Besonders in der Stiftungshochburg Hamburg haben viele Stiftungen finanzielle Probleme. Wegen niedriger Zinsen sind gemeinnützige Projekte gefährdet, Hilfsgesuche müssen abgelehnt werden.
Hamburg. Die einen versuchen mehr Spenden einzuwerben, die anderen setzen in der Verwaltung fast nur noch auf ehrenamtliche Helfer: Immer mehr kleine Hamburger Stiftungen stecken tief in der Finanzklemme. Etliche mussten bereits ihre Hilfsprojekte einschränken und Anfragen zur Unterstützung ablehnen.
Grund ist das anhaltend niedrige Zinsniveau auf dem Geldmarkt. Viele kleine Stiftungen legen ihr Vermögen konservativ an, können bei zwei Prozent Ertrag aber oft nicht mal die Inflationsrate ausgleichen. Mitunter ist dann sogar die Handlungsfähigkeit gefährdet. „Je länger die Niedrigzinsphase dauert, desto größer sind die Probleme“, sagt Hans Fleisch, Generalsekretär beim Bundesverband der Stiftungen. Laut einer Mitgliederbefragung musste bereits jede fünfte Stiftung die Ausgaben reduzieren. Vermögensverluste musste etwa jede zwölfte Stiftung hinnehmen.
Besonders in der Stiftungshochburg Hamburg – 1297 Stiftungen sind hier registriert, allein in diesem Jahr gab es 30 Neugründungen – geraten etliche in Bedrängnis. Einige wie die Stiftung Leistungssport suchen nach kreativen Lösungen. Wegen der sinkenden Zinserträge konnte die Stiftung nicht mehr wie gewünscht die Spitzensportler der Stadt fördern. Ein freiwilliger „Olympia-Soli“ sollte helfen. Die Idee: Monatlich spenden etwa 180.000 Fitnessstudio-Mitglieder freiwillig zehn Cent, um die Stiftung zu unterstützen.
Doch vorerst scheitert das Projekt an der mangelnden Bereitschaft der Betreiber. Stattdessen hat die Stiftung, so Vorstand Reinhard Wolf, „mit der gebotenen Sorgfalt erfolgreich in Immobilienfonds investiert“. So konnten „sogar vier bis fünf zusätzliche Projekte“ unterstützt werden.
„Keine einfache Zeit“
Doch oft hilft nur noch, das Hilfsangebot einzuschränken. „Wir befinden uns in einer schwierigen Lage“, sagt etwa Martin Eckert von der Hamburger Gemeinschaftsstiftung für behinderte Menschen. Sie verfügt über 1,8 Millionen Euro. Finanziell sei dies eigentlich „durchaus solide“, so Eckert. Doch die niedrigen Zinsen lösen Sorgen aus. „Wir müssen uns stark einschränken.“
Momentan konzentriere sich die operative Arbeit auf kleine Einzelhilfen. Eine Therapie hier, ein Kostenzuschuss zur neuen Brille da. „Das freut die Menschen und sieht unser Konzept auch vor“, sagt Eckert. „Aber natürlich müssen wir kostspielige Hilfsgesuche ablehnen.“ Insgesamt könne die Stiftung mit 40.000 bis 50.000 Euro pro Jahr helfen.
Auch Anke Palder, Leiterin des Referats Stiftungsangelegenheiten in der Justizbehörde, sagt: „Dies ist keine einfache Zeit.“ In den vergangenen Jahren seien mehr Stiftungsgründer in die Behörde gekommen, „die ihre Zweckerfüllung gefährdet sahen“. Vor allem Anlageberatung sei gewünscht.
Der Hamburger Notar und Stiftungsexperte Peter Rawert kritisiert, zuletzt seien viele „unterkapitalisierte“ Stiftungen gegründet worden. Einer der Gründe sei, dass es keine Regelung zum minimalen Einstiegsvermögen gebe. Etwa 75 Prozent aller deutschen Stiftungen besäßen jeweils weniger als eine Million Euro. Vor allem sie geraten nun in finanzielle Not, weil ihnen nicht alle Anlageoptionen offenstehen. Immobilieninvestments oder Aktiengeschäfte etwa seien für kleine Stiftungen oft zu risikoreich.
Große Stiftungen wie die Hamburger „Zeit“-Stiftung (800 Millionen Euro) können dagegen ihr Vermögen vielfältiger verwalten, sagt Finanzvorstand Michael Berndt: Es sei zu einem Drittel in Aktien angelegt, ein Achtel in Immobilien, der Rest mehre sich – aktuell mehr schlecht als recht – konservativ. „Jedoch haben unsere Aktien im Gegenzug eine gute Entwicklung genommen.“ Dies, so Berndt, überstrahle sogar die Zinskrise.