Mit den Stein- und Farbbeutelanschlägen auf die Wohnhäuser von SPD-Fraktionschef Andreas Dressel, Sozialstaatsrat Jan Pörksen und Baustaatsrat Michael Sachs hat die Diskussion um das Schicksal der sogenannten Lampedusa-Flüchtlinge in Hamburg endgültig die Ebene der Sachlichkeit verlassen. Es hat sich ein – wenn auch nur winzig kleiner – Teil der Unterstützerszene der Flüchtlinge radikalisiert. Dem Anliegen der Flüchtlinge, ein Bleiberecht in Hamburg zu erhalten, haben die Unbekannten mit ihrer Tat geschadet.

Die Perfidie der Anschläge besteht nicht in dem entstandenen Sachschaden. Farbe kann man abwaschen und Fensterglas erneuern. Die Täter haben sich als Ziel nicht das Rathaus oder eine Behörde ausgesucht. Allein das wäre schon irrational genug. Nein, sie attackierten den Ort, wo sich Menschen am sichersten fühlen – das Zuhause. Man weiß von Einbruchsopfern, dass sie nach den Verwüstungen ihrer Wohnungen oft jahrelang traumatisiert sind. Nicht selten geben sie ihre Wohnungen auf.

Die Anschläge auf die Privatwohnungen der Politiker sollen genau dies hervorrufen: Verunsicherung. Den Opfern wird signalisiert, unter Beobachtung zu stehen. Da nützt es wenig zu wissen, dass es den Tätern vielleicht nicht darum geht, jemandem körperlich zu schaden. Die Verunsicherung bleibt.

Der ehemalige Vorstandschef der Norddeutschen Affinerie, Werner Marnette, dem man ein gewisses Maß an Robustheit unterstellen darf, ist acht Jahre nach dem Anschlag auf sein Haus und seinen Dienstwagen dafür ein eindrucksvolles Beispiel. „So etwas geht einem nie mehr aus der Haut“, sagt er heute. Und abseits der Verunsicherung, die die Anschläge bei den Betroffenen auslösen, fehlt es an jeglicher Vorstellungskraft nachzuvollziehen, worin der Sinn liegen soll, Steine in ein Haus zu schmeißen, in dem gerade Kinder schlafen.

Am Ende also verursachen die Täter nicht nur Angst. Sie missbrauchen auch die Menschen, für deren Rechte sie vorgeben zu kämpfen: die Flüchtlinge aus Afrika.