Die Lampedusa-Gruppe hat das Angebot des Hamburger Innensenators Michael Neumann (SPD) scheinbar vorerst abgelehnt. Zuerst sollen die Details rechtsverbindlich vereinbart werden.
Hamburg. Die Flüchtlinge der sogenannte Lampedusa-Gruppe in Hamburg wollen ihre Identitäten gegenüber den Behörden wohl vorerst nicht offenlegen. Sie fordern, dass die in direkten Gesprächen verhandelten Details zuerst “rechtsverbindlich“ erklärt werden. Das berichtet die „taz“ in ihrer Onlineausgabe. Im Falle eines offiziellen Asylverfahrens müssten die Flüchtlinge ihre bisherigen italienischen Papiere abgeben und würden stattdessen eine Duldung erhalten. Viele der Flüchtlinge befürchten, in diesem Fall vorschnell nach Afrika abgeschoben zu werden.
Unklar ist auch, ob eine Gesetzesänderung am 1. Dezember die Erklärung des Hamburger Innensenators Michael Neumann (SPD) wieder zunichte machen könnte. Demnach bestehe dann die Möglichkeit, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Entscheidungskompetenzen an sich ziehe. Neumann hatte in der vergangenen Woche das Angebot fairer Einzelfallprüfungen an die Afrikaner erneuert und ein transparentes, rechtsstaatliches Verfahren garantiert.
Der Innensenator verteidigte in einem Interview mit der “Welt am Sonntag“ die bisherige Flüchtlingspolitik des Senats, signalisierte zugleich aber auch ein Entgegenkommen. „Voraussetzung ist, dass die Flüchtlinge wie von uns stets gefordert, ihre Identität offenlegen und ihre Fluchtgeschichte schildern“, sagte Neumann. „Wenn es gesetzliche Spielräume gibt, nutzen wir sie“, kündigte er an. Die Polizei hatte in den vergangenen Wochen gezielt Afrikaner überprüft, ob sie illegal in Deutschland leben und an die Ausländerbehörde überstellt werden müssen.
Die „Lampedusa-Flüchtlinge“ hatten sich am Wochenende zu einer Vollversammlung getroffen, auf der sie sich auf das weitere Vorgehen einigen wollten. Genaue Informationen zu den Ergebnissen des Treffens sollen frühestens am Montagmorgen bekanntgegeben werden. „Wir haben uns noch nicht entschieden“, sagte ihr Sprecher Affo Tchassei am Sonntag. Fast 80 Flüchtlinge leben seit Juni in der St. Pauli Kirche, gut 270 sollen sich insgesamt in Hamburg aufhalten, schätzt Tchassei.
Senator Neumann rechnet mit weiteren Zwischenfällen
Am vergangenen Wochenende waren wieder an verschiedenen Orten der Stadt Menschen auf die Straße gegangen, um gegen die Flüchtlingspolitik des Hamburger Senats zu demonstrieren. Die Demonstranten protestierten am Sonnabend erneut gegen die aus ihrer Sicht „rassistischen Kontrollen“ und gegen „Polizeiwillkür“. Nach Angaben der Polizei zogen etwa 760 Demonstranten vom autonomen Kulturzentrum Rote Flora durch den Stadtteil St. Pauli. Die Polizei war nach eigenen Angaben mit rund 1000 Beamten im Einsatz – allein vor dem Demonstrationszug war sie mit etwa Hundert Kräften präsent. Die etwa dreistündige Kundgebung sei friedlich verlaufen, sagte eine Polizeisprecherin.
Bereits am Freitagabend hatten mehr als 5000 Menschen weitgehend friedlich gegen die Flüchtlingspolitik des SPD-Senats im Anschluss an das Spiel des Fußball-Zweitligisten FC St. Pauli gegen den SV Sandhausen demonstriert. Nur vereinzelt kam es im Anschluss zu Ausschreitungen. Vier mutmaßliche Randalierer wurden kurzzeitig festgenommen. Für kommenden Sonnabend haben linke Gruppen erneut zu Protesten gegen die Flüchtlingspolitik von EU, Bund und Ländern in der Hansestadt aufgerufen.
Hamburgs Innensenator Michael Neumann (SPD) rechnet derweil mit weiteren Zwischenfällen am Rande der Demonstrationen gegen den Umgang von Politik und Polizei mit den „Lampedusa-Flüchtlingen“. „Die Fragestellung rund um die Flüchtlinge wurde von anderen Gruppierungen in der Tat als Anlass missbraucht, um das zu tun, was sie ohnehin mal wieder vorhatten“, sagte er in einem Interview mit der „Welt am Sonntag“. Deswegen glaube er auch, dass es unabhängig von der Lösung der konkreten Flüchtlingssituation auf St. Pauli weiteres „Geschehen dieser Art“ geben werde. Die Polizei sei auf Einsätze vorbereitet.