde.

Ist dabei der Satz „Haut ab, ihr Bullen“ gefallen?

Schneider: Ich habe diesen Satz nicht gesagt und auch nicht im Schwarzen Block gestanden. Ich habe mich zwar heftig mit Einsatzkräften aus Niedersachsen gestritten, aber diesen Satz habe ich nicht gesagt.

Was haben Sie empfunden, als Sie gesehen haben, wie der schwarze Block auf die Polizisten losmarschiert ist?

Schneider: Ich denke dann, dass ich an keiner Demonstration teilnehmen möchte, bei der nicht auch eine Mutter mit Kinderwagen mitgehen kann.