Unbekannte hatten die Wohnhäuser von SPD-Fraktionschef Andreas Dressel, Sozialstaatsrat Jan Pörksen sowie Baustaatsrat Michael Sachs mit Steinen und Farbbeuteln attackiert.

Hamburg/Hollenstedt. Nach den Anschlägen auf die Wohnhäuser hochrangiger Vertreter von SPD und Senat haben sich nun auch die Fraktionen der Grünen und Linken zu Wort gemeldet. „Wir verurteilen die Farbbeutelattacken auf die Häuser von SPD-Politikern scharf. Solche Aktionen sind dumm und feige. Dafür gibt es keinerlei Rechtfertigung. Den Urhebern sollte klar sein, dass sie damit dem Anliegen der Lampedusa-Gruppe schaden“, sagte Grünen-Fraktionschef Jens Kerstan.

Wie berichtet, hatten Unbekannte die Wohnhäuser von SPD-Fraktionschef Andreas Dressel, Sozialstaatsrat Jan Pörksen sowie Baustaatsrat Michael Sachs (beide SPD) mit Steinen und Farbbeuteln attackiert. Bei den Angriffen wurde niemand verletzt, es entstand aber erheblicher Sachschaden. In einem Bekennerschreiben brachten die Verfasser die Anschläge in Zusammenhang mit der Haltung des SPD-Senats zur Flüchtlingsfrage. „Jetzt nicht nachlassen und den Aufenthalt für die Lampedusa-Gruppe durchsetzen“, schrieben die Unbekannten in einer E-Mail.

Christiane Schneider, flüchtlingspolitische Sprecherin der Linksfraktion, sagte: „Ich lehne Methoden der Einschüchterung politischer Gegner und ihrer Familien entschieden ab. Der Kampf für ein humanitäres Bleiberecht der Lampedusa-in-Hamburg-Gruppe und für eine ganz andere Flüchtlingspolitik muss mit Argumenten geführt werden.“ Anschläge würden dem Anliegen der Flüchtlinge schaden.

Politisch motivierte Anschläge auf Firmen und Politiker hat es in den vergangenen Jahren in und um Hamburg viele gegeben. Mal wurden Häuser mit Farbe beschmiert, mal Steine gegen Fenster geworfen, immer wieder auch Fahrzeuge angezündet. Opfer wurden etwa der frühere Senator und Finanzstaatssekretär Thomas Mirow (SPD), die Bürgermeister Christoph Ahlhaus (CDU) und Olaf Scholz (SPD), der CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Karl-Heinz Warnholz oder der FDP-Bundestagsabgeordnete Burkhardt Müller-Sönksen. Einer der gefährlichsten Anschläge wurde auf den damaligen Vorstandschef der Norddeutschen Affinerie, Werner Marnette, verübt. Im Juli 2005 zündeten Unbekannte vor seinem Haus in Hollenstedt seinen Dienstwagen an.

„Ich hatte den Wagen ausnahmsweise nicht in der Garage geparkt, sondern vor dem Haus, ein Stück unter dem Dach“, erinnert sich Marnette. „Ich musste am Morgen sehr früh los zu einer Aufsichtsratssitzung.“ Gegen 3Uhr sei seine Frau von einem Knall aufgewacht und habe gesehen, dass das Auto in Flammen stand. Zwar gelang es der Feuerwehr nach Stunden, den Brand zu löschen und ein Übergreifen der Flammen auf das Haus gerade noch zu verhindern. Dafür lief Löschwasser in den Keller, und der Strom fiel aus.

Abgesehen vom materiellen Schaden, der damals entstand, ist die Verunsicherung bei Marnette und seiner Familie nie wieder verschwunden. „So etwas geht einem nie mehr aus der Haut“, sagt der 68-Jährige, „das vergisst man nicht.“ Als besonders unheimlich habe er es empfunden, dass die Täter ihn wohl tagelang ausgespäht hatten. Zwei Tage nach dem Anschlag tauchte ein Bekennerschreiben auf, wonach der Anschlag in Zusammenhang mit dem G8-Gipfel in Heiligendamm stand.

Für zwei Jahre habe er nach dem Anschlag Personenschutz bekommen. Sein Haus habe er mit Kameras und einer besseren Alarmanlage ausgestattet, sagt Marnette. Wirklich verdaut habe seine Familie das Ganze bis heute nicht. „Als öffentliche Person ist man aber vor so etwas nicht gefeit“, sagt der gebürtige Kölner.

Denjenigen, die jetzt ebenfalls Opfer ähnlicher Attacken geworden sind, rät Marnette, sich so wenig wie möglich von der Gewalt beeindrucken zu lassen. „Es wäre schlimm, wenn die Betroffenen sich von solchen Anschlägen von ihrem authentischen Handeln abbringen ließen. Dann hätten die Täter mit ihren feigen und gemeinen Attacken ja ihre Ziele erreicht. Gerade das darf nicht passieren.“