Etliche Prominente, darunter auch Thomas Gottschalk, wollen das bekannte Hamburger Modelabel mit einer Benefizauktion vor dem Aus retten. Designer Bent Angelo Jensen freut sich über die Unterstützung.
Hamburg. Bent Angelo Jensen erzählt von Hosenträgern. Breite, normale, schmale. Gestreifte, karierte, einfarbige. Es geht um Waren-Controlling. Während Jensen die tragenden Accessoires früher nur grob erfasste, listet er sie heute ganz genau auf. Wenn der Designer davon spricht, wirkt er ein bisschen wie ein Schüler, der endlich einen Rechenweg verstanden hat und nun allen Klassenkameraden erklären will, wie es geht. Jensen musste in den vergangenen Monaten viel lernen: Was es heißt, an die eigenen Grenzen zu stoßen, wie sich Scheitern anfühlt und wie man all das abschüttelt, um wieder neu anzufangen. „Ich fühle mich okay“, antwortet der 36-Jährige auf die Frage, wie es ihm derzeit gehe. „Ich bin noch immer sehr an- und eingespannt, aber ich sehe Licht am Ende des Tunnels.“
Jensen musste im Juli dieses Jahres einen Insolvenzantrag für das 1996 von ihm gegründete Modelabel Herr von Eden stellen. Für viele war dies eine überraschende Nachricht, galt das Unternehmen, das durch seine hochwertigen und ausgefallen Herrenanzüge bekannt geworden war, doch als Paradebeispiel für junges Design aus Hamburg. Zahlreiche Promis gehören zu den Kunden des Labels, allen voran Musiker Jan Delay. Aber auch Moderator Thomas Gottschalk, die Mitglieder der Band Rammstein und Autor Rocko Schamoni sind Fans. So große Fans, dass sie nun mithelfen wollen, dass das Unternehmen trotz Insolvenz fortbestehen kann.
Am kommenden Montagabend findet deshalb in den Deichtorhallen unter dem Titel „Bent Aid!“ eine Benefizauktion für das Label Herr von Eden statt. Die Liste der Künstler, die etwas zum Versteigern beigesteuert haben, ist beeindruckend. Musiker Chilly Gonzales steuert die handgeschriebenen Noten seines zuletzt veröffentlichten Albums bei, Benjamin Klemann fertigt ein paar Maßschuhe an und Udo Lindenberg malte eigens für die Auktion ein Bild. Andere Unterstützer bieten nicht nur Gegenstände sondern gar sich selbst an. So wird beispielsweise TV-Koch Tim Mälzer für die Person, die ihn quasi ersteigert, kochen. Wiederum andere prominente Unterstützer bieten zwar nichts zur Versteigerung, helfen aber auf anderem Wege.
So wird Autor Heinz Strunk am Montag einen Text als Vorwort vorlesen, den er über Herr von Eden geschrieben hat, und Rocko Schamoni und Anke Degenhard schlüpfen in die Rollen der Auktionatoren. „Der Text von Strunk ist äußert amüsant und Schamoni wird mit einem selbstbewussten, charmanten Wortwitz sicher unterhaltsam durch die Auktion führen“, sagt Jensen. „Das soll ja kein Krisenabend mit mieser Stimmung werden. Der Fokus liegt auf dem Neustart.“ Die Erlöse aus der Benefizauktion werden dem Insolvenzplan zugute kommen und dabei helfen, den Gläubigern eine möglichst hohe Quote zukommen zu lassen. Am 5. November werden sich alle Beteiligten vor Gericht treffen und die Gläubiger werden entscheiden, ob sie dem Insolvenzplan zustimmen und somit auf einen Teil des ihnen zustehenden Geldes verzichten und das Unternehmen weitergeführt werden kann. „Ich hoffe so sehr auf ein positives Ergebnis“, sagt Jensen.
Jan Delay wurde früh aktiv
Insgesamt 50 Personen gehören zu dem Team hinter der Benefizauktion. Dazu zählen neben Kunden auch enge Freunde Jensens, wie etwa die Werbetexterin Nane Mundt, die sich den Namen „Bent Aid!“ für diesen Abend ausgedacht hat, und ein enger Vertrauter, der extra die HvE Rettungs UG gegründet hat. Jensen selbst dürfte rechtlich nämlich gar keine Auktion organisieren. Zunächst hatte er daran gedacht, seine eigene „bescheidene“ Kunstsammlung zu versteigern, aber auch das ging nicht. Da passte es perfekt, dass Jan Delay als einer der ersten, nachdem die Insolvenz öffentlich geworden war, anrief und eine ähnliche Idee hatte: Eine Promi-Versteigerung. „Ab da lief es nach dem Schneeballprinzip“, sagt Jensen. Irgendwann schrieb er, um einen besseren Überblick zu bekommen, alle Namen auf eine Liste. „Ich war schwer beeindruckt und gerührt, als ich all diese Namen so geballt vor mir sah.“ Ohnehin habe er in letzter Zeit gelernt, was und wer ein wahrer Freund ist. Es gab auch Enttäuschungen, jedoch wenige.
Jensen weiß um die weitgreifende Bedeutung einer Insolvenz und ist dennoch positiv gestimmt. „Es geht mir jetzt besser als vor einem Jahr“, sagt er. Zwar sei der Schritt schwer gewesen, aber nun sei ihm wie eine große Last von den Schultern gefallen. 600.000 Euro Schulden, die Jensen auf die schlecht laufende Damenkollektion und die zu schnelle Expansion seines Untennehmens zurückführt, hatten sich angehäuft. „Das war permanent Thema in meinem Alltag“, sagt er. „Ich bin froh, dass ich aus meinen Fehlern lernen darf und mich nun wieder voll auf das konzentrieren kann, was ich kann: Herrenkleidung.“
Wer an der Auktion teilnehmen möchte, kann sich dafür per E-Mail an hve.rettungs.ug@gmail.com anmelden.