Der Kinderschutzbericht zeigt, dass die Zahl der gemeldeten Fälle von Kindeswohlgefährdung stark gestiegen ist. Eine bessere Erfassungs-Software sei unter anderem der Grund.
Hamburg. In Hamburg sind 2012 deutlich mehr Fälle von Kindeswohlgefährdung gemeldet worden als im Vorjahr. Das geht aus dem aktuellen Kinderschutzbericht hervor, den der Bezirksamtsleiter Wandsbek, Thomas Ritzenhoff, am Dienstag vorgestellt hat. So ist die Zahl von 9013 im Jahr 2011 auf 10.811 im Jahr 2012 gestiegen. Das entspricht einem Anstieg von knapp 20 Prozent. Den prozentual stärksten Zuwachs gab es in den Bezirken Altona und Bergedorf.
Auch bei allen Anliegen, die insgesamt bei den ASD-Abteilungen, dem Familieninterventionsteam (FIT) oder beim Kinder- und Jugendnotdienst (KJND) eingegangen sind und bearbeitet wurden, stieg die Zahl dramatisch: Waren es 2011 noch 28.617 Fälle, so waren es 2012 schon 33.825.
Ein wesentlicher Grund für den Anstieg der Fälle sei eine erhöhte Sensibilität in der Bevölkerung sowie eine erhöhte Kooperationsdichte zwischen Jugendhilfe und anderen Systemen wie dem Gesundheitswesen und den Schulen, sagte der Leiter des Fachamtes für Jugend- und Familienhilfe, Christoph Exner. Davon, dass sich die Lage der Kinder in Hamburg allgemein verschlechtert habe, wollten weder Exner noch Ritzenhoff sprechen.
Ritzenhoff zufolge hat insbesondere der „tragische Tod“ der elfjährigen Chantal eine bundesweite Diskussion ausgelöst und zu einigen politischen Entscheidungen geführt. Chantal war Anfang 2012 in der Obhut ihrer drogensüchtigen Pflegeeltern an einer Überdosis Methadon gestorben. In der Folge wurden etwa alle Pflegeverhältnisse vor allem in Hinblick auf Suchterkrankungen und Straftaten überprüft. Ein Lageplan zur Situation im ASD wurde erstellt. Zudem wurde ein umfangreiches Qualitätsentwicklungssystem beschlossen. Auch hängt der Anstieg der Fälle 2012 damit zusammen, dass es bislang keine einheitliche Definition zu einem Anliegen, einer Klärungsphase und einem Fall gebe. Eine spezielle Arbeitsgruppe beschäftigt sich laut Ritzenhoff derzeit damit, eine solche Definitionen zu erarbeiten.
Hinzu kommt, dass im Mai 2012 eine neue Computersoftware (JUS-IT) im Jugendamt eingeführt wurde. Diese integriert die Fachkräfte des Kinder- und Jugendnotdienstes, die nun ihre Anliegen direkt in das System eingeben. Zudem gibt es jetzt eine elektronische Schnittstelle mit dem System der Polizei, die entsprechende Meldungen zu Kindeswohlgefährdung einspeisen kann. Daher gehen alle Meldungen von der Polizei als Kindeswohlgefährdung ein. Auch das Inkrafttreten des neuen Bundeskinderschutzgesetzes führte dazu, dass der Bericht den Schwerpunkt auf die inhaltlichen Themen legt.