Stellenstreichungen befürchtet. In Bremen sollen Airbus-Mitarbeiter in die Rüstungssparte wechseln. Können mit Lohnverzicht Jobs gerettet werden?
Hamburg. Zwar treffen die beim Airbus-Mutterkonzern EADS geplanten Stellenstreichungen vor allem die Standorte in Bayern, aber auch Mitarbeiter in Norddeutschland müssen weiter bangen. „Wir können für den Norden keine Entwarnung geben“, sagte Heiko Messerschmidt, Sprecher des IG-Metall-Bezirks Küste. Konkrete Zahlen für die einzelnen Werke hat der EADS-Vorstand noch nicht vorgelegt. Das solle erst im Februar erfolgen, so Messerschmidt weiter.
In einer Telefonkonferenz am Dienstagmorgen hatte das Topmanagement des Konzerns jedoch angedeutet, dass man sich tendenziell auf große Standorte konzentrieren und kleine aufgeben wolle. In den von dem jetzt verkündeten Sparprogramm betroffenen Sparten – also im Rüstungs- und Raumfahrtgeschäft sowie den Militärflugzeugaktivitäten von Airbus – gibt es an der Küste zwei Standorte, auf die das zutreffen könnte: In Kiel betreibt EADS ein Kundenzentrum mit etwa 50 Mitarbeitern für die Betreuung der Marine, in Rostock erstellt eine Konzerntochter mit 150 Beschäftigten unter anderem Software für die Raumfahrt.
In Bremen wird nach EADS-Angaben Airbus-Personal mehrerer Abteilungen, die am Militärtransporter A400M arbeiten, Ende 2014 in die neue Konzernsparte für das Rüstungs- und Raumfahrtgeschäft verlagert. Wie viele Beschäftigte dies betrifft, wurde nicht mitgeteilt. Dem Betriebsrat zufolge arbeiten in Bremen rund 700 Personen am A400M. Unklar ist ferner, ob für die Mitarbeiter, die wechseln sollen, weiter der Airbus-Zukunftstarifvertrag, der Beschäftigungssicherung bis 2020 vorsieht, gelten wird.
„Diese Personalverlagerung wird ein schwieriger Punkt in den Verhandlungen mit der Konzernleitung, die jetzt beginnen“, sagte Rüdiger Lütjen, Vorsitzender des Europäischen Betriebsrates von EADS. Für ihn sei es zudem unerklärlich, warum man nur in Bremen den Weg der Umsetzung von Mitarbeitern gehen wolle. So arbeiten etwa im Airbus-Werk Stade rund 400 Beschäftigte ebenfalls am A400M.
Am Montagabend hatte EADS angekündigt, dass bis Ende 2016 europaweit 5800 Stellen abgebaut werden sollen. In Deutschland sind es etwa 2600, die meisten davon in Bayern. Der Standort Unterschleißheim soll verkauft werden, der größte Teil der dortigen Belegschaft werde auf andere süddeutsche Standorte verlagert.
Im Zuge des Abbauprogramms sind nach den Worten von EADS-Chef Tom Enders betriebsbedingte Kündigungen nicht ausgeschlossen. Vor allem dies sorge bei den Mitarbeitern des Unternehmens für Wut und Verunsicherung, sagte Gewerkschaftssprecher Messerschmidt. „Es wäre bei den Gewinnen, die der Konzern erreicht, niemandem vermittelbar, Mitarbeiter vor die Tür zu setzen“, so Lütjen. „Wir sind doch kein Sanierungsfall.“ Der Betriebsratsvorsitzende hält es für „personalpolitischen Unsinn“, die Beschäftigten „für drei Jahre unter das Damoklesschwert betriebsbedingter Kündigungen zu stellen.“ Schließlich sei der Konzern auf eine motivierte und kreative Belegschaft angewiesen.
Enders verteidigte in der Telefonkonferenz die geplanten Einschnitte. Das Geschäft mit der Rüstung sei erheblich unter Druck. Es fehlten staatliche Aufträge, Bestellungen würden reduziert. Jetzt nichts zu unternehmen, wäre unverantwortlich, so Enders: „Ist es gutes Management, zu warten, bis man gegen die Wand fährt?“
Zwar gebe es auch künftig einen Markt für Verteidigungstechnik, sagte Bernhard Gerwert, der Chef der neuen EADS-Sparte für das Rüstungs- und Raumfahrtgeschäft, „aber leider ist er nicht in Europa.“ Rüstungsexporte seien wegen des harten internationalen Wettbewerbs aber sehr schwierig, so Enders. Manche der eigenen Produkte seien zu teuer. Daher sei es erforderlich, diesen Unternehmensbereich wettbewerbsfähiger zu machen. Airbus habe mit dem Sparprogramm „Power 8“ ein Vorbild geliefert.
Wenn es keine Anschlussaufträge für den Kampfjet Eurofighter gebe, müssen man spätestens im Jahr 2018 weitere Arbeitsplätze streichen, sagte Enders. Er verwies am Dienstag auch auf die im vorigen Jahr am Widerstand der Bundesregierung gescheiterten Pläne für eine Fusion mit dem britischen Rüstungskonzern BAE Systems. Wäre es zu dem angestrebten Zusammenschluss gekommen, dann wären die Stellenstreichungen jetzt geringer ausgefallen, so der EADS-Chef. Enders hatte für den Fall der Fusion eine Arbeitsplatzgarantie für die deutschen Standorte in Aussicht gestellt.
Die Details des am Montag angekündigten Stellenabbauprogramms sollen nun bis Mitte 2014 mit den Betriebsräten und den Gewerkschaften verhandelt werden. Wie Messerschmidt sagte, hat EADS angeboten, den Abbau zu reduzieren, wenn man sich mit den Beschäftigten auf eine Senkung der Arbeitskosten einigen könne. „Darüber sollten wir miteinander sprechen“, so Messerschmidt. „Das funktioniert aber nur, wenn man den Mitarbeitern dafür langfristige Sicherheit bietet.“