Während die Stadt kein Problem damit hat, Nachwuchs für die Verwaltung zu rekrutieren, hakt es ganz besonders bei Ingenieuren und Ärzten. Ingenieure werden auch in der Privatwirtschaft händeringend gesucht.
Hamburg. So ein Versprechen kann nicht jedes Unternehmen geben: „Wir werden Ihnen, wenn Sie Ihre Ausbildung erfolgreich absolvieren, wie auch allen Ihren Vorgängern im Anschluss einen Arbeitsplatz in der hamburgischen Verwaltung anbieten.“ Dieses Versprechen hat Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) am Dienstag 126 Nachwuchskräften, die ihre Ausbildung oder ihr Studium in der Verwaltung aufgenommen haben, im Rathaus gegeben. Weitere 107 Absolventen waren bei der Begrüßung dabei, gleichsam als Beweis für die Worte des Senatschefs. Denn sie wurden allesamt von Behörden und Ämtern übernommen.
Während die Stadt kein Problem damit hat, Nachwuchs für die Verwaltung zu rekrutieren, hakt es ganz besonders bei Ingenieuren und Ärzten. „Die sind Mangelware“, sagt Bettina Lentz, Leiterin des Personalamts. Ingenieure werden auch in der Privatwirtschaft händeringend gesucht. Aber wenn es sie gibt, dann suchen sie sich wegen der besseren Verdienstmöglichkeiten eher ein Unternehmen als Arbeitgeber und nicht den Staat. Der Mangel an diesen Fachkräften führt regelmäßig dazu, dass Straßenbauprojekte, etwa bei Schlaglöchern, sich verzögern. Im vergangenen Winter bekamen das viele Autofahrer zu spüren.
Bei den Ärzten spricht Personalamtsleiterin Lentz sogar von einem „Bezahlungsproblem“. Auch hier bevorzugen viele Mediziner Krankenhäuser und private Praxen. Auch das führt zu Engpässen. Wenn Schulzahnärzte ausfallen, dann fällt in einigen Stadtteilen über längere Zeit ein kompletter Dienst aus. Gesucht werden Mediziner unter anderem für Eignungsuntersuchungen von Lehrern, Polizisten und Feuerwehrleuten. Eine Anstellung bei der Stadt habe ihre Vorzüge, sagt Lentz. Etwa geregelte Arbeitszeiten. Zwar könne ein Arzt im Krankenhaus viel mehr verdienen – er muss dafür aber auch viel länger arbeiten. „Aber am Ende ist der Stundenlohn in etwa gleich hoch.“ Nachholbedarf gibt es auch bei der Anwerbung von Polizeibeamten, Sozialpädagogen und Erziehern. In diesen Bereichen sucht die Stadt überproportional viel Personal.
In der Verwaltung sind es lediglich rund 120 Auszubildende, pro Jahr je 60 für den mittleren und gehobenen Dienst. Für den gehobenen Dienst kommen etwa 1000 Bewerbungen zusammen, für den mittleren Dienst rund 600. Den angenommenen Bewerbern und frischen Berufsanfängern versprach Bürgermeister Scholz auch, „weiterhin im benötigten Umfang“ auszubilden – und das vor dem Hintergrund der Haushaltskonsolidierungen. Spätestens im Jahr 2020 soll die Schuldenbremse wirken. Dafür sollte ursprünglich auch Personal eingespart werden. Mindestens 250 Arbeitsplätze pro Jahr in der sogenannten Kernverwaltung, also den Fachbehörden sowie der Senatskanzlei. Das sollte eine Ersparnis von 12,5 Millionen Euro jährlich bringen. Dort hat die Stadt das Ziel auch erreicht. Das liegt unter anderem daran, dass von den etwa 70.000 bei der Stadt angestellten Menschen fünf Prozent, also 3500, jedes Jahr in Pension gehen. „Das ist eine vergleichsweise hohe Altersfluktuation“, sagt Personalamtsleiterin Lentz. Die durchschnittliche Quote liegt bei drei Prozent. Dass sie in Hamburg so hoch ist, liege an dem hohen Durchschnittsalter von 48 Jahren. Insgesamt liegt die Fluktuation sogar bei rund zehn Prozent.
Dennoch steigt die Zahl der bei der Stadt Hamburg Beschäftigten weiter an. Auf Vollzeitstellen übertragen, also die „Währung“, mit der Personalplaner rechnen, gab es Ende 2012 exakt 59.730 Mitarbeiter, ein Plus von knapp 800 gegenüber 2011. Die Personalausgaben stiegen gar um drei Prozent auf 3,66 Milliarden Euro. Der Zuwachs ist vor allem auf die Einstellung von Lehrern (unterm Strich plus 533) zurückzuführen. Aber auch die Hochschulen (plus 120), Polizei und Feuerwehr (plus 140) sowie die Bezirksämter (plus 141) haben Personal aufgebaut.
Der Personalzuwachs bei den Hochschulen wirkt sich allerdings nicht auf den Haushalt der Stadt aus. Die Wissenschaftsbehörde hat langfristige Verträge mit den Hamburger Hochschulen abgeschlossen, die die finanziellen Zuwendungen der Stadt festlegen. Mit diesem Budget können die Hochschulen selbstständig wirtschaften und nach Bedarf Personal einstellen.
Anders verhält es sich bei den sieben Bezirksämtern. Sie müssen Personal reduzieren. Deshalb läuft seit Ende vergangenen Jahres das Projekt „Bezirksverwaltung 2020“, mit dem die Bezirke nach Einsparmöglichkeiten suchen. Ihre Ausgangslage ist klar umrissen: Jährlich steigen die Ausgaben der Bezirksämter um durchschnittlich 1,19 Prozent. Im Rahmen der Schuldenbremse dürfen die Ausgaben aber nur um 0,88 Prozent steigen. Da die Bezirke fast nur an Personal sparen können, müssen bis zum Jahr 2019 bis zu 600 Stellen wegfallen, um dieses Sparziel zu erreichen. Unter anderem wird über Privatisierungen von Aufgaben nachgedacht. Doch dieser Spareffekt wird als gering angesehen – auch von Teilen der SPD-Bezirksamtsleiter. Die Gewerkschaft Ver.di sprach in diesem Zusammenhang von einem „Tabubruch“. Der öffentliche Dienst müsse „an seinen Aufgaben betrachtet werden und keinesfalls nur als Kostenfaktor“, lautet die grundsätzliche Haltung der Gewerkschaft.