Bent Angelo Jensen spricht im “Zeit“-Interview über “alternde Popper“ in Hamburg und den Spagat zwischen Tradition und St. Pauli.

Hamburg. Bent Angelo Jensen ("Herr von Eden") gehört in der Hamburger Designerszene zur etablierten Avantgarde. Ein Widerspruch? Keineswegs - denn der 35 Jahre alte Modeschöpfer schafft auch den Spagat zwischen Hamburger Tradition und den Einflüssen, die er beispielsweise auf St. Pauli findet. Nur mit dem Berliner Style hat er nichts am Hut, wie er jetzt im Interview mit der "Zeit" verriet: Der Berliner Style sei "die Kunst, möglichst fertig auszusehen und dabei lässig zu wirken. Neonfarben, ausufernde Formen und, ganz wichtig, bedruckte T-Shirts, the hippest, the latest für mindestens 120 Euro. Der sparsame Hamburger Kaufmann in mir sagt dann: Kinder, für dieses Geld kriegt ihr ein richtig gutes Hemd!"

Das Understatement, das in Hamburg gepflegt wird, findet Jensen gut: "Es wird nicht so mit den Marken geprotzt wie in München, was ich extrem angenehm finde. Aber das wird eben auch schnell langweilig und verkrampft. Manche dieser Hamburger Bürger kommen mir vor wie gealterte Popper. Fehlt nur noch der Aktenkoffer."

Trotzdem sieht er sich selbst - aufgewachsen in betuchten Hamburger Verhältnissen "mit dicken Teppichen und Segelsport" - in der Traidition der großen Modeschöpfer Jil Sander und Wolfgang Joop. "Sie haben eine Tradition begründet, in der wir jüngeren Hamburger Modemacher uns wohlfühlen. Aber man kann nicht 30 Jahre lang dasselbe machen", schränkt Jensen ein.

Aus diesen klassischen Linien entwickle sich Neues: "Wir wollen spielen. Mit Formen und Dessins der klassisch-eleganten Tradition. Blumenmuster finden Sie hier selten, kein südliches Temperament. Dennoch haben wir Mut zur Provokation, sind schnittmäßig ein bisschen avantgardistischer, und, das finde ich wichtig, wir produzieren nicht so eine Monokultur, wie sie mir in Berlin immer mal wieder wahnsinnig auf die Nerven geht."

Er selbst trägt gerne extravagante Schuhe ("von Blicker auf der Reeperbahn") und braucht für seine Kreativität die Gegensätze: "Aus dem St.-Pauli-Kosmos heute modisch mehr Anregungen kommen als aus Jil Sanders feinem Pöseldorf. Mit Besuch gehe ich da immer wieder gerne hin."