Die 1933 gegründete Buchhandlung Laatzen an der Esplanade muss schließen. Inhaber Lauritz Laatzen macht die Konkurrenz des Onlinehandels und die langen Bauarbeiten am Dammtor verantwortlich für schwindende Umsätze.
Neustadt. Für die letzten Tage hätte er gerne ein Schild aufgehängt, sagt Lauritz Laatzen, mit dem Hinweis „Jammern und lamentieren verboten“. Seit sich herumgesprochen hatte, dass er seine Buchhandlung an der Esplanade am gestrigen Montag schließt, musste er jedem Kunden Rede und Antwort stehen. Sie hatten sich teilweise seit Jahrzehnten bei ihm mit Lesestoff eingedeckt. Jetzt wollten sie ihn zum Weitermachen überreden. Doch das sei leider ausgeschlossen, sagt der 46-Jährige. „Viele kommen zwar seit Langem; aber es sind zu wenige, um den Laden am Laufen zu halten.“
Wären dagegen täglich so viele gekommen wie am Montag, hätte er sogar den Nachbarladen dazumieten müssen. Teilweise konnten er und seine Mitarbeiter sich kaum einen Weg durch die Menge der Kunden bahnen, die Abschied nehmen und noch ein paar Bücher kaufen wollten. Sie brachten Blumen mit, selbst gebackene Weihnachtskekse und Wein. „Es ist eher schön, als nur zum Heulen“, sagt Laatzen, erfreut über die Anteilnahme. Dennoch sei es „bitter“, das Geschäft zu schließen, das sein Großvater vor 80 Jahren gegründet hat. „Es ist eine Vernichtung von Werten und Wissen.“
1933 eröffnete Hermann Laatzen die Buchhandlung mit seinem jüdischen Kompagnon Theo Ascher zunächst an den Großen Bleichen. Fünf Jahre später kaufte Laatzen Bücher jüdischer Autoren, die von den Nazis verboten worden waren, und legte damit den Grundstein für ein Geschäftskonzept, das bis zuletzt Bestand hatte: Man bekam bei Laatzen nicht nur das üblichen Büchersortiment, sondern auch seltene Restposten, Sonderausgaben und preisgünstige Ware mit leichten Mängeln.
Ein Jahr später musste Hermann Laatzen seinen jüdischen Partner auszahlen. Dieser überstand den Krieg in Deutschland unbeschadet. „Bis zu seinem Tod vor etwa 15 Jahren hat er uns regelmäßig besucht“, erinnert sich Lauritz Laatzen. Sein Großvater zog mit dem Geschäft an die Warburgstraße und eröffnete dann die Filiale an der Esplanade. Erst übernahm sein Sohn Jens Peter, dann Enkel Lauritz die Geschäftsführung.
Vor vier Jahren musste bereits das Geschäft an der Warburgstraße geschlossen werden. Es lag direkt am US-Konsulat. „Neben Wachposten mit Maschinengewehren kauft man nicht gerne ein“, sagt Laatzen. Dass viele Kunden später auch dem Laden an der Esplanade fernbleiben, habe in erster Linie mit der zunehmenden Konkurrenz der Onlinebuchhändler zu tun. „Die haben den größeren Werbeetat und suggerieren den Kunden, dass die Bücher schneller lieferbar und günstiger sind als bei uns“, sagt Laatzen. Das aber sei ein Trugschluss: Bücher unterlägen einer Preisbindung, und der Buchhändler sei mindestens ebenso schnell wie der Onlinehändler.
Doch nicht nur das Internet, auch die Baustellen zwischen Dammtor und Gänsemarkt hatten für Umsatzeinbußen gesorgt. „Wir hatten über Monate keine Laufkundschaft“, sagt Laatzen. Die blieb auch nach Abschluss der Bauarbeiten aus. „Viele Kunden haben sich umorientiert.“
Wenn auch nicht an der Esplanade, so bleibt Buchhändler Laatzen jedenfalls im Internet erhalten. Auf der Website www.buchhandlung-laatzen.de existiert nach wie vor der Onlineshop. Dort werde man weiterhin Neuware und antiquarische Bücher finden, verspricht Laatzen, der „eine Menge Schätzchen“ mitnehmen will.
Was Lauritz Laatzen nicht verkauft, geht an die Verlage zurück oder wird von einem Kollegen übernommen. Statt Bücher wird man an der Esplanade 30 künftig vielleicht Kinderbekleidung finden oder einen weiteren Coffeeshop.
Immer wieder müssen Traditionsgeschäfte in der Hamburger City aufgeben. Noch bis zum Jahresende ist Ausverkauf im Porzellangeschäft Montag, dann schließt das 1912 gegründete Unternehmen am Ballindamm. Das Stahlwarenfachgeschäft Emil Jeand’Heur, das 1905 ins Streit’s Haus gezogen war, musste ebenso wie das berühmte Kino schon im März schließen.
Im vergangenen Jahr traf es nach 203 Jahren auch den Waffen- und Angelladen Eduard Hoerning an der Lilienstraße, die parallel zur Spitalerstraße verläuft. Vorher mussten Salamander, Beutin, Brinkmann und Jäger + Koch ihre Geschäfte verlagern oder ganz aufgeben. Oft waren es bevorstehende Mieterhöhungen, die daran Schuld waren.
„Das“, sagt Lauritz Laatzen, „hat bei uns allerdings keine Rolle gespielt.“