Bußen in Höhe von 370.000 Euro sind offen. CDU, Grüne und Bund der Steuerzahler üben Kritik: „Wirkung verpufft“. Auch die Zahlungsmoral der Schwarzfahrer ist schlecht.
Hamburg. In Bus und Bahn Alkohol trinken und erwischt werden, aber dann doch nicht bezahlen: Dieses Recht nehmen sich offensichtlich viele Hamburger heraus, die gegen das Alkoholverbot in Bussen und Bahnen verstoßen. 40 Euro werden seit dem 1. Oktober 2011 fällig, wenn Alkohol in den Verkehrsmitteln oder Stationen konsumiert wird. Das Sicherheitspersonal von Hochbahn und S-Bahn greift durch, aber das spiegelt sich in den Einnahmen nicht wider: 181.515 Euro haben Alkoholsünder bislang bezahlt. Doch dem gegenüber stehen offene Forderungen von fast 370.000 Euro, die die Verkehrsunternehmen wahrscheinlich nie bekommen werden.
Die Gründe für die „nicht eingebrachten beziehungsweise niedergeschlagenen Forderungen" seien vielfältig, heißt es dazu in der Antwort des Senats auf eine Anfrage des CDU-Verkehrsexperten Klaus-Peter Hesse. Einer sei ein fehlender Wohnsitz, ist der Antwort zu entnehmen. Es ist bekannt, dass es Fahrgäste gibt, die bereits mehrfach wegen des Verstoßes gegen das Alkoholverbot aktenkundig geworden sind.
Dass inzwischen so hohe Forderungen noch offen sind, bezeichnete Rainer Vohl, Sprecher des Hamburger Verkehrsverbundes (HVV), als „unschön. Die Verkehrsunternehmen verfolgen die Verstöße, aber wenn jemand nicht zahlen kann, ist es mit der Durchsetzung der Forderung schwierig.“
Wenig Verständnis bringen die Politik und der Bund der Steuerzahler auf: „Es ist ungerecht, wenn das Fehlverhalten Einzelner alle Steuerzahler belastet, weil diese das Sicherheits- und Reinigungspersonal bezahlen“, sagte der Vorsitzende Lorenz Palte. Wer Parkknöllchen von Autofahrern eintreibe, müsse auch Alkoholknöllchen von Bahnfahrern eintreiben, so Palte weiter. Er sagt aber auch: „Es mag Einzelfälle geben, in denen ein Erlass der Strafzahlung angebracht ist.“
Der CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Klaus-Peter Hesse warnte: „Die Wirkung der Maßnahme verpufft, wenn die Strafe nicht zum Vollzug kommt." Er kritisierte gegenüber dem Abendblatt: „Das Alkoholverbot im HVV hat starke Mängel in der Umsetzung, diese Zahlen kann die SPD nicht wegdiskutieren.“ Auch die Grünen üben Kritik: „Diese Zahlen belegen unsere Skepsis, dass eine konsequente Durchsetzung kaum möglich ist“, sagte Verkehrsexperte Till Steffen.
Der HVV nennt allerdings andere Motive für seine Maßnahme: „Es geht beim Alkoholverbot nicht in erster Linie darum, Geld zu verdienen, sondern dass weniger Alkohol in den Bussen und Bahnen konsumiert wird. Das haben wir erreicht“, sagte Sprecher Vohl. Die Akzeptanz der Fahrgäste für diese Vorschrift liege momentan bei 90 Prozent, so Vohl weiter.
Bevor das Alkoholverbot im September 2011 eingeführt worden war, hatte es kontroverse Diskussionen gegeben. Inzwischen sind fast zwei Jahre vergangen und die Verantwortlichen bei den Verkehrsunternehmen werten das Alkoholverbot als Erfolg. Innensenator Michael Neumann (SPD) spricht von einer „breiten Akzeptanz“. Im ersten Halbjahr 2013 wurden bei der Hochbahn und der S-Bahn 2558 Verstöße durch das Sicherheitspersonal aufgenommen. Aktuell bestehen aus diesem Zeitraum noch offene Forderungen von 103.595 Euro.
Wie berichtet, ist auch die Zahlungsmoral der Schwarzfahrer schlecht: Allein im vergangenen Jahr sind bei Hochbahn und S-Bahn insgesamt rund 2,299 Millionen Euro an „nicht eingebrachten“ Forderungen aufgelaufen.