Mit Kranzniederlegungen erinnern die Menschen am Sonntag der Toten beider Weltkriege. Bei einer Gedenkstunde im Michel erinnerte Bischöfin Kirsten Fehrs an die „derzeit über 30 Kriege in der Welt“.

Hamburg/Stralsund. Am Volkstrauertag haben Politiker und Bürger in Hamburg mit Kranzniederlegungen und einer Gedenkfeier im Michel an die Opfer von Krieg und Gewalt erinnert. Die Präsidentin der Hamburgischen Bürgerschaft, Carola Veit, und die Zweite Bürgermeisterin, Dorothee Stapelfeldt (beide SPD), legten am Sonntag am Mahnmal St. Nikolai und am Internationalen Mahnmal der KZ-Gedenkstätte Neuengamme Kränze nieder.

„Das Gedenken am heutigen Volkstrauertag soll uns darin bestärken, dass das Entsetzen über unsere schreckliche Vergangenheit nie verblassen möge. Dass wir nie wieder wegsehen“, sagte Stapelfeldt laut Redemanuskript.

Bei einer zentralen Gedenkstunde im Michel erinnerte die evangelische Bischöfin Kirsten Fehrs an die „derzeit über 30 Kriege in der Welt“. „Jeder Krieg ist zuviel: Immer wieder so ein sinnloses Sterben und Töten!“, erklärte sie laut Redemanuskript. „Der Volkstrauertag will, dass wir als ganzes Volk innehalten. Um des Vergangenen zu gedenken, das uns heute mahnen will.“

Am Volkstrauertag wird der Toten beider Weltkriege und der Opfer des Nationalsozialismus gedacht. Der 1922 erstmals begangene Kriegsopfertag mahnt zu Versöhnung, Verständigung und Frieden. Eingeführt wurde der Volkstrauertag vom 1919 gegründeten Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge. Seit 1950 wird er jeweils zwei Wochen vor dem ersten Advent begangen.

Gedenken an Opfer von Krieg und Gewalt – Anteilnahme auch in Polen

Zum Volkstrauertag ist auch in Stralsund und anderen Städten Mecklenburg-Vorpommerns der Opfer von Krieg und Gewalt gedacht worden. „Mit dem Volkstrauertag leisten wir ein Stück weit Widerstand gegen das immerwährende Morden auf unserer Welt. Wir geben dem Leben der vielen Toten nachträglich einen Sinn“, sagte Landtagsvizepräsidentin Silke Gajek (Grüne) in ihrer Ansprache bei der zentralen Gedenkstunde des Landes in Stralsund. Sie erinnerte an den vor 100 Jahren geborenen französischen Schriftsteller Albert Camus (1913-1960), der in seinen Werken nach einem Weg aus der Absurdität von Krieg und Diktatur gesucht habe.

Der Kommandeur des Landeskommandos, Brigadegeneral Christof Munzlinger, ging in seiner Rede auch auf die bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr gefallenen Soldaten ein. Einer von ihnen ist in Stralsund begraben. Er war 2007 in Afghanistan getötet worden. An der Gedenkstunde nahmen rund 100 Menschen teil, wie der Landesgeschäftsführer des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge, Karsten Richter, sagte.

Der Greifswalder Bischof Hans-Jürgen Abromeit wies darauf hin, dass Krieg, Gewalt und Not noch immer an vielen Orten der Welt den Alltag bestimmten. Als aktuelle Beispiele nannte er Syrien, Ägypten und Somalia sowie die Situation der Flüchtlinge auf der italienischen Insel Lampedusa und in Hamburg. „Es ist gewiss, dass nicht Leid und Tod das letzte Wort behalten, sondern Gott“, versicherte Abromeit.

An der Kriegsgräberstätte Golm auf Usedom hielt erstmals eine Polin die Gedenkrede. Die Eltern von Urszula Berlinska aus Stettin - ein polnischer Zwangsarbeiter und eine Deutsche – lernten sich auf einem Bauernhof in Mecklenburg kennen. Die verbotene Liebe habe zur Verhaftung geführt. Beide überlebten den Krieg und gründeten später eine Familie.

Zudem wurden dort durch den Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge auch drei neue Gedenktafeln mit weiteren 226 namentlich bekannten Opfern des Bombenangriffs auf Swinemünde am 12. März 1945 angebracht. Die Namen der Toten seien durch die Auswertung von Unterlagen in deutschen und polnischen Archiven in den vergangenen drei Jahren ermittelt worden.

Bereits am Sonnabend gedachten Deutsche und Polen an der deutschen Kriegsgräberstätte im polnischen Stare Czarnowo rund 30 Kilometer südöstlich von Stettin der Kriegsopfer. „Man darf das nicht vergessen“, sagte der Bundestagsabgeordnete Matthias Lietz (CDU) mit Blick auf die schrecklichen Geschehnisse kurz vor Kriegsende. Wichtig sei, die Erinnerung an die jüngere Generation weiterzugeben. Über seine Begegnung mit polnischen Teilnehmern sagte Lietz: „Es war eine große Anteilnahme, das ist schon bewegend.“

Diese Kriegsgräberstätte wurde durch den Volksbund im Jahr 2000 angelegt. Dort sind mehr als 20.000 deutsche Kriegstote, überwiegend Soldaten, eingebettet. Erst Anfang Oktober wurden dort weitere 1160 Kriegstote in einer feierlichen Zeremonie beigesetzt.