Ziel der konzertierten Aktion sei es, möglichst viele Autofahrer für das Thema zu sensibilisieren und ihnen die Gefahr bewusst zu machen, sagt Lothar Gahrmann, Pressesprecher des Landespolizeiamtes.
Kreis Segeberg. In ganz Deutschland macht die Polizei am Donnerstag, 6 Uhr, Jagd auf Raser. 24 Stunden lang gibt es kein Pardon. So lange sind alle verfügbaren mobilen und stationären Blitzgeräte im Einsatz. Auch im Kreis Segeberg wird es dann Autofahrern mit Hang zum Bleifuß an den Kragen gehen. Blitzmarathon nennt die Polizei etwas martialisch die Großaktion, auf die sich die Innenminister der Bundesländer geeinigt haben.
Ziel der konzertierten Aktion sei es, möglichst viele Autofahrer für das Thema zu sensibilisieren und ihnen die Gefahr bewusst zu machen, sagt Lothar Gahrmann, Pressesprecher des Landespolizeiamtes Schleswig-Holstein. Deshalb setzte die Polizei bewusst auf eine breite Öffentlichkeitsarbeit und informiert die Bürger auf ihrer Internetseite sogar über die Orte, an denen von Donnerstag bis Freitagmorgen geblitzt wird.
Gemessen werden soll vor allem an Unfallschwerpunkten, vor Schulen, Kindergärten und in Wohngebieten. Von den insgesamt 121 Messpunkten werden aller Voraussicht nach neun im Kreis Segeberg liegen. Am meisten zusetzen werden den Autofahrern wohl die beiden im Einsatz befindlichen handlichen Laser-Messgeräte, mit denen die Beamten innerhalb von wenigen Minuten den Standpunkt wechseln können.
Während damit in Bad Bramstedt lediglich rund um die Oskar-Alexander-Straße gemessen werden soll, wird die Polizei in Norderstedt mit dem Laser-Messgerät das gesamte Stadtgebiet abdecken und immer wieder den Messpunkt wechseln. Sollten die Polizisten einen Verkehrssünder auf diese Weise erwischen, wird er sofort angehalten und identifiziert. „Das ist die beste und wirkungsvollste Methode“, sagt Lothar Gahrmann. „Nur so können wir die Autofahrer direkt ermahnen und ihnen klar machen: Das war nichts.“
Trotz der guten Intention werden die massiven Kontrollen wohl nicht nur positive Reaktionen bei den Autofahrern hervorrufen. Im Jahr 2012 erwischte der Kreis Segeberg immerhin 150.000 Raser. 2011 waren es sogar 170.000 Autofahrer. 118.200 Verwarnungen wurden daraufhin ausgesprochen und 21.400-mal Bußgeld verhängt. Netto blieben unter dem Strich 1,5 Millionen Euro für Kreisbehörde und Polizei. Das ist so viel Geld, dass die Stadt Norderstedt sich seit geraumer Zeit bemüht, die Geschwindigkeitskontrollen in der Stadt auf eigene Faust durchzuführen. Ist der Blitzmarathon also nur ein cleverer Weg zur schnellen Haushaltssanierung?
Schleswig-Holsteins Innenminister Andreas Breitner zeigte für solcherlei Mutmaßungen schon im Vorfeld kein Verständnis. „Überhöhte Geschwindigkeit ist nach wie vor die häufigste Ursache für tödliche Verkehrsunfälle und Unfälle mit Verletzten. Maßnahmen zum Schutz von Leben und Gesundheit sind keine Abzocke“, so Breitner.
Die Bedeutung der Geschwindigkeitsbegrenzungen verdeutlicht Lothar Gahrmann an einer konkreten Statistik: „Bei einer Aufprallgeschwindigkeit von 65 km/h sterben acht von zehn Fußgänger bei einem Unfall; fährt der Wagen aber die meist vorgeschriebenen 50 km/h, überleben acht von zehn Fußgänger.“
Wie lange letztendlich der Effekt des Blitzmarathons anhalten wird, vermag auch die Polizei nicht genau zu sagen. Es gebe jedoch Schätzungen, dass die Autofahrer sich auch bis zu vier Wochen, nachdem sie geblitzt worden sind, häufiger als sonst an die Geschwindigkeitsbegrenzungen halten.
Verwirrung gab es im Vorfeld rund um das Thema Bürgerbeteiligung. In Hamburg und anderen Bundesländern konnten die Bürger im Vorfeld über eine Hotline und eine E-Mail-Adresse Vorschläge einreichen, wo ihrer Meinung nach geblitzt werden solle. Lothar Gahrmann ist über so viel Engagement dankbar, fürchtet aber, dass seine Beamten vor lauter Vorschlägen nicht mehr zum Arbeiten kommen: „In Nordrhein-Westfalen wurden vor zwei Jahren 15.000 Vorschläge eingereicht. Dort mussten drei Tage lang fünf bis acht Beamte abgestellt werden, um die Wünsche entgegenzunehmen. Das können wir nicht leisten.“ Deshalb seien die Messpunkte für Donnerstag und die folgende Nacht auch bereits festgelegt.
Unabhängig vom Blitzmarathon bekämen die Beamten immer mal wieder lohnenswerte Tipps. „Jeder kann sich gerne für die Zukunft per E-Mail oder über die örtliche Polizeidienststelle an uns werden und Vorschläge machen. Wir werden das prüfen und versuchen umzusetzen“, so Gahrmann. Trotz oder gerade weil keine eigene Hotline geschaltet wurde, klingelte in den vergangenen Tagen auch beim Autobahn- und Bezirksrevier Bad Segeberg das Telefon fast ununterbrochen. Bürger, die unabhängig vom Blitzmarathon Vorschläge für sinnvolle Messpunkte machen wollen, können sich dort weiterhin unter 04551/8840 melden.