Die Fahrstreifen auf dem Gehweg sollen möglichst ersetzt werden. Die Politik reagiert damit auf den seit Jahren kontinuierlich steigenden Radverkehr in Hamburg.
Hamburg. Die Hamburger Regierungspartei SPD will den Radverkehr in der Stadt zu großen Teilen auf die Straße verlagern und ihn über das bisher geplante Maß hinaus ausbauen. Einen entsprechenden Antrag hat die Hamburgische Bürgerschaft am Donnerstag mit großer Mehrheit beschlossen. „Wir wollen das Thema Radfahren beim Senat noch weiter anschieben“, sagt der Bürgerschaftsabgeordnete und Fahrradbeauftragte seiner Fraktion, Lars Pochnicht.
Immer wenn Straßenzüge in Hamburg ohnehin saniert werden müssen, sollen sich die Behörden künftig auch die vorhandenen Radwege anschauen und prüfen, ob sie durch Radfahrstreifen auf der Fahrbahn ersetzt werden könnten. „Das zeigt dann den Autofahrern deutlich, dass ihnen die Straße nicht allein gehört“, sagt Pochnicht. Radfahren auf der Straße sei nach Erkenntnissen der Verkehrsforschung meist viel sicherer, zugleich bekämen bei einem Rückbau der alten Radwege Fußgänger mehr Platz.
Das zweite Ziel des Antrags soll die Situation an stark befahrenen Radfahrstrecken wie an der Außenalster durch einen Ausbau der Radwege verbessern. So könnten dort auch Stellplätze wegfallen, um mehr Platz für Radler und Fußgänger zu erhalten, sagt SPD-Radexperte Pochnicht: „Wenn wir mittlerweile an der Alster täglich mehr als 10.000 Radfahrer registrieren, müssen wir darauf reagieren.“
Tatsächlich steigt der Anteil des Radverkehrs in Hamburg seit Jahren kontinuierlich an. Gemessen wird er an 38 sogenannten Fahrradpegeln. Seit dem Jahr 2000 nahm er danach um rund 40 Prozent zu und macht etwa 13 Prozent des gesamten Verkehrsgeschehens aus. Mit einer Gesamtlänge von 1400 Kilometern verfügt die Hansestadt zwar über ein relativ langes Randwegnetz, doch meist verlaufen die Pfade für Radler auf schmalen roten Streifen mitten auf den Gehwegen. Diese Philosophie des Radwegbaus stamme noch aus Zeiten der „strikten Trennung von motorisiertem und nicht motorisiertem Verkehr“, heißt es in dem SPD-Antrag. Doch dieser Zustand sei „konfliktträchtig“, weil sich Fußgänger und Radler nur schmale Wege teilen. Als problematisch gelten auch Kreuzungen, Autofahrer übersehen oft gerade beim Rechtsabbiegen Radfahrer auf den kombinierten Geh- und Radwegen.
Deshalb propagiert nicht nur der Radfahrverband ADFC das Radeln auf der Straße, sondern auch der ADAC. „Radfahren auf der Straße ist eindeutig sicherer, das sagen alle Studien“, sagt der verkehrspolitische Sprecher des ADAC Hansa, Carsten Wilms. Nur auf den großen Hauptverkehrsstraßen sei es weniger sinnvoll. Den Vorstoß der SPD-Bürgerschaftsfraktion bezeichnete er als „überfällig“. In anderen großen Städten sei es längst Routine, die Radwege im Fall einer Straßensanierung zu überprüfen.
Kritik kommt dagegen von den Hamburger Grünen: „Die SPD vollzieht einen unglaubwürdigen Sinneswandel“, sagt der Grünen-Verkehrsexperte Till Steffen. Tatsächlich habe der Senat bisher die Fördergelder für den Radverkehr immer weiter gekürzt.