Rechtsradikale jagten eine Hamburger Schulklasse durch den Ort – und schlugen einen 15-Jährigen brutal zusammen. Der Tourismusverband sorgt sich schon länger um das Image der Region.

Bad Schandau/Hamburg. Der Angriff von Neonazis auf eine Hamburger Schulklasse in der Sächsischen Schweiz (Das Abendblatt berichtete) hat möglicherweise gravierendere Folgen als bisher bekannt.

Die sächsische Polizei hatte bislang lediglich von leichten Verletzungen gesprochen, obwohl der 15 Jahre alter Schüler, dessen Vater Chinese sei, bei der Attacke in der Bad Schandauer Jugendherberge einen Kieferbruch und eine Augenhöhlenbodenfraktur erlitt. Der Vorfall ereignete sich bereits am 7. September. Die Angreifer wurden noch nicht gefasst.

„Nach unserer bisherigen Kenntnis erlitt der 15-Jährige leichte Schlagverletzungen und konnte nach ambulanter Behandlung entlassen werden“, sagte eine Sprecherin des Operativen Abwehrzentrums (OAZ) zur Extremismusbekämpfung in Leipzig am Montag. Tatsächlich musste der Junge in Hamburg operiert werden, sein gebrochener Kiefer wurde mit einer Titanplatte stabilisiert.

OAZ-Sonderermittler sollen nun in Hamburg und Bad Schandau „umfangreich ermitteln“, wie die Sprecherin sagte. Schüler, Lehrer und Zeugen sollten befragt werden. „Das wird eine Weile dauern“, sagte die Sprecherin.

„Wir wissen, dass der Tourismus dadurch Schaden nimmt“

Das OAZ hat die Ermittlungen aufgenommen, weil bei der Attacke fremdenfeindliche Parolen gegrölt worden sein sollen. Die Hamburger Schüler sind zunächst auf dem Marktplatz an eine Gruppe Angetrunkener geraten. Einige Mitglieder der Gruppe folgten den Schülern bis in die Jugendherberge, wo sie den 15-Jährigen dann mit Fausthieben malträtierten.

Schon bei einem Volksfest hätten einige der späteren Angreifer anwesende Schüler aus Hamburg gewarnt und verbal bedroht, berichtet „stern.de“, der sich auch auf Aussagen eines Schülers stützt. Es seien Worte gefallen wie „Verpisst Euch aus unserem Dorf“ und „Wir wissen, wo die Jugendherberge ist“. Nach dem Angriff in der Herberge hätten eine Lehrerin und Schüler versucht, sich zu verbarrikadieren. Draußen hätten die Angreifer Naziparolen gegrölt.

Erst vor wenigen Tagen hatte der Tourismusverband Sächsische Schweiz die Wähler in der Urlaubsregion zur Verteidigung der Demokratie aufgefordert. „Wir stehen ja in dem Ruf, dass die NPD hier stark ist und die Wählerschaft auch nichtdemokratische Parteien wählt“, sagte Verbandsgeschäftsführer Tino Richter. „Und wir wissen, dass der Tourismus dadurch Schaden nimmt.“ Bei den vergangenen Bundestags- und Landtagswahlen hatte die NPD in der Sächsischen Schweiz immer über fünf Prozent und zum Teil zweistellige Ergebnisse erzielt.