Mit einem Blitzmarathon will die Polizei effektiv gegen Raser vorgehen: Fast 300 Straßen hat sie benannt, an denen sie von Donnerstagmorgen bis Freitagmorgen, innerhalb von 24 Stunden, die Geschwindigkeit von Autofahrern kontrollieren will.
Hamburg Mehr als 65.500 Verkehrsunfälle registrierte die Polizei in Hamburg im vergangenen Jahr. Bei rund 7900 Unfällen wurden Menschen leicht, schwer oder sogar tödlich verletzt. Ursache jedes siebenten Unfalls war zu hohe Geschwindigkeit. Zu schnelles Fahren ist damit eine der Hauptunfallursachen. 2012 starben 20 Menschen auf den Straßen der Hansestadt, weil sie selbst oder ein anderer Autofahrer zu schnell unterwegs war.
Insgesamt verursachten Raser im vergangenen Jahr 4028 Unfälle. Als Gefahrenquelle übertroffen wird zu schnelles Fahren damit nur durch Fehler beim Einfahren, Abbiegen, Wenden und Rückwärtsfahren, wie die aktuelle Verkehrsunfallstatistik der Polizei aufzeigt, sowie durch ungenügenden Sicherheitsabstand.
Mit einem Blitzmarathon will die Polizei effektiv gegen Raser vorgehen: Fast 300 Straßen hat sie am Dienstagvormittag benannt, an denen sie von Donnerstagmorgen bis Freitagmorgen, innerhalb von 24 Stunden, die Geschwindigkeit von Autofahrern kontrollieren will. Die überwiegende Zahl der Straßen gehe auf Vorschläge von Hamburgern zurück, sagte Polizeisprecherin Sandra Levgrün. Den Rest bilden Unfallschwerpunkte, die die Polizei in den Fokus nehmen will.
Wie die große Blitzerkarte aufzeigt, sind die Kontrollorte, an denen ab morgen früh geblitzt werden soll, fast gleichmäßig über die Hansestadt verteilt. Weitestgehend ausgenommen sind die Walddörfer im Norden, die Vier- und Marschlande im Bezirk Bergedorf und Teile des Alten Landes. Dort – mit Ausnahme von Cranz – werden die mehr als 500 stadtweit eingesetzten Beamten fast gar nicht während des Blitzmarathons aktiv sein. Unter den bekannt gegebenen Straßen sind in erster Linie die großen Ausfallstraßen, aber auch viele bereits verkehrsberuhigte Straßen in Wohngebieten.
Die Polizei hatte in den vergangenen Tagen öffentlich dazu aufgerufen, per E-Mail oder Telefon Straßen vorzuschlagen, an denen sie während des Blitzmarathons Raser kontrollieren soll. Eine Rangfolge, welche Straßen dabei am häufigsten benannt wurden, gibt es bislang nicht. Möglicherweise wird sie in den kommenden Tagen noch erstellt.
Auch wenn die Langzeitwirkung solcher Aktionen bislang nicht untersucht worden sei, sieht der Hamburger Verkehrspsychologe Rüdiger Born durchaus positive Ansätze bei einer Aktion wie dem Blitzmarathon: „Wenn ein Autofahrer, aus Angst kontrolliert zu werden, an so einem Tag langsamer fährt als er es sonst tun würde, und dabei die positive Erfahrung macht, dass er mit weniger Stress in fast genau der gleichen Zeit zum Ziel gelangt, dann wäre das eine gute Entwicklung.“ Sein altes Repertoire könnte durch diese Erfahrung abgelöst werden, wenn auch nicht vollständig verschwinden.
„Den Bürger in so einen Blitzmarathon einzubinden, ist eine schöne Art der Kommunikation“, sagt Born in seiner Praxis am Groten Hoff in Volksdorf. „Es ist schon viel gewonnen, wenn sich der Einzelne mit dem Straßenverkehr auseinandersetzt. Und wenn es damit beginnt, dass er die Situation in seiner eigenen Wohnstraße analysiert.“
Entwickelt wurde die Idee des Blitzmarathons in Nordrhein-Westfalen. Landesweite 24-Stunden-Kontrollen gibt es dort bereits seit Februar vergangenen Jahres. Der morgen durchgeführte bundesweite Blitzmarathon ist dort dann bereits der fünfte seiner Art. Wie der Sprecher des NRW-Innenministeriums, Wolfgang Beus, erklärte, sind Blitzmarathons in seinem Bundesland Teil eines neuen Konzepts gegen Raser. Kontrolliert werde nicht mehr nur an Unfall- und Gefahrenschwerpunkten, sondern überall dort, wo sich Verkehrsströme veränderten. Zudem würden die Straßen, an denen täglich geblitzt wird, zuvor in den Medien veröffentlicht.
Die Liste mit den Standorten als Tabelle zum Download
„Durch die öffentlicheren und flexibleren Kontrollen konnten wir die Zahl der Geschwindigkeitstoten allein 2012 um 30 Prozent senken“, sagte der Sprecher des nordrhein-westfälischen Innenministeriums, Wolfgang Beus. Im ersten Halbjahr 2013 soll die Zahl zudem noch einmal um 20 Prozent gesunken sein. Sinn mache ein Blitzmarathon aber nur, wenn er kontinuierlich wiederholt werde. Beus: „Ganz nach dem Motto: Steter Tropfen höhlt den Stein.“